Tourismuswelt

Die Schweizer EM-Spiele im nächsten Juni in Baku dürften keine immensen Fanmassen anziehen. Bild: TN

Das sagen die Sportreise-Spezialisten zur EM-Auslosung

Gregor Waser

Die Fussball-Fanreise hätte im nächsten Sommer nach Kopenhagen, Glasgow oder Bilbao führen können. Aber nein, es geht nach Baku – und zwar gleich zweimal, im Erfolgsfall blüht sogar ein dritte Baku-Reise.

Seit sich die Schweizer Fussball-Nati regelmässig für EM- und WM-Turniere qualifiziert, ist die Fangemeinde jener, die die Nati vor Ort verfolgen wollen und gleichzeitig einen coolen Trip erleben möchten, stetig gewachsen. Ob an der WM 2006 in Dortmund gegen Togo, der EM 2016 in Lens gegen Albanien, der Fan-Trip zu den stimmungsvollen Spielen gepaart mit der Städtereise bleibt haften. Umso gespannter blickten Fussballreisende auf die EM-Auslosung vom letzten Samstag und auf die im nächsten Jahr über ganz Europa und sogar darüber hinaus verteilten Spielorte.

Dann das: die Schweiz muss nach Aserbaidschan. Leider liegt Baku aber nicht gleich um die Ecke. Und der Spielplan wollte es noch schlimmer. Die Schweiz spielt zweimal in Baku, am 13. Juni gegen Wales und am 21. Juni gegen die Türkei und muss aber zwischendurch nach Rom zum zweiten Gruppenspiel am 17. Juni gegen Italien.

Die Schweizer Sportreise-Veranstalter konnten in den vergangenen Jahren auf eine boomende Nische der Fanreisen blicken. Was sagen sie zur aktuellen Auslosung? Gibt es Fans, die sich auf eine Reise von der Schweiz nach Aserbaidschan nach Italien nach Aserbaidschan und bei einem eventuellen Viertefinal womöglich ein drittes Mal nach Aserbaidschan bemühen?

Sollte die Schweiz als Zweiter der Gruppe A weiterkommen und im Achtelfinal in Amsterdam den Zweiten der Gruppe B eliminieren, steht nämlich eine dritte Reise nach Baku an. Nichts gegen die Sehenswürdigkeiten von Aserbaidschan – aber wer will bitteschön innerhalb drei Wochen die lange Reise dreimal auf sich nehmen? Ein Debaku – um es mit den Worten des «Blicks» zu sagen (so titelte die Zeitung 1996, als die Schweiz in Aserbaidschan ein WM-Qualispiel verlor).

«Der Run auf das Spiel in Rom wird gross sein»

Travelnews.ch hat bei TRAVELclub und bei ivanmeyertours nachgefragt. Ivan Meyer lacht: «Baku ist wohl das schlimmste, was passieren konnte. Wir finden das natürlich nicht so toll». Seine Erwartungen an die EM2020 seien nun nicht gross, man müsse mal schauen, was Travel Club mache, der Partner der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. «Ich glaube nicht, dass Baku so interessant ist». Im Fall vom zweiten Gruppenspiel in Rom rechnet er mit einem grossen Run, doch es müsse sich noch zeigen, wie die Ticketsituation ausschaue.

Gleich vor Ort in Bukarest bei der Auslosung dabei waren Vertreter des TRAVELclub. Victor Tinari, Managing Director von TRAVELclub, sagt zum Austragungsort Baku: «Es gibt immer Vor- und Nachteile.» Von einem Supergau mag Tinari nicht sprechen, obwohl er nicht davon ausgeht, dass sehr viele Fans nach Baku reisen werden. «Das Turnierfeeling ist ein anderes, als wenn die EM in einem einzigen Land ausgetragen wird.»

Als Highlight erachtet er das Italien-Spiel in Rom, aber der Travel Club werde an alle drei Spiele Arrangements auflegen, sogar auch eine Kombination aller Schweizer Spiele. «Was wir in den ersten 48 Stunden seit der Auslosung schon gemerkt haben, ist, dass das Spiel Wales-Schweiz auf grösseres Interesse stösst, als das zweite Baku-Spiel gegen die Türkei.»

«Wir werden voraussichtlich einen Charter nach Baku auflegen»

«Etliche Fans werden sich aber sagen, nach Baku werde ich bei anderer Gelegenheit nie kommen», ist Tinari überzeugt. Dies habe er jüngst bei exotischeren Destinationen wie Gibraltar und den Färöer Inseln schon gemerkt, als überraschend viele Fans mit dabei waren, weil sie eben wohl sonst nie dahin gereist wären – anders als im Fall von Dublin. Insofern erhoffe er sich für Baku schon eine gewisse Nachfrage. «Um Baku und die Kaukasus-Region gab es jüngst ja auch einen gewissen Hype». Klar, die Reiserei nach Baku sei nicht so einfach wie nach Rom. «Aber wir werden voraussichtlich einen Charter nach Baku auflegen, was für die Fans interessant sein könnte».

Die Erfahrung des WM-Spiel 2018 im russischen Rostow gegen Brasilien habe gezeigt, dass die Eigenanreise mit zweimal Umsteigen fast 24 Stunden gedauert hätte und entsprechend die direkte Charterverbindung gut ankommt – und somit die Buchung gleichwohl beim Spezialisten landen dürfte.

Bei ivanmeyertours wiederum wird der Fokus schon mal auf weitere Gelegenheiten gerichet. Selber sei man derzeit an der Ausarbeitung neuer Reisen, geplant ist etwa im Januar eine Jassreise nach München – im Bus erfolgt das Jassturnier, zwischendurch erfolgt der Besuch eines Bayern-Spiels in der Allianz-Arena. Auf das laufende Jahr angesprochen, sagt er, dass das Jahr so ausgefallen sei, wie wohl bei vielen anderen. Meyer spricht von einem «komischen Jahr», rein mit den Zahlen sei er zwar zufrieden, doch der Weg dahin sei teilweise mühsam gewesen, mit vielen aufwendigen Dossiers. Besonders freut sich Ivan Meyer, dass Andy Keller für Helvetic Assistance eine neue Lösung gefunden hat, schliesslich biete ivanmeyertours zusammen mit Helvetic eine Fussball-Versicherung an, sollte einmal ein Fussball-Spiel ausfallen.