Tourismuswelt

Wer eine Körpertemperatur von über 37,8 Grad Celsius aufweist, darf nicht an Bord der Costa-Kreuzfahrtschiffe. Bild: Matteo Fusco

Coronavirus: Der Druck auf die ITB-Organisatoren steigt

Seit dieser Woche ist das Coronavirus in 20 neuen Ländern aufgetaucht, viele davon in Europa. Von Ländern und Firmen werden weitere Massnahmen im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Virus vermeldet. Die ITB kommt zur Unzeit und die Absagen häufen sich. Hier wieder unsere Übersicht.

Das Coronavirus breitet sich aktuell in Europa rasant aus - während die Infektionskurve in China abflacht, werden in Europa und anderswo fast stündlich in neuen Ländern neue Fälle gemeldet, so dass die Zahl der Neuinfizierten ausserhalb von China erstmals grösser als innerhalb Chinas ist. In den letzten 48 Stunden wurden in gleich 20 Ländern erste Fälle gemeldet: Nebst der Schweiz sind dies Österreich, Griechenland, Spanien, Kroatien, Dänemark, Norwegen, Estland, Rumänien, Nordmazedonien, Libanon, Israel, Oman, Georgien, Brasilien, Pakistan, Algerien und Bahrain. Dazu werden zahlreiche neue Fälle in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien gemeldet, wobei Letzteres welches nach China und Südkorea das am drittstärksten betroffene Land weltweit ist. In der Schweiz sind aktuell vier Fälle bestätigt, einer im Tessin, einer in Genf und zwei in Graubünden.

Eine aktuelle Übersicht über die Fälle weltweit, inklusive Erholungs- und Todesraten, bietet diese Website der renommierten amerikanischen Johns Hopkins University.

Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen und Informationen wie üblich thematisch zusammen.

Die Absagen häufen sich: Wie entscheiden die ITB-Macher?

Die Nervosität steigt hinsichtlich der ITB, welche kommende Woche in Berlin steigen wird. Man hört von immer mehr Seiten, dass von einem Besuch der weltgrössten Tourismusmesse abgesehen wird - weiterhin dürfte jedoch die Mehrheit der Angemeldeten den Anlass wie geplant besuchen. Wobei es nun mit Absagen von Events und Teilnahmen erst richtig losgeht: Sunny Cars beispielsweise hat sämtliche ITB-Termine abgesagt (so auch das Warm-up Dinner am kommenden Dienstagabend) und wird keine Mitarbeitenden nach Berlin entsenden. Und Schauinsland Reisen hat seine grosse alljährliche ITB-Party im Lokal Spindler & Klatt soeben abgesagt.

Aussteller müssen inzwischen im Vorfeld der ITB einen Fragebogen (siehe hier) ausfüllen. Dies erfolgt auf Anweisung der örtlichen Gesundheitsbehörden und ist Voraussetzung für den Zutritt zum Messegelände; es diene der Identifizierung von Personen, die zur Coronavirus-Risikogruppe gehören. Einschätzungsbasis sind Aufenthalte in Risikogebieten wie China, Südkorea oder Norditalien in den letzten 14 Tagen. Allerdings werden die Risikogebiete fortlaufend aktualisiert...

Am Dienstag (24. Februar) hatte die ITB noch unmissverständlich erklärt, dass man an der Durchführung der Messe festhalte und das Risiko in Deutschland als «sehr gering» eingestuft werde. Das kann sich inzwischen jedoch praktisch täglich ändern, weshalb ITB-Gänger sich untereinander austauschen und bange fragen, ob man noch gehen soll. Das macht sich der Krisenfrühwarn-Experte A3M zunutze und bietet einen kostenfreien, nützlichen Service an: Alle Aussteller und Besucher der ITB erhalten während dieser Gratis-Zugang zur Business-Version der Global Monitoring-App für iOS- und Android-Geräte. Informationen finden Nutzer unter www.global-monitoring.com/de/global-monitoring-app. Zum Download der blauen Version benötigen User neben einer individuellen Email-Adresse lediglich den Aktionscode «ITBcoronaA3M».

