Tourismuswelt

Sunday Press «Wir weisen die Kunden auf die Problematik des Massentourismus hin»

Der Schweizer Reise-Verband äussert sich zum Overtourism und zur Klimadebatte. – Erst wenige Flugreisende kompensieren CO2. – Die Schweiz wird als Reiseziel für Muslime immer populärer.

In einem ausführlichen Interview in der heutigen «Zentralschweiz am Sonntag» nehmen SRV-Geschäftsleiter Walter Kunz und SRV-Umweltexperte Roland Schmid Stellung zu den aktuellen Debatten über den Massentourismus und über die Reiseindustrie als Sündenbock der Klimaerwärmung.

Auf Antitourismus-Demonstrationen, wie sie in Barcelona schon erfolgten, angesprochen, sagt Walter Kunz: «Wir versuchen dieser Entwicklung mit alternativen Destinationen Gegensteuer zu geben. Letzten Endes ist es der Kunde, der entscheidet, wohin er will. Wenn er seinen Trip nicht im Reisebüro bekommt, bucht er ihn eben selbst. Da müssen wir uns nichts vormachen. Wir können die Kunden auf die Problematik des Massentourismus hinweisen, und das tun wir auch.» Roland Schmid sagt dazu: «Das Reiseverhalten hat sich in den vergangenen Jahren entscheidend verändert. Den Reisenden steht für längere Reisen kaum mehr Zeit zur Verfügung, ergo fahren sie zu den Hotspots. Gefördert wird diese Entwicklung durch die sozialen Medien, vor allem Instagram. Die Touristen wollen nicht mehr in die lokale Kultur eintauchen, sondern ein «heisses Bild» schiessen, das sie im Netz posten können.» Dass das Problem des Massentourismus sich künftig noch verschärfen wird, bezweifelt Roland Schmid: «Es gibt tendenziell mehr attraktive Orte. Wir zählen heute mehr besuchenswerte Destinationen und Sehenswürdigkeiten als vor zehn Jahren.»

Zur Klimadebatte und der Möglichkeit, im Reisebüro eine CO2-Kompensation anzubieten, sagt Walter Kunz: «Wenn die Kunden im Reisebüro auf diese Möglichkeit hingewiesen werden, hören viele interessiert zu. Wenn es aber darum geht, das Portemonnaie zu zücken, ist schnell Schluss. Wenn es ums Zahlen geht, hört noch immer für zu viele der Umweltschutz auf – nicht nur beim Reisen.» Gegenüber einer CO2-Abgabe im Flugverkehr zeigt sich Kunz offen: «Ich hätte kein Problem damit. Es darf einfach keine neue Bürokratie hochgezogen werden. Es muss für die Airlines einfach zu handhaben sein. Die Abgabe muss im Flugpreis integriert sein.»

Ergänzend zum Interview bringt die Zeitung eine Auflistung einzelner Firmen und was diese in Sachen CO2 bereits unternehmen. DER Touristik Suisse wird dabei etwa genannt und wie das Unternehmen für Buchungen im Mai und Juni für Kunden die Hälfte der CO2-Kompensation übernimmt.

1 Prozent der jährlichen Emmissionen des Schweizer Flugverkehrs

Dass der Anteil der CO2-Kompensation heute aber noch gering ist, erfährt man in einem Artikel der «NZZ am Sonntag». Zwar haben Schweizerinnen und Schweizer in den ersten drei Monaten des Jahres schon so viel CO2 kompensiert wie im gesamten 2016. Dies enstpricht aber erst einem Prozent der jährlichen Emmissionen des Schweizer Flugverkehrs. Gleichwohl hält Myclimate-Chef Stephen Neff fest:  «Es ist ein Umdenken im Gang».

Eine weit um sich greifende «Flugscham» stellt die Zeitung in ihrem Artikel nicht fest. Flugreisen nach Spanien und Griechenland seien weiterhin populär. «Das Jahr lief schlecht an, aber jetzt ziehen die Buchungen an. Für die Sommerferien liegen wir nur noch leicht unter dem Stand des Vorjahres», sagt Prisca Huguenin-dit-Lenoir, Kommunikationschefin von Hotelplan Suisse. TUI Suisse hat das Vorjahresniveau laut Marketingchefin Bianca Schmidt bereits erreicht.

Dann fliesst auch noch die Wetterfrage in den Artikel ein mit dem letztjährigen Hitzesommer. Der endlose Sommer 2018 bilde einen Wendepunkt für die Reisebranche. Erreichen die Temperaturen im April 24 Grad, warten die Kunden lieber ab mit Buchen. Die Sonne im Garten oder im Freibad geniessen, sei verlockend und deutlich günstiger. «Sobald es einmal eine Woche regnet oder kalt ist, entscheiden sich die Leute, in die Ferien zu fliegen», sagt dazu Prisa Huguenin-dit-Lenoir.

Und dann wird noch ein vermeintlich neuer Trend genannt, der so neu aber nicht ist: die Sommerferien-Buchungen verlagern sich in den Herbst. «Sehr viele Gäste haben die Herbstferien heute schon gebucht. Bei den Sommerferien wollen sie dagegen eher kurzfristig zuschlagen», erklärt dazu Bianca Schmidt.

Golfstaaten-Touristen geben 420 Franken am Tag aus

Die Schweiz wird zum Top-Reiseziel für Muslime, titelt die «Sonntagszeitung». Eine neue Rangliste hievt die Schweiz in die oberen Ränge – die Nachfrage aus den Golfstaaten steigt rasant.

Die Schweiz ist bei muslimischen Reisenden zunehmend beliebt – seit 2013 nahmen die Hotellogiernächte von Gästen aus Golfstaaten überdurchschnittlich um 52 Prozent auf 950'000 zu. Im Vergleich zu 2007 liegt das Plus gar bei über 160 Prozent. Schweiz Tourismus spricht von einem «rasant wachsenden Markt».

In einer aktuellen Studie des Reiseberaters Crescent Rating und der Kreditkartenfirma Mastercard ist die Schweiz im Ranking von 82 nicht-muslimischen Reiseländern von ausserhalb der Top 20 neu auf Platz 11 hochgeklettert, vor Spanien und den USA. Der Global Muslim Travel Index Rating ist eine Art Reiseempfehlung und zeigt auf, wie attraktiv Feriendestinationen für gläubige Muslime sind.

Die Analysten stützten sich auf Informationen von Regierungen, der UNO und auf Reiseportale wie Booking.com. Als wichtige Kriterien gelten das gesellschaftliche und das politische Klima und die Servicekultur eines Landes.

Dass man sich in der Schweizer Tourismusbranche nun viel Mühe gibt, es den muslimischen Reisenden recht zu machen, kommt nicht von ungefähr. Ein Tourist aus den Golfstaaten gibt pro Tag durchschnittlich 420 Franken aus. Bei deutschen Touristen sind es 130 Franken.

Mit Bitcoins in die Dolder-Suite

Eine Innovation meldet die «Sonntagszeitung». Ab Mai können Gäste im Zürcher Luxushotel Dolder mit der digitalen Währung Bitcoin bezahlen. Es ist das erste Schweizer Hotel, in dem das möglich ist.

«Die Lösung ist vergleichsweise trivial», sagt Dolder-Finanzchef André Meier. Kunden brauchen nur ein sogenanntes Handy-Wallet, in dem ihr Bitcoin-Geld gespeichert ist, um den zu bezahlenden Betrag in Bitcoins zu scannen. Dem Dolder wird dann der Umsatz in Schweizer Franken gutgeschrieben.

Das Dolder beteiligt sich an den Entwicklungskosten der App mit einem vier- bis fünfstelligen Betrag. Ab Mai geht die neue Zahlungslösung beim Luxushotel an den Start.

André Meier glaubt, dass Zahlungsmittel auf Grundlage der Blockchain Bestand haben werden. In einer zweiten Phase will er sogar noch andere digitale Währungen als Zahlungsmittel akzeptieren.

Kilimandscharo und Chandigarh

Auf den Reiseseiten der Sonntagszeitungen sticht eine Kilimandscharo-Reportage hervor. Ob es auch Anfänger auf den fast 6000 Meter hohen Berg schaffen, fragte sich der Autor der «Sonntagszeitung» – und ist losmarschiert.

Ebenfalls lesenswert: im Stil-Bund der «NZZ am Sonntag» dreht sich eine Reportage über die faszinierende Architektur der indischen Stadt Chandigarh, deren Masterplan Le Corbusier entworfen hat.

Der heutige «Sonntagsblick» dagegen ist an diesem regnerischen Sonntag frei von Reisethemen im engeren Sinn. Die von China geplante neue Seidenstrasse wird thematisiert. Weitere Bartgeier-Auswilderungen werden in der Schweiz derzeit gestoppt – wegen Inzuchtgefahr. Und die kaum mehr zu stoppende Reise in die Challenge League des Fussball-Rekordmeisters ist ein weiteres Thema.

(GWA)