Tourismuswelt

Seit über sechs Jahren leitet und prägt Barbara Gisi den Schweizer Tourismus-Verband (STV). Bild: TN

«Die schöne Schweiz alleine reicht nicht»

STV-Direktorin Barbara Gisi spricht über die Herausforderungen des Reiselandes Schweiz und hofft bei den Parlamentswahlen auf die Wahl tourismusgewogener Politiker.

Frau Gisi, sie stellen Sie sich zur wachsenden Thematik des Overtourism, der auch an einigen Schweizer Zielen Einzug gehalten hat?

Barbara Gisi: Wir sind uns bewusst, es gibt einzelne Spots, die überlaufen sind. Doch wir sind noch weit weg von Zuständen wie in Venedig, Barcelona oder dem Machu Picchu. Klar, wenn wir beispielsweise den oft zitierten Schwanenplatz Luzern vor Augen haben, ist das Problem augenfällig, allerdings auch dort nur zeitweise. Aber das sind Ausnahmen, denen man mit den geeigneten Massnahmen entgegenwirken kann. Wie kann man die Leute umlenken? Wie können wir den Gästen mitteilen, dass es noch andere schöne Orte in der Schweiz gibt? Hier kann man die Besucher mit der passenden Kommunikation umlenken.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Reiselandes Schweiz im laufenden Jahr?

Wir werden ein gutes Jahr verzeichnen, wenn der Euro nicht gerade völlig abstürzen wird. Doch derzeit hat sich die Währung ja wieder gefangen, obwohl ich doch eine Zeit lang beunruhigt war. Wir sind gut aufgestellt. Und durch die weltweit steigende Reisetätigkeit werden auch wir bestimmt einen guten Teil abkriegen.

Was hat die Schweiz jüngst besser gemacht?

Gerade auf der elektronischen Ebene hat die Schweiz auf vielen Ebenen einen Sprung gemacht. Die «elektronische Convenience» kommt gut vorwärts, so dass man dem Gast das Leben mit Hilfe der Digitalisierung einfacher macht und ihm den Zugang zu diversen Dienstleistungen erleichtert.

Wo orten Sie Probleme oder Herausforderungen in der touristischen Schweiz?

Auch hier: wir müssen bei den technologischen Innovationen mithalten und nicht nachlassen, auch wenn wir auf gutem Weg sind. Die schöne Schweiz alleine reicht nicht, wir müssen praktisch und komfortabel sein, wir müssen auch von weither buchbar und sichtbar sein.

«Wir sammeln die Themen, koordinieren sie und geben sie wieder in die Runde»

Der STV-Vorstand soll künftig ausgebaut werden. Welche Erwartungen haben Sie an die geplante Änderung?

Vom Vorstand, der erweitert wird, erwarte ich eine breite Abdeckung der Branche und touristischer Themen und dass wir künftig möglichst viele Bereiche des Tourismus miteinander besprechen und aushandeln können, wo die Schwerpunkte zu setzen sind. Die Vielfalt dieser heterogenen Branche konnte in früheren Jahren nicht immer abgedeckt werden. Zudem können aufgrund dieser Arbeitsweise alle die gleiche Botschaft nach aussen tragen, und dank des «one wording» einen starken Auftritt erzielen.

Welche neue Rolle kommt der STV-Geschäftsstelle zu?

Wir wollen verstärkt als interdisziplinärer Infohub agieren, der sowohl die Beherbergung wie die Mobilität, Gastronomie und weitere touristische Felder abdeckt. Die Bereiche sollen bei uns zusammenlaufen, wir sammeln die Themen, koordinieren sie und geben sie wieder in die Runde.

Können Sie uns ein Beispiel aus der Praxis nennen?

Gut geklappt hat jüngst die Koordination des Themas Waffenrecht, dank dem die vorteilhafte Visapolitik für die Schweiz erhalten werden konnte. Eine touristische Partner-Organisation hat das Thema aufbereitet und wir haben es allen touristischen Playern zur Kenntnis gebracht sowie die Öffentlichkeitsarbeit begleitet.

Welche künftigen Anliegen sind Ihnen als Dachverband besonders wichtig?

Wir möchten, dass die Branche einheitlich auftritt. Dies ist ja auch die Idee der Strukturreform, die ermöglichen soll, dass wir einen starken gemeinsamen Auftritt haben, wie dies andere Branchen schon vormachen.

Mit welchen Hoffnungen blicken Sie auf die kommenden Parlamentswahlen?

Ich hoffe natürlich auf die Wahl von tourismusgewogenen Kandidaten, die mit Augenmass die Gesamtsituation einschätzen und nicht nur einzelne Teilaspekte oder Zahlen aus dem Zusammenhang herauslösen.

(GWA)