Allerdings häuft sich inzwischen die öffentliche Kritik an der forcierten Durchführung der ITB. Das deutsche «Handelsblatt» etwa fordert in einem Artikel die Absage der ITB.

Strenge Hygienevorschriften bei Costa

Die italienische Reederei Costa Crociere bestätigt auf Anfrage von Travelnews, dass beim Costa Contact Center sowie den Reisebüropartnern aufgrund der Coronavirus-Ausbreitung zu mehr Anfragen kommt. Dies seien auch die richtigen Anlaufstellen, um sich über die aktuelle Situation zu informieren. Derweil hat die Kreuzfahrtgesellschaft verschiedene Massnahmen ergriffen, um das Einschleppen auf eines ihrer Schiffe zu verhindern. «Gäste, Besucher und Besatzungsmitglieder jeglicher Nationalität, die in den 14 Tagen vor dem Einschiffen vom, zum oder durch das chinesische Festland, nach Hongkong oder Macao gereist sind, dürfen nicht an Bord von Schiffen der Costa-Flotte gehen. Die gleiche Massnahme gilt für jene Personen, die mit einem vermuteten oder bestätigten Fall von Coronavirus in Kontakt gekommen sind, der von einer amtlichen Gesundheitsbehörde offiziell bestätigt wurde», sagt das Unternehmen.

Damit aber nicht genug. Seit die Fallzahlen in Italien rasant gestiegen sind, hat Costa Crociere per 22. Februar weitere Massnahmen ergriffen und wird Kunden die aus folgenden Städten stammen, nicht befördern: Casalpusterlengo (Lodi), Codogno (Lodi), Castiglione D'Adda (Lodi), Fombio (Lodi), Maleo (Lodi), Somaglia (Lodi), Bertonico (Lodi), Terranova dei Passerini (Lodi), Castelgerundo (Lodi), San Fiorano (Lodi) in der Lombardei, Vò Euganeo (Padua) in der Region Venetien und sonstigen Städten, die zukünftig in die vom italienischen Gesundheitsministerium veröffentlichte Liste aufgenommen werden.

Darüber hinaus werden keine Ausflüge in betroffene Städte in den Regionen Piemont, Lombardei und Venetien angeboten und es werden verstärkte Abklärungen bei den Passagieren gemacht: «Alle an Bord gehenden Gäste, Besucher oder Besatzungsmitglieder erhalten einen speziellen medizinischen Fragebogen zur Vorabprüfung, um ihre Eignung für die Beförderung besser beurteilen zu können. Jeder, der an Bord unserer Schiffe kommt, unterzieht sich einem Temperatur-Screening: Wer eine Körpertemperatur von über 37,8 Grad Celsius hat, erhält keinen Zutritt zum Schiff. Dank der strengen Hygiene-Protokolle und der Verwendung von Desinfektionsmitteln, garantiert Costa den Gästen und der Besatzung höchste Hygienestandards an Bord seiner Schiffe», schreibt Costa weiter. Die Reederei rät ihren Kunden, die von den Behörden empfohlenen Vorsichtsmassnahmen dringend zu befolgen. Derzeit werden etwaige Anpassungen der Stornobedingungen – im Einklang mit den aktuellen behördlichen Anweisungen – geprüft.

