Tourismuswelt

Sunday Press Massen-Events ziehen keine Massen mehr an

Der Ticketverkauf für viele Schweizer Grossanlässe bleibt unter den Erwartungen. – Die SBB haben zu wenige Lokführer. – Der Europa-Park will endlich per Bahn erreichbar sein. – Andi Restle (ITS Coop) im Interview. – Entlassungen im Duty Free am Flughafen Zürich. – Der Grosse Basar in Istanbul unter Wasser.

Die Zeit der Massen-Events ist vorbei

An der «Fête des Vignerons» in Vevey, welche nur alle 25 Jahre stattfindet und als der Schweizer Grossanlass dieses Jahres gilt, wurden laut «SonntagsZeitung» nur 355'000 von 420'000 möglichen Tickets verkauft. Erstmals in seiner 222-jährigen Geschichte war das Winzerfest nicht ausgebucht - und erstmals werde es aller Voraussicht nach einen Verlust schreiben, denn die Ticketverkäufe machen 70 Prozent des Budgets von knapp 100 Millionen Franken aus. Wer das voraussichtliche Defizit schultern muss, ist unklar: Die Organisatoren wollen später informieren.

Die «SonntagsZeitung» ortet bei den Massen-Events ein grundsätzliches Problem und stellt sich die Frage, ob diese ausgedient haben oder ob es schlicht zu viele davon gibt. Neben Mega-Veranstaltungen wie dem Winzerfest oder der Zürcher Street Parade buhlen auch Open-Airs, Schwingfeste und Freilichtspiele um die zahlende Kundschaft - und haben vermehrt Mühe, ihre Tickets zu verkaufen. «Der Markt an Events ist übersättigt», so die Feststellung von Daniele Ficarazzi (Alta Vista Events). Besonders bemerkbar sei die Sättigung der Zuschauer im Musikgeschäft. Das Open Air St. Gallen hat 88‘800 Tageseintritte verkauft, 12‘000 weniger als im vergangenen Jahr. Es werde mit einem Defizit abschliessen. Das Paléo-Festival in Nyon war erstmals seit 20 Jahren nicht an allen Tagen ausverkauft. Auch das Gurtenfestival verzeichnete einen leichten Rückgang von 1000 Zuschauern. Weil wegen der vielen (internationalen) Events die Gagen für Stars steigen, steigen auch die Preise. Kostete zum Beispiel 2009 ein Dreitagespass für das Gurtenfestival noch 155 Franken, waren es dieses Jahr 270 Franken.

Auch bei vielen Freilichtspielen stockt der Ticketverkauf. Für die Tellspiele in Interlaken wurden rund 14‘000 Tickets verkauft(= Auslastung von 50 Prozent). Die Freilichtspiele Luzern lockten diesen Sommer 3500 Leute weniger an als 2017 und die Karl-May-Freilichtspiele in Engelberg lagen mit 14‘000 Besuchern an 20 Aufführungen klar unter den Erwartungen.

Laut Experten gehe der Trend hin zu kleinen, exklusiven Events, wo man sich mit Gleichgesinnten treffe statt mit einer anonymen Masse.

Die SBB ächzen unter den vielen Events

Personalmangel, Pannenzüge und Pünktlichkeitsprobleme - es sind keine einfachen Zeiten für SBB-Mitarbeitende, schreibt die «SonntagsZeitung». Der tödliche Unfall eines Zugbegleiters in Baden vor zwei Wochen sorgte für Unmut beim Lokpersonal, nun sind es «Bettel-SMS» von der Geschäftsführung. Weil den SBB Lokführer fehlen, müssen die Mitarbeiter immer öfter Extraschichten schieben und auf freie Tage verzichten, damit die Züge nicht stehen bleiben.

Hans-Ruedi Schürch, Zentralpräsident des Lokomotivpersonalverbands und Lokführer, erhält fast täglich solche Nachrichten. Es gebe jeweils ein Rund-SMS oder Lokführer werden in ihrer Freizeit persönlich angerufen, wenn Personalbedarf besteht. Besserung ist nicht in Sicht, denn viele Lokführer werden in den nächsten Jahren pensioniert, die SBB brauchen rund 1000 neue Lokführer - bei einem Gesamtbestand von 3500. Ein weiteres Problem: Die vielen angehäuften Überstunden können – zumindest zeitlich – gar nicht kompensiert werden.

Besonders schlimm sei die Zunahme an Events, was für sehr viele Extrazüge sorge, sowie die vielen Baustellen. Ende Mai wurde das Ausmass des Problems deutlich, als erstmals Züge ausfielen, weil die SBB keine Lokführer fanden. Grundsätzlich fehle es den SBB aber – laut dieser selbst - nicht an Lokführern. Der planmässige Bestand reiche lediglich nicht aus, um die Zusatzleistungen von Mai bis Oktober zu decken. Um die Pensionierungswelle abzufangen, bilden die SBB zudem laufend circa 200 Lokführer aus. Der Job sei nach wie vor gefragt, die SBB als Arbeitgeberin beliebt.

Für die aktuellen Lokführer ein schwacher Trost. Die Zugausfälle von Ende Mai würden kein Einzelfall bleiben: «Wir werden uns mit Ausfällen und Verspätungen anfreunden müssen», sagt der Chef des Lokführer-Verbands.

Zug für den Europa-Park in weiter Ferne

Am 12. Oktober wird Roland Mack, der Inhaber des beliebten Freizeitparks Europa-Park in Rust (D), 70 Jahre alt wird. Gefeiert wird dies laut «NZZ am Sonntag» in der neusten Attraktion seiner Anlage, dem «Rulantica» genannten Wasserpark – wo bekanntlich auch die SRV-GV dieses Jahr tagen wird. Danach plant Mack einen schrittweisen Rückzug aus dem Tagesgeschäft. Bereits arbeiten Roland Macks Söhne Michael und Thomas in der Geschäftsführung – und kümmern sich um Themen wie die Digitalisierung, Film, Hotels und Gastronomie.

Mack sagt, man könne den Europa-Park «nur mit Haut und Haaren führen». Dreizehn Achterbahnen, Kinos, ein Theater, ein Sternerestaurant, Kinderbahnen und vieles mehr gibt es in den 15 europäischen Themenbereichen, die mit einer Hochbahn verbunden sind. Alle zwei bis drei Jahre brauche es eine Grossinvestition. Eine solche würde Mack gerne für einen Bahnanschluss tätigen - mehr als die Hälfte der Gäste käme lieber mit dem Zug. Doch bei der Deutschen Bahn beisst der Unternehmer auf Granit: Dort heisse es, der Zeithorizont sei 2035 oder gar 2040.

Nun hofft Mack auf die SBB. Deren Chef Andreas Meyer hat sich öffentlich als Fan des Europa-Parks geoutet. Doch die SBB halten sich bedeckt. Im vergangenen Winter tauschten sie sich zwar mit Vertretern des Europa-Parks aus. Es ging aber darum, ob die SBB von den Betreibern lernen können, die «Aufenthaltsqualität auf den Bahnhöfen» zu verbessern, sagt eine Sprecherin. Zugsverbindungen sind aber offenbar kein Thema.

«Ich bin eher ein Kopfmensch»

Offenbar liebt es die «NZZ am Sonntag», für ihre Beilage «NZZ Executive» Manager aus der Reisebranche zu interviewen. Marcel Gehring, Pascal Wieser, Martin Wittwer und mehr durften schon die 33 Fragen beantworten - diese Woche nun war Andi Restle (Geschäftsführer ITS Coop Travel) an der Reihe. Für ihn als Manager ist wichtig, dass man vor allem aus der Erfahrung lernt und sich ständig verbessert. Restle fällt Entscheidungen ungern aus dem Bauch und ist «eher ein Kopfmensch», beruft sich also auf Fakten und Daten. Der 53-jährige glaubt nicht, dass die Reisetätigkeit stark von der Wirtschaftslage abhängt, dafür wird diese wesentlich von Naturkatastrophen oder Terrorismus beeinflusst. Wobei ihn da die Skepsis bzw. Vorurteile gegenüber gewisser muslimischer Staaten auf die Nerven geht.

Im Rahmen eines ganzheitlichen E-Commerce-Ansatzes setzt ITS Coop Travel zwar stark auf soziale Medien, privat ist Restle dort aber nicht präsent. Dem Berufsnachwuchs rät Restle, eine solide Grundausbildung abzuschliessen, welche mehrere Optionen offenlässt. Junge sollten den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen und Persönlichkeit zu entwickeln – was ihm selber in der Schule nicht zuteil wurde, dafür dann in seiner Lehre bei der Swissair.

Flughafen Zürich: 21 Entlassungen im Duty Free

Während der «SonntagsBlick» keine nennenswerte Geschichte aus der Reisewelt zu bieten hat, gab es am Samstag im «Blick» Aufsehenerregendes zu lesen. Am Flughafen Zürich haben nämlich 21 Angestellte der Duty-Free-Kette Dufry kürzlich eine Kündigung noch während der Probezeit erhalten. Die dort verbleibenden Mitarbeitenden – total sind es rund 750 – seien verunsichert. Den Angestellten wurde zudem mitgeteilt, dass der Einsatzplan für den Monat September keine Gültigkeit mehr besitze. «Es herrscht Hire und Fire bei Dufry Schweiz!», schreibt der «Blick».

Dufry-Sprecher Renzo Radice verspricht zwar, dass keine weiteren Kündigungen geplant seien, und er betont, dass von April bis Juli 40 neue Stellen geschaffen wurden. Zu den Gründen der Kündigungswelle schweigt sich Radice allerdings aus. Hire and Fire für die Hochsaison? Dazu Radice: «Für die Spitzenzeiten, die über das Jahr auftreten, haben wir fixe Verträge mit Temporärfirmen.» Die Kündigungen stünden in keinem Zusammenhang.

Istanbuls Grosser Basar teilweise unter Wasser

Bei schweren Regenfällen in Istanbul ist am Samstag ein Mann ums Leben gekommen. Das Wasser überflutete zahlreiche Strassen sowie Teile des Grossen Basars, der als Touristenmagnet und eine der wichtigsten historischen Sehenswürdigkeiten der Stadt am Bosporus gilt. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, wurde ein obdachloser Mann in einer Unterführung tot aufgefunden. Offenbar war er ertrunken.

Vermischtes

In der «Stil»-Beilage der NZZ am Sonntag gibt es als Reisethemen etwa die Umwandlung des Augustinerklosters in Seefeld im Tirol in ein Fünfsternhotel und eine grosse Reportage über die portugiesische Blumeninsel Madeira; in der Beilage «Gesellschaft» ist ein Artikel den Ferien «und sonstigen Glücksstrategien» von Prominenten gewidmet. Zu Wort kommen Ljuba Manz, Jolanda Spiess-Hegglin, Musiker «Dagobert», Alain de Botton, Jacqueline Badran, Hausi Leutenegger, Natascha Beller, Röbi Koller, Deborah Feldman, Dominic Deville und Tyler Brulé – was die Schweiz an Promis eben so hergibt. Dazu gibt es eine Reportage über das «Rimini der Opernwelt», Verona.

Im «Reisen»-Teil der «SonntagsZeitung geht es diese Woche um den literarischen Genuss auf dem Schriftstellerweg in Olten (der Heimat vieler wichtiger Schweizer Schriftsteller), um den Südwesten Irlands sowie um… hässliche Hotels an Kroatiens Küste.

(JCR)