Tourismuswelt

«The World Islands», vor Dubai: Wohl das Projekt, welches am meisten Geld verschlungen hat, ohne trotz Baubeginn 2003 bislang grossen Nutzen zu generieren. Foto: Adobe Stock

Das sind die grössten touristischen «Fails»

Je nach Sichtweise ist es zum Lachen oder aber zum Weinen: Die nachfolgenden Grossprojekte haben massiv Geld verbrannt, ohne wirklich touristischen Nutzen gebracht zu haben oder überhaupt je fertig zu werden. Immerhin: Am manchen wird noch gearbeitet.

1. The World Islands, Dubai

Dubai ist bekannt für extravagante, durch Landgewinnung errichtete Grossprojekte im Persischen Golf. Wer kennt sie nicht, die beiden Palmen (Palm Jumeirah und Palm Deira)? Bestimmt haben Sie auch von «The World Islands» gehört. Dabei sollte ein Archipel entstehen, welches in etwa die Welt darstellt, wobei die 300 Inseln jeweils ein reales Land oder auch Regionen bzw. Städte darstellen sollten. Das von Scheich Rashid al-Makthoum geförderte Projekt startete 2003 und bis 2008 waren bereits 60 Prozent der Inseln verkauft. Doch die Finanzkrise 2008 brachte die Bau- und Entwicklungstätigkeit zum Halt, und bis heute ist lediglich eine der Inseln – Libanon – fertig gebaut und entwickelt und somit für Touristen zugänglich. Zwar arbeiten die Entwickler Nakheel und Kleindienst weiterhin daran, die «World Islands» endlich fertigzustellen. Mit Kosten von bislang umgerechnet rund 13,5 Milliarden Franken, ohne nennenswerten Return, ist dieses Projekt wohl der grösste touristische Fail jüngerer Zeit. Noch schlimmer: Das ganze Projekt könnte demnächst im Meer versinken.

Über 13 Milliarden Franken für ein paar Sandhaufen im Persischen Golf: The World Dubai ist noch lange nicht das, was es eigentlich sein wollte. Bild: NASA/Johnson

2. Flughafen Berlin-Brandenburg

Natürlich muss die «Bauschande Deutschlands» auch in diese Übersicht. Seit 2006 wird in Berlin gebaut; die Eröffnung war für 2011 vorgesehen, musste jedoch kurzzeitig auf 2012 verschoben werden – und wurde seither immer wieder verschoben, aufgrund zahlreicher technischer und struktureller Defitzite und politischem Geplänkel. Bis jetzt wurden über 7 Milliarden Franken eingesetzt – als neustes Eröffnungsdatum gilt 2021. Vielleicht wird ja mal noch was aus dem Flughafen, aber den Status als «Stolz der Nation» wird er in Deutschland angesichts seiner Entstehungsgeschichte nie erhalten. Dafür gibt es uns Journalisten so einiges zu schreiben - das war der vorläufig neuste Beitrag zum Trauerspiel.

Ewige Baustelle im Süden Berlins: Der Flughafen Berlin-Brandenburg. Bild: BER

3. New South China Mall, Dongguan

Die Amerikaner besitzen die grössten Shoppingmalls der Welt. Oder doch nicht? China wollte sich den Titel holen und baute in Dongguan, nördlich von Hongkong, die «New South China Mall». Flächenmässig war es seinerzeit tatsächlich die grösste Mall der Welt und bot nebst Platz für 2350 Geschäften auf 892'000 Quadratmetern auch eine Achterbahn, ein IMAX-Kino, ein Hotel und viel architektonisches Schischi (venezianische Kanäle und eine Kopie des Markusplatzes, eine Kopie des Pariser Arc de Triomphe und dergleiches). Baukosten: Rund 1,2 Milliarden Franken. Kunden? Praktisch keine. Denn 99 Prozent der Verkaufsfläche standen jahrelang leer. Die Mall hat deshalb den Übernamen «Dead Mall» erhalten. Kaufkräftige Kunden aus Shenzen oder Guangzhou mieden die Mall im eher armen Dongguan. Nach neusten Berichten sollen zwar inzwischen deutlich mehr Flächen besetzt sein und Menschen nicht mehr nur wegen der Kinos dorthin gehen. Es ist trotzdem ein Paradebeispiel der Fehlplanung.

Leere Gänge in der New South China Mall. Bild: Milowent/Wikipedia (Public Domain)

4. Poseidon Hotel, Fidschi

Klingt gut: Ein Unterwasser-Hotel mit Zimmern und Restaurants, welche direkten Blick auf die schöne Meereswelt von Fidschi bieten. Das Poseidon Hotel sollte 2008 eröffnen; bislang ist aber noch gar nichts passiert. Es gibt eine Website mit spektakulären Renderings; buchbar ist aber noch kein einziges der 48 luxuriösen Bungalows auf «Poseidon Mystery Island», dessen genau Lage nicht mal bekannt ist. Geduldige können sich immerhin registrieren und darauf warten, eine Mail zu erhalten, wenn die Buchungen dann beginnen. Oder sich dieses CGI-animierte Video unten anschauen und hoffen, dass das Projekt doch mal noch realisiert wird.

5. Foreshore Freeway Bridge, Kapstadt

Dieses Projekt erinnert an die Hardbrücke in Zürich – mit dem Unterschied, dass die Hardbrücke zwar ein ewiges Provisorium ist, aber immerhin befahren werden kann. In Kapstadt wurde in den 70er Jahren mit dem Bau einer neuen Autobahn begonnen, zu welche auch die Freeshore Freeway Bridge gehören sollte. Bereits 1977 wurde der Bau abgebrochen; die Rampen stehen zwar, aber es fehlen 260 Meter Strasse, um das Bauwerk zu vollenden. Und es wurde bis heute nicht vollendet. Die genauen Gründe dafür sind nicht bekannt. Inzwischen soll das Projekt wieder aufgenommen werden, nachdem es in den letzten Jahren vor allem als kuriose Touristenattraktion und Filmschauplatz bekannt wurde. Die Kosten bisher, für die nie genutzte Brücke: Über 600 Millionen Franken.

Offenbar soll die seit Jahrzehnten unfertige Foreshore Freeway Bridge in Kapstadt (Südafrika) nun doch mal noch fertiggestellt werden. Bild: Paul Mannix/CC BY 2.0

6. Estadio Nacional de Brasilia, Brasilien

Für das Ausrichten der Fussball-WM wurden schon viele Stadien gebaut, welche nach dem Mega-Anlass deutlich zu gross waren und kaum mehr instand gehalten werden konnten. Paradebeispiel hier ist das Estadio Nacional in Brasilia, der brasilianischen Plan-Hauptstadt. Mit fast 490 Millionen Franken Baukosten ist es das teuerste nur für eine WM erbaute Stadion. Es ersetzte das ältere Estadio Mané Garrincha. An der Fussball-WM 2014 in Brasilien fanden dort sieben Spiele statt (darunter der 2:1-Sieg der Schweiz gegen Ecuador). Seitdem wird es jedoch kaum mehr genutzt: Brasilia verfügt nämlich über keine professionelle Fussballmannschaft, welche die laufenden Kosten von rund 200‘000 Franken pro Monat schultern könnte. Deshalb ist das Stadiongelände jetzt nur noch ein Busdepot, während die Büros im Stadion rund 400 Regierungsbeamten zur Verfügung gestellt werden. Diese haben wenigstens eine imposante Kulisse für das Plauschmätschli am Mittag…

Das wohl teuerste Bürogebäude mit Busparkplatz der Welt: Das Estadio Nacional in Brasilia. Bild: Brasilianische Regierung/CC BY 3.0 br

7. The Harmon Hotel, Las Vegas

In Las Vegas gilt die Regel, dass geklotzt und nicht gekleckert wird. Das zeitigt aber nicht immer Erfolg. 2007 wurde mit dem Bau des geplanten The Harmon Hotel begonnen. Kostenvoranschlag dafür: 279 Millionen Dollar (nach heutigem Wert 272 Millionen Franken, damals aber viel mehr als das). Ein elliptischer Turm mit Glasfassade sollte es sein, mit 400 Zimmern und 207 Eigentumswohnungen. Doch dann kam 2008 einerseits die Finanzkrise, andererseits wurden Baufehler entdeckt. Die Eigentumswohnungen wurden aufgegeben und es sollte nur noch 28 statt 49 Stocke geben. 2013 dann wurde entschieden, das Harmon abzureissen. Ein Hotel, welches nie einen einzigen Gast gesehen hatte, hatte am Ende nur Kosten in Höhe von fast 400 Millionen Dollar verursacht.  Allein der Abriss kostete nochmals 20 Millionen…