MSC-Passagiere sitzen teilweise auf Schiff fest

Wie gross die Angst vor einer Einschleppung des Coronavirus ist, zeigt das jüngste Beispiel von MSC Cruises. Die Behörden von Grand Cayman sowie Jamaika hatten den 6000 Passagiere und Crew-Mitglieder auf der MSC Meraviglia den Ausstieg in den Häfen Georgetown und Ocho Rios verweigert, obwohl die Reederei den örtlichen Gesundheits- und nationalen Behörden vor der Ankunft gemäss dem normalen Protokoll detaillierte medizinische Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte. In beiden Fällen wurde das Schiff allein aufgrund von Befürchtungen effektiv abgewiesen, weil eines der Besatzungsmitglieder an einer gewöhnlichen, saisonalen Grippe (Influenza A) erkrankt ist. Am gestrigen Abend informierte MSC Cruises schliesslich, dass die MSC Meraviglia die formelle und endgültige Genehmigung der lokalen Gesundheitsbehörden des Bundesstaates Quintana Roo, Mexiko, erhalten hat, um nach Cozumel zu fahren. Dies ist auch der nächste planmässige Anlaufhafen auf der Route. Das Schiff traf dort am gestrigen Abend ein konnte aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen mit Windböen von 35-40 Knoten und stürmischer See nicht anlegen. Die MSC Meraviglia wartet derzeit in der Nähe der Lotsenstation darauf, dass der Wind nachlässt und der Lotse sicher das Schiff betreten kann, damit es in den Hafen einlaufen kann. Die maximale Windgeschwindigkeit, die der Hafen von Cozumel zum Anlegen zulässt, beträgt 25 Knoten. Nach aktuellen Wettervorhersagen dürfte dies um 8.00 Uhr Lokalzeit (14.00 Uhr MEZ) der Fall sein. Die 6000 Gäste und Crew-Mitglieder dürfen das Schiff dann verlassen, wie MSC Cruises gegenüber Travelnews bestätigt.

Weitere Massnahmen weltweit

  • Auch Schweiz Tourismus macht sich aufgrund der Coronavirus-Krise grosse Sorgen. Die Rekordmeldung für 2019 an der heutigen Pressekonferenz stand leider etwas im Schatten der Befürchtungen für das kommende Jahr, in welchem viele ausländische Touristen fernbleiben könnten.
  • Saudi-Arabien hat die Einreise ausländischer Pilger bis auf weiteres gestoppt. Ende Juli steht der Hadsch an, das alljährliche Pilgern von Millionen Muslimen zu den Heiligen Städten in Mekka und Medina. Bis dahin will das Land die Lage unter Kontrolle halten. Im Nahen Osten sind bislang 240 Fälle bekannt, die meisten davon allerdings im Iran.
  • In Japan ist ab nächster Woche (2. März) gezwungenermassen bis Mitte April schulfrei. Dies, um die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. In Japan sind bislang 200 Fälle bekannt (die 700 Fälle auf der Princess Diamond im Hafen von Yokohama nicht eingerechnet). Darüber hinaus wurde in Osaka erstmals ein Fall registriert, in welchem sich eine Frau zum bereits zweiten Mal mit dem Coronavirus infiziert hat.
  • Das betroffene, abgeriegelte Hotel H10 Costa Adeje in Teneriffa steht weiterhin unter Quarantäne; auch mehrere Schweizer sind dort. Ein italienischer Arzt, der nachweislich am Coronavirus erkrankt war, hatte sich dort aufgehalten; inzwischen sind vier Fälle im Hotel nachgewiesen.
  • Der deutsche Flughafenbetreiber Fraport, zu welchem unter anderem der wichtigste deutsche Hub in Frankfurt gehört, tritt wegen der Ausbreitung des Coronavirus nun ebenfalls auf die Kostenbremse. Es gehe darum, den Personaleinsatz dem geringeren Bedarf anzupassen; Neueinstellungen werden nur noch ausnahmsweise bewilligt. Das Passagier- und Frachtaufkommen auf den Verbindungen von und nach Asien sei bereits stark eingebrochen. Angeboten werden wie üblich unbezahlter Urlaub oder Kurzarbeit, sofern operativ möglich.
  • Südkorea musste innert Tagesfrist 505 neue Infektionsfälle melden und ist nun wie China auf der Reise-Blacklist zahlreicher Länder gelandet.
  • Nestlé streicht alle Geschäftsreisen, der Genfer Uhrensalon ist abgesagt. Der Genfer Autosalon oder die Baselworld indes halten derzeit noch an der herkömmlichen Durchführung fest.

(JCR/NWI)