Tourismuswelt

David Ruetz, Head of ITB Berlin, ist überzeugt, dass die Messe auch in Zukunft der wichtigste Branchentreffpunkt sein wird. Bild: ITB Berlin

«Die Tourismusbranche braucht die ITB mehr als je zuvor»

Eine Woche ist es her, seit die Mitteilung hereinplatzte, dass die diesjährige ITB Berlin abgesagt ist. Travelnews hat David Ruetz, Head of ITB Berlin, nach den Auswirkungen der Absage befragt.

Herr Ruetz, welche Auswirkungen zieht die Absage der ITB Berlin mit sich?

David Ruetz: Es wurden 150'000 Besucher und 10'000 Aussteller erwartet – wir rechnen insgesamt mit einem erheblichen Schaden, und zwar nicht nur für uns als Messegesellschaft, sondern auch für Berlin und die gesamte Reisebranche. Die Sicherheit aller Teilnehmer sowie der Mitarbeiter hat jedoch höchste Priorität.

Hat die Messe Berlin in der Vergangenheit für solche Fälle Rückstellungen gemacht oder ist das Unternehmen nun in seiner Existenz gefährdet?

Zur finanziellen Situation und zu Rückstellungen äussern wir uns prinzipiell nicht. Die Messe ist aber in keiner Weise durch die Absage der ITB Berlin in ihrer Existenz gefährdet.

Wer bezahlt den finanziellen Schaden der Aussteller und ab wann kann mit der Vergütung gerechnet werden?

Allen Hauptausstellern der ITB Berlin 2020 wird die Vorauszahlung auf die Standmiete, Ausstellerausweise und der AUMA-Beitrag rückerstattet. Die über den Ticketshop der ITB Berlin bestellten und bezahlten Fachbesucherausweise zur ITB Berlin werden rückerstattet. Gleiches gilt für die Privatbesucherausweise der ITB Berlin 2020.

«Die ITB ist mehr als eine Messe»

Erwarten Sie durch die Absage der Messe negative Langfrist-Auswirkungen?

Die ITB Berlin ist die weltweit führende Reisemesse und kann bereits auf 54 erfolgreiche Jahre zurückblicken. Auch in dieser schwierigen Zeit wird sie nach wie vor DER weltweite Pflichttermin der Tourismus-Branche sein. Die ITB ist mehr als eine Messe: Als globale Marke beansprucht sie die ganzjährige, weltweite Markt- und Meinungsführerschaft. Damit das so bleibt, setzen wir auf zwei elementare Schlüsselfaktoren: Markenglobalisierung und Digitalisierung. Wir fokussieren uns schon seit über 12 Jahren nicht mehr nur auf die Bewerbung der jährlichen Veranstaltung in Berlin (ITB Asia, ITB China, ITB India) und widmen uns zunehmend den digitalen Prozessen, die das Reisen entlang der gesamten Customer Journey erst möglich machen. Der Digital- und Technologie-Bereich ist schon lange unser stärkstes Wachstums-Segment, auf den wir künftig immer mehr setzen werden.

Viele der im Rahmen der ITB Berlin geplanten Meetings werden nun per Telefon oder Skype durchgeführt, ein Messebesuch ist also nicht zwingend notwendig, um die Geschäfte abzuhandeln. Sehen Sie dadurch eine Gefahr für die Tourismusmesse?

Nein. Digitale Kommunikation kann eine Messe dieser Art immer nur ergänzen. Sie wird den menschlichen Austausch gerade in unserer «Peoples‘ Branche» auch künftig sicherlich nicht ersetzen.

Die ITB ist allerdings trotz Absage digital präsent: Mit dem Launch von itb.com schaffen wir eine völlig neue Plattform, um die globale Reisebranche ganzjährig zu vernetzen. Die globale Website schlägt die Brücke zwischen analog und digital und liefert innovative Möglichkeiten für Business, Networking und exklusiven Content. Angesichts der momentan so schwierigen Zeiten braucht die Tourismusbranche die ITB mehr als je zuvor. Im Rahmen einer Virtual ITB Convention diskutieren deshalb internationale Top-Speaker der ITB in zukunftsweisenden Veranstaltungen, wie die globale Reisebranche durch intelligente Strategien auch in einem herausfordernden Umfeld zukunftsfähig bleibt. Aus aktuellem Anlass nimmt auch der Umgang der Branche mit dem Corona-Virus eine tragende Rolle ein. Die mehr als 20 exklusiven, teils englisch- und deutschsprachigen Live-Streams, können vom 5. bis 11. März 2020, in Echtzeit auf itb.com verfolgt werden und stehen allen Interessierten danach als Videos «on-demand» zur Verfügung.

Die ITB Berlin zählt zu den erfolgreichsten Tourismusmessen weltweit. Auf welche Erfolgsfaktoren setzen Sie im nächsten Jahr?

Die ITB Berlin ist führende Trendschmiede, Gradmesser und grösste Plattform für den Austausch der internationalen Reisebranche. Auch jetzt bzw. 2021 werden wir auf unsere 3 USPs: Contacts, Content, Commerce setzen. Zudem findet parallel der ITB Berlin Kongress als wichtigster Think Tank der Industrie statt, der ebenfalls dazu beiträgt, die globale Spitzenpositionierung der ITB auch langfristig zu sichern. Eine grosse Bedeutung kommt vor allem dem digitalen Angebot der ITB zu, das wir fortlaufend erweitern.

(NWI)