Tourismuswelt

Es sind noch viele Steine im Weg - aber die aktuelle Situation kann nicht ewig andauern. Durchhalten und an die Ferien zu einem späteren Zeitpunkt denken. Bild: Dragos Gontariu

Kommentar Bucht Eure Herbstferien jetzt!

Jean-Claude Raemy

Die Coronavirus-Krise ist zumindest in Europa noch nicht auf dem Höhepunkt angekommen. Das ist deprimierend und die Angst vor grossen wirtschaftlichen Konsequenzen geht um. Positive Noten sind leider noch spärlich. Aber wir glauben daran, dass sich die Sache demnächst legen wird.

Eigentlich müsste ich jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, im Flugzeug sitzen. Eine kurze Geschäftsreise nach Deutschland war heute (12. März) geplant. Die Flugzeiten dafür hatten sich infolge der Verdünnung des Flugplans der Lufthansa Group in den letzten Tagen bereits zwei Mal verändert. Heute Morgen, zwei Stunden vor Abflug, folgte die Absage des Treffens. Es war nach der Absage der ITB ein weiterer kurzfristiger Ausfall eines lange geplanten Anlasses. Weitere Termine in vergangenen wie in kommenden Tagen fielen den Coronavirus-bedingten Einschränkungen bereits zum Opfer.

In meinem Fall verfällt nun eben ein Flugticket. In zigtausend anderen Fällen verfallen Ferien, oder werden bereits in den Ferien befindliche Personen plötzlich auf dem falschen Fuss erwischt und müssen ihre Heimreise umplanen, oder in Quarantäne gehen wie aktuell auf den Malediven. Das führt zu leeren Transportmitteln und entsprechenden Erwerbsausfällen. Und es stellt die Reisebranche vor ein Problem gewaltigen Ausmasses.

Reisen war schon immer mit Unwägbarkeiten verbunden, aber was wir jetzt erleben, gab es in diesem Ausmass noch nie. Es ist auch für uns aktuell wieder mal viel gescholtenen Journalisten nicht lustig, ständig nur über Krisen und Notlagen schreiben zu müssen. Die Leserzahlen gehen rauf, aber die Werbeeinnahmen und unser generelles Image runter.

Das Schlimmste ist, dass sich die Lage quasi stündlich ändert. Noch vor einer Woche argumentierte ein Reisebüro-Inhaber, dass er glücklicherweise mehr auf Nordamerika als auf Asien spezialisiert sei. Nun, der heutige Entscheid der US-Regierung bringt nun auch die Reisetätigkeit zum klar grössten Übersee-Ziel der Schweizer zum Stillstand. Dies, nachdem bereits für das gesamthaft drittgrösste Reiseziel der Schweizer, Italien, ein faktisches Verbot gilt. Andere Länder wie zuletzt Malta oder Indien ziehen nach und man fragt sich lediglich, wo die Grenze als nächstes zugeht.

Zugrunde liegen den Entscheiden in der Regel die Fallzahlen an Coronavirus-Erkrankungen. Und da ist die Schweiz weit vorne, sowohl in absoluten Zahlen als auch bei den Fallzahlen relativ zur Bevölkerungsgrösse. Aber das hat auch damit zu tun, dass die Schweiz effizient und grossflächig kontrolliert und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) transparent kommuniziert. Länder mit guten Gesundheitsinfrastrukturen scheinen mehr Fälle zu haben - das ist kein Paradox, sondern wohl eben bedingt durch stringentere Kontrollen. Dass die Schweiz deshalb auf immer mehr «Einreise-Rotlisten» landet, ist ein ärgerlicher «negativer Nebeneffekt». Ändern kann man es nicht.

Vorwärts schauen

Es sieht fast so aus, als ob die Welt bald virtuell stillstehen würde. Die Unsicherheit ist einfach enorm, ob man in den nächsten Wochen irgendwo stehen bleiben könnte bzw. in Quarantäne gehen muss, zudem ist der öffentliche Verkehr - ob Flug, Zug, Bus oder Schiff - starken Fahrplanänderungen ausgesetzt, so dass zumindest kurzfristig die Transportsicherheit nicht mehr wirklich gegeben ist.

Das BAG rechnet inzwischen damit, dass Massnahmen, wie sie im Tessin ergriffen wurden (also der Notstand), bald für die ganze Schweiz gelten könnten. Wir müssen auf Zustände einstellen, wie es sie seit dem Krieg nicht mehr gegeben hat. Und können weiterhin nur hoffen, dass es von kurzer Dauer sein wird.

Wo gibt es im Ganzen einen Lichtblick? Nun, es wird mal vorübergehen. Und wenn es vorübergeht, wird die Reiselust wohl wieder explodieren. Ich habe jedenfalls bereits Herbstferien gebucht. Denn die Verfügbarkeiten könnten im Herbst eng werden. Hoffentlich.