Das Harmon Hotel (mit blauen Fenstern im Vordergrund) empfing nie Gäste. Bild: Mike Russell/ Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

8. Titanic II, Australien

Auch hier dreht es sich um ein Projekt, welches zwar wohl noch vollendet wird, dessen Umsetzung aber deutlich länger als geplant dauert und deshalb auch hohe Mehrkosten als ursprünglich geplant generiert. Die Rede ist von der «Titanic II», der Replik des berühmten Schiffs, welches 1912 vor Neufundland unterging. Es ist das Lieblingsprojekt des exzentrischen australischen Geschäftsmanns Clive Palmer. Angekündigt wurde es 2012 und sollte 2016 lanciert werden; dann wurde der Start auf 2018 verschoben. In jenem Jahr war aber noch gar nichts passiert – doch inzwischen geht es mit dem Bau weiter und das neue Startdatum ist für 2022 festgehalten. Mal schauen, ob die Replik nicht wie das Original zu einem grossen Desaster wird.

Die Titanic stiess auf Eisberge, die Titanic II offenbar auf Probleme beim Bau. Bild: Keystone

9. Ryugyŏng-Hotel, Pyöngyang (Nordkorea)

Ah, Konkurrenzdenken schafft seltsame Projekte. In der nordkoreanischen Hauptstadt Pyöngyang wurde 1987 mit dem Bau des 330 Meter hohen Ryugyŏng-Hotel begonnen. Es sollte einen Schatten auf Südkorea werfen, wo 1988 die Olympischen Spiele stattfanden. Nur war das Hotel dann nicht fertiggestellt und der Bau wurde 1992 nach dem Kollaps der Sowjetunion, welcher Nordkorea stark traf, komplett eingestellt. 2008 wurde plötzlich wieder daran gearbeitet; ägyptische Entwickler von Orascom und die Hotelmarke Kempinski sprangen ein, doch trotz Fertigstellung der Fassade 2011 wurde das Hotel nicht wie geplant 2013 eröffnet – und ist bis heute noch nicht eröffnet. Wie viel der Bau des zweithöchsten Wolkenkratzers auf der koreanischen Halbinsel bis heute gekostet hat, weiss niemand genau. Das Gebäude hat jedenfalls den Guiness-Buch-Titel als «Höchstes ungenutztes Hotelgebäude der Welt» - und wird in Nordkorea nicht wirklich als Touristenattraktion vermarktet.

Ein 330 Meter hohes Hotel, das noch auf Klientel wartet. Bild: Joseph Ferris III/CC BY 2.0

10. Schliessungen wegen Übernutzung

Zum Abschluss noch ein Beitrag, der nichts mit einer Fehlplanung zu tun hat, sondern mit einer generellen Fehlentwicklung im Tourismus. Hier geht es nicht um fehlende Nachfrage, sondern genau um das Gegenteil. Wir haben immer wieder darüber berichtet, wie Touristenattraktionen geschlossen werden, weil touristische Überbeanspruchung oder auch schlechtes Tourismusmanagement die Destinationen selber weitgehend zerstört. Gut dokumentiert sind die Beispiele von Boracay auf den Philippinen, der Maya Bay in Thailand oder auch den Inseln von Khai Nok, Khai Nui und Khai Nai, in der Nähe von Phuket (Thailand), welche allesamt zumindest vorübergehend für den Tourismus gesperrt wurden. Letztere empfingen vor der Schliessungf bis zu 1000 Tagestouristen, obwohl eigentlich nur rund 70 zugelassen sein dürften. Indonesien hat inzwischen die Schliessung von Komodo angekündigt, in Amsterdam musste der berühmte Blumenmarkt wegen zu grosser Menschenmassen vorübergehend schliessen, und der Fjaðrárgljúfur Canyon in Island musste schliessen, weil er wegen (ungewollter) Werbung in der Populärkultur (als Kulisse der HBO-Serie «Game of Thrones» sowie von Justin Bieber’s Musikvideo zum Lied «I’ll show you») komplett überrannt und auch beschädigt wurde. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Hier liegt der Fail aber bei den Besuchern selber…

Frühestens in zwei Jahren darf die Maya Bay in Thailand wieder betreten werden - damit sich die dortige Natur von den Touristenmassen erholen kann. Bild: Humphrey Muleba

(JCR)