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Der SRV-Vorstand mit Präsident Max E. Katz, Geschäftsführer Walter Kunz, Daniel Bauer und André Lüthi begrüssten auf der AIDAprima 200 Mitglieder zur 91. Generalversammlung. Weitere Bilder in der BILDGALERIE (aufs Hauptbild klicken). Alle Bilder: JCR

Die nächste SRV-GV findet im Europa-Park statt

Jean-Claude Raemy

Heute Morgen ging die 91. Generalversammlung des Schweizer-Reiseverbands über die Bühne – erstmals auf hoher See, an Bord der AIDAprima. Hohe Wogen gab es eigentlich nur auf dem Meer. Erste Bilder der GV in unserem Beitrag.

Premiere auf dem Schiff: Heute Morgen (28. Oktober) trafen sich die 209 Teilnehmenden der 91. ordentlichen Generalversammlung des Schweizer Reise-Verbands (SRV) erstmals in dessen Historie nicht in einem üblichen Meetingraum in einem Land irgendwo auf dieser Welt, sondern in einem sich bewegenden Meetingraum an Bord der AIDAprima, irgendwo im Mittelmeer zwischen Mallorca und Korsika.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Beim nächsten Mal bleibt man in der Nähe. Sie steigt vom 22.-23. November 2019 im Europa-Park in Rust (Deutschland) und wird damit deutlich kürzer ausfallen als noch in diesem Jahr – und auch einen kleineren ökologischen Fussabdruck verursachen.

An Bord gegangen war die Teilnehmerschar tags zuvor in Palma de Mallorca, bei trübem Wetter, was der Stimmung jedoch keinen Abbruch tat. Am ersten Abend gab es nach dem gemeinsamen Abendessen im bordeigenen Restaurant «Brauhaus» noch einen Überraschungs-Ausschiffungs-Apero exklusiv für die SRV-GV-Teilnehmer im schön dekorierten Spa-Bereich.

Nach einer infolge starkem Seegang oder langem Barbesuch «bewegten Nacht» stieg dann anderntags die eigentliche GV wiederum im «Brauhaus». Die ersten Worte, nach der Begrüssung durch SRV-Präsident Max E. Katz, hielt Dominika Lange (Director Sales & Marketing, Costa/AIDA Schweiz), welche auf die boomende Kreuzfahrtbranche zu sprechen kam und daran erinnerte, dass Costa/AIDA noch in diesem Jahr mit der AIDAnova das erste vollständig LNG-betriebene Schiff der Welt lancieren wird. Sie hatte zudem Insidertipps für erstmalige Kreuzfahrt-Teilnehmer. Faustregel: Was dick macht, die Restaurants, sind hinten im Schiff. Was schlank macht, Sport und Spa, ist vorne im Schiff.

Eingangsrede Max E. Katz

Die Eingangsrede hielt wie gewohnt Max E. Katz, Präsident des SRV. Nach der Verdankung der Sponsoren und der Begrüssung der Ehrengäste gab es eine Gedenkminute für den kürzlich verstorbenen Ehrenpräsidenten Peter Eberschweiler. Katz ging daraufhin auf die gute, aber volatile Entwicklung im Schweizer Reisemarkt ein. Als «Probleme» im abgelaufenen Jahr wurden die Air-Berlin-Pleite, der «ewige Sommer» in der Schweiz und die Fussball-WM hin; doch dank gutem Herbst sei es ein «ordentliches Jahr» gewesen. Unerfreulich sei wieder die grosse Mehrarbeit für Reisebüros/TOs infolge der chaotischen Zustände in der Luftfahrt in diesem Sommer. Katz adressierte deutliche Worte an die Lufthansa Group/SWISS, welche mehrere Teilnehmer vor Ort hatte, und sprach von «Wettbewerbsverzerrung» und «Ausnutzung der Marktmacht», und forderte eine Rückkehr zu einem «partnerschaftlichen und fairen Umgang mit dem Fremdvertrieb und den Business-Travel-Agenturen», was ihm Spontanapplaus brachte – und von SWISS-Seite zunächst unbeantwortet blieb.

Weiter ging Katz auf den Wandel in der Branche aufgrund von Digitalisierung ein, und in diesem Zusammenhang auf die Allianz-Studie, weil ja mobile Auftritte verlangt werden, obwohl laut Studie 87% der Online-Buchenden dafür PC/Laptop benutzen. Katz ging weiter auf die Giganten wie Booking Holdings (Buchungsvolumen 2017: 81 Mrd. Dollar) oder Expedia Group (91 Mrd. Dollar), welche die Reisebranche zunehmend dominieren. Wie können lokale TOs und Reisebüros dagegen bestehen? Es braucht dafür laut Katz «Mut, neue Köpfe, Agilität, Investitionen» und ein Ende der Angst, in neue Ertragsfelder vorzustossen und das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen.

Weiteres grosses Thema: Overtourism. Katz zitierte dabei italienischen Journalisten Marco D‘Eramo, der behauptete «Der Reisende ist nur ein Tourist, der abstreitet, einer zu sein», und der über Qualitätszerfall in der Gastronomie und über steigende Preise in Innenstädten aufgrund von Tourismus klagte. Über die Rolle und Verantwortung der Tourismusbranche beim «Overtourism» wurde schon am Ankunftstag der GV an Bars und beim Essen debattiert. Katz sieht die Verantwortung vor allem bei Behörden, welche steuern müssen.

Engagiert sprach Katz dann auch die «Globalisierung» und nationalistische Tendenzen weltweit an, welche die Globalisierung zunichte zu machen versuchen. Doch gelte es zu akzeptieren, dass die Welt permanentem Wandel unterzogen ist – und die Reisebranche dabei eine wichtige gestalterische Rolle einnehmen kann.

Auch den «SRV Sentiment Index» erwähnte Katz. Ähnliche Worte zu diesen Themen hatte Katz bereits im Vorwort des Geschäftsberichtes 2017/2018 formuliert, dessen Inhalte travelnews.ch vor zwei Wochen auszugsweise publizierte.

Bericht des Geschäftsführers

Walter Kunz konnte erfreut feststellen, dass die Konsolidierung bei den Mitgliedern sich stark verlangsamt habe. 2000 waren noch 3706 Reisebüros in der Schweiz zu zählen, 2017 waren es noch 1656. Immerhin seien 2 von 3 Reisebüros in der Schweiz dem Verband angeschlossen (auf A-Reisebüros bezogen); 2000 lag dieser Wert noch bei rund 30 Prozent.

Problematisch sei dabei, dass der Verband, obwohl er immer weniger Mitgliedereinnahmen verzeichne, immer mehr Leistungen zu bieten versuche. Kunz erinnerte an die Dienstleistungen des Sekretariats, welche wichtig seien, aber den Mitgliedern keinen direkten finanziellen Vorteil verschaffen, etwa diverse kostenlose Seminare und Events oder auch der Argus-Pressespiegel. Auf der Liste der Mitgliedsvorteile mit finanzieller Tragweite war etwa der neue Vertrag für American-Express-Karten zu vermelden, dank welchem SRV-Mitglieder seit August 2018 noch 1,55% bei einer Auszahlung innerhalb von sieben Tagen als Kommission berappen müssen, oder die gratis Zugriff auf Bilder der Foto-Datenbank Colourbox. Letzteres entstand, weil diverse SRV-Mitgliedsbüros aufgrund von unberechtigtem Gebrauch von Bildern gebüsst worden waren. Aktuell seien bereits 70 SRV-Mitglieder Nutzer dieses neuen Angebots.

Bericht Fachgruppe Aus- und Weiterbildung

Fachgruppenleiter Daniel Bauer konnte über extrem gute Noten bei den Lehrabschlüssen berichten und sorgte für Unterhaltung mit einigen bizarren/falschen Antworten aus den Lehrabschlussprüfungen.

Präsentiert wurde auch wieder das Programm «Young Talents». Dabei mussten Nachwuchskräfte in einem Kurzportrait per Video nachweisen, wie sie ihren Arbeitsplatz oder ihre Kundenberatung nachhaltig gestalten könnten. Die vier Gewinnerinnen konnten dann kostenlos an der GV teilnehmen. Ein ansprechendes Video-Beispiel von Johanna Guinodeau (Hotelplan Fribourg) wurde präsentiert. Mit den Young Talents führte Daniel Bauer dann auch noch kurzweilige Live-Interviews.

Bauer hoffte abschliessend, künftig wieder von einem wachsenden Lehrstellenangebot berichten zu können.

Fachgruppe Umwelt und Soziales

Fachgruppenleiter Roland Schmid wies auf das NZZ-Folio «Overtourism» hin, welches zunächst auf breiter Front auf negative Auswüchse des Tourismus hinwies. Trotz Bemühungen und Massnahmen von Seiten der Reiseveranstalter sei die Bereitschaft der Kunden, «nachhaltig» zu reisen, weiterhin gering. «Zwischen dem Reden und dem Tun liegt das Meer», bilanziert Schmid. Overtourism, Plastikverschmutzung und Klimawandel wurden als gravierendste Probleme definiert – und laut Schmid trägt der Tourismus mittlerweile 8% zum globalen CO2-Ausstoss und damit zum Klimawandel bei.

Ist nachhaltig reisen möglich? Laut Schmid ein klares «Nein» - weshalb man das Reisen aber nicht verbieten soll. Denn er trage einerseits zu Wohlstand bei, und bei respektvoller Ausübung auch zum Völkerverständnis. Doch würden Umweltsünden des Tourismus – erschossene Eisbären, Schliessung von Boracay, Müllberge auf Bali – von Medien aufgebauscht und stellten ein Reputationsrisiko für Tourismusunternehmen oder den Tourismus allgemein dar. Die Lösung: Die Touristik müsse Lösungen zeigen, auf Dialog setzen, Nachhaltigkeitsbemühungen verstärken.

Weiter brach Schmid eine Lanze für Unternehmen, welche sich von Tourcert zertifizieren lassen oder auch mit Organisationen wie FAIR und ECPAT kooperieren – neuerdings etwa Olimar. Natürlich ging Schmid dann auch noch aufs SRV-Roundtable zu Menschenrechten im Tourismus  ein. Ausserdem legte er den Mitgliedern nahe, doch mal ihren eigenen ökologischen Fussabdruck zu prüfen – was hier gemacht werden kann.

Fachgruppe Flug

Fachgruppenleiter Marcel Herter habe sich überlegt, ob er die Rede vom Vorjahr wiederholen solle – die Themen seien nämlich gleich geblieben: Direct Connect, Marktdominanz der Lufthansa Gruppe, fehlende Kundengeldabsicherung der Airlines, NDC. Und doch: «Panta Rhei», «alles fliesst». