Tourismuswelt

Sunday Press TUI-Chef Joussen: «Wir bauen eine Buchungsplattform für Hotelbetten»

Friedrich Joussen sieht in der Individualisierung des Reisegeschäfts einen Megatrend und will Plattformen wie Booking und Getyourguide die Stirn bieten. – Venedig drohen weitere Wassermassen. – Die Schweizer Skigebiete haben aufgerüstet.

TUI und die Vorteile der Digitalisierung

Europas oberster Touristiker Friedrich Joussen wird heute von der «NZZ am Sonntag» befragt. Im Interview nimmt der TUI-Chef Stellung zur Klimadebatte, zur Bedeutung künstlicher Intelligenz und sagt, wieso er an die Pauschalreise glaubt.

Auf den Klimasünder Tourismus angesprochen, sagt der Chef des grössten europäischen Reiseunternehmens: «Die kommerzielle Schifffahrt verantwortet nur 2 Prozent des CO2-Ausstosses. Und Kreuzfahrten sind nur ein winziger Teil davon. Fliegen verursacht total auch nur 2 Prozent der globalen C02-Emissionen.» Eine Symbolpolitik rund um das Reisen löse das globale CO2-Problem nicht: «Es wäre viel wirksamer, wenn wir beim Autofahren Verzicht übten. Das Auto steht für etwa 15 Prozent des CO2-Ausstosses.»

Joussen sieht die Lösung des Klimaproblems in der Innovation, etwa bei Wasserstoff. Dieser könne mit Solartechnologie in den Wüsten produziert werden und dann Schiffe antreiben. Bei Flugzeugen hofft er auf synthetischen Treibstoff: «Technisch ist das schon möglich, Politik und Industrie müssen den Markt jetzt gestalten, um Fortschritte zu erzielen.»

Ebenso wird der TUI-Chef zur Thomas-Cook-Pleite befragt: «Wenn wir nicht vor fünf, sechs Jahren stark umgesteuert hätten, stünden wir sicherlich auch vor Problemen. Wir haben aber seit 2014 massiv auf eigene Hotels und Kreuzfahrtschiffe gesetzt. Heute erwirtschaften wir damit 70 bis 80 Prozent unserer Erträge.» TUI sei nur noch zu einem kleinen Teil ein reiner Händler von Reisen. Eine Kunden-Zurückhaltung ortet Joussen derzeit nicht: «Die Reisebranche ist ein Gewinner der demografischen Entwicklung. Die ganze Babyboomer-Generation geht gerade in Rente und möchte jetzt was erleben.»

Ob der Kunde denn noch Angebote ab der Stange wolle? «Wir haben unsere Angebote stark individualisiert und an die Wünsche der Kunden angepasst. Die Digitalisierung erlaubt das ohne Skalennachteile. Diese Individualisierung des Massenbedarfes wird der Megatrend unserer Zeit sein», ist Joussen überzeugt. Deshalb investiere TUI seit zwei, drei Jahren so intensiv in die Digitalisierung.

Auch das wachsende Ausflugsgeschäft kommt zur Sprache. Fünf Millionen Ausflüge produziert TUI bereits. Zu Getyourguide, dem Konkurrenten in dieser Sparte, sagt er: «Getyourguide hat soeben wieder Investorengelder in Höhe von 400 Millionen Euro eingesammelt. Und wissen Sie, was das Unternehmen damit macht? Es kauft sich insbesondere Reichweite bei Google und baut einen Kundenstamm auf. Den haben wir längst. Mehr Vorteile kann man fast nicht haben.»

Aufhorchen lässt auch Joussens Absicht, eine neue Buchungsplattform für Hotelbetten aufzubauen. Ob sich Booking hier nicht schon festgesetzt habe? «Booking ist sicher sehr präsent. Aber wir geben dem Hotelier Kontrolle zurück. Wenn er unsere Plattform nutzt, kann er seine Zimmer gezielt an bestimmte Kundengruppen verkaufen und viel individueller vermarkten. Wir haben das ursprünglich für unsere eigenen Hotels entwickelt, werden es aber für Hoteliers öffnen.»

Venedig: das Wasser schwappt über

Das Hochwasser in Venedig wird heute in allen Sonntagszeitungen thematisiert. Der Lagunenstadt droht wenige Tage nach den schweren Überschwemmungen dieser Woche ein weiteres aussergewöhnlich starkes Hochwasser. Bis zum frühen Nachmittag könne der Pegel heute Sonntag auf 1,60 Meter steigen, warnt das venezianische Zentrum für Gezeitenvorhersagen.

Dass die Stadt in jüngster Zeit gehäuft unterzugehen droht, hat wenig mit dem Klima und mit dem normalen Wirken der Naturgewalten zu tun. Es sei vielmehr auf wirtschaftliche Interessen in der Region zurückzuführen. Etwa auf die Petrochemie oder die gigantischen Kreuzfahrtschiffe, schreibt die «Sonntagszeitung».

Von Untergang könne keine Rede sein, doziert die «NZZ am Sonntag». Wo Mensch und Natur derart in Symbiose sind, formiere sich ein kreatives Potenzial, das alle Wasser dieser Welt in gedeihliche Bahnen lenkt und Unmöglichscheinendes möglich macht.  Um zu verhindern, dass die Mauern an den Ufern abrutschen, rammte man beim Bau Venedigs drei Meter lange Pfähle aus Eiche, Erle oder Pappel in kurzem Abstand in den Boden. Die Zwischenräume wurden dann mit Lehm und Schlick gefüllt. Untersuchungen zeigen, dass das Holz im Laufe der Jahrhunderte nicht morsch, sondern eisenhart geworden ist, schreibt die Zeitung. Bis heute bestehe kein Anlass, die Pfähle auszutauschen – solange sie immer unter Wasser bleiben. Der aktuell angerichtete Schaden ist gemäss Bürgermeister Giuseppe Conte gleichwohl immens.

Der «Sonntagsblick» wiederum schreibt: «Die Touristen sind schon wieder da». Auf den Holzstegen stünden die Touristen Schlange – und könnten es nicht erwarten, im Hochwasser stehend Selfies zu schiessen.

Gegen Vergünstigungen für SBB-Rentner

Der Bund und die Verkehrsbetriebe der Schweiz geraten sich wegen Millionenrabatten für Mitarbeitende und Rentner in die Haare. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) verlangt von den Bahnen, Bus- und Schifffahrtsgesellschaften eine grundlegende Überprüfung der vergünstigten oder gar kostenlosen Abonnemente für Angestellte und ehemalige Mitarbeiter in Pension.

Nachdem die «Sonntagszeitung» im März über die Details dieses zuvor geheimen Rabattsystems geschrieben hatte, verlangen
die Behörden von den Transportunternehmen jetzt Kostentransparenz. In den Fokus geraten vorab Pensionäre und Verbandsfunktionäre. Es sei zu klären, ob diese künftig noch Anspruch auf Fahrvergünstigungen haben, «und wenn ja, in welchem Umfang». Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals schäumt: Würden Fahrvergüns- tigungen eingeschränkt oder abge- schafft, werde dies «zu einem grossen sozialen Unfrieden beim Personal führen.»

Grössere Anlagen und viel Kunstschnee

Die Schweizer Bergbahnen bereiten sich mit grösseren Anlagen und viel Kunstschnee auf das Wintergeschäft vor. Die «Sonntagszeitung» zählt jene Wintersportorte auf, die am kräftigsten aufgerüstet haben:

  • Neue Achter-Gondelbahn für 27 Millionen Franken in Flumserberg SG.
  • Teileröffnung der V-Bahn in Grindelwald BE: In Betrieb geht eine moderne Zehner-Gondelbahn. Und eine Gondelbahn mit Kabinen für 26 Passagiere zum Eigergletscher wird voraussichtlich im nächsten Jahr in Betrieb gehen.
  • Neue Sechser-Sesselbahn Bendolla-Col du Pouce in Grimentz-Zinal VS.
  • Neuer, kuppelbarer Achter-Sessellift in Samnaun GR.
  • Neue Sechser-Sesselbahn Brüggerhorn in Arosa-Lenzerheide GR.

Der «Sonntagsblick» hat die andere Geschichte zum Thema ausgemacht: Rigi-Bähnli sucht Sponsor. Die kleine Rigi Burggeist AG musste beim Kinderskilift die Steuerung ersetzen. Nun klafft ein Loch von 15'000 Franken in der Kasse. Um nicht schon wieder die vielen kleinen Privataktionäre zu bemühen, schaut sich die AG nun auf der Crowdfunding-Plattform «Wemakeit» nach Sponsoren um. Wer 70 Franken einzahlt, kriegt eine Cüplifahrt zu zweit.

Kampf dem Markensalat

Auf der TUI-Blue-Pressreise von Ende Oktober – travelnews.ch berichtete – war auch die Sonntagszeitung mit dabei und erklärt, dass die Marke Sensimar nun von TUI Blue abgelöst wird. TUI-Hotelchef Erik Friemuht sagt, Marken müssen gross gemacht werden und er hat dem Marken-Salat den Kampf angesagt.

90 Prozent der TUI-Marken befinden sich auf der Streichliste. Nur 25 Brands werden überleben. Unter dem Label TUI Blue werden im nächsten Jahr 100 Hotels angeboten. Gehe es nach dem Willen der Deutschen, werde TUI Blue schon bald zur grössten Ferienhotel­-Marke der Welt aufsteigen.

Subjonctif für Senioren

Auf den Reiseseiten der Sonntagspresse sind Sprachreisen ein Thema. Ein Erfahrungsbericht eines Journalisten, der vor 37 Jahren schon mal in Frankreich Vokabeln gebüffelt hat, zeigt, dass es zum Sprachen lernen nie zu spät ist. Sein Fazit: heute haben sich die Schulen den gestiegenen Ansprüchen der Kundschaft angepasst. Auch die Suche nach einer geeigneten und seriös geführten Schule sei früher aufwendiger gewesen.

Eine Ode ans Unterengadin ist im Magazin der «NZZ am Sonntag» zu lesen. Einmal mit der RhB unter dem Flüelapass durch, und plötzlich sei alles anders: die Sonne heller, die Natur schöner, die Häuser herrschaftlicher. Dass das Unterengadin jetzt auch noch Kunst bietet, sei fast etwas übertrieben. Spuckt einen der Vereinatunnel in Sagliains aus, habe man das Gefühl, man sei durch ein Wurmloch gekrochen. Sitzt man in der «Ustaria Crusch Alba» in Guarda vor einer Polenta oder einem Teller Mariölins, beschleiche einen nicht das Gefühl, man müsse dieses Mahl nun umgehend auf Instagram posten und in den Kontext der zeitgeistigen Rückbesinnung auf alpine Kochtraditionen einordnen. Man isst es einfach – und hofft, nicht so bald wieder durch das Wurmloch zurückkriechen zu müssen.

(GWA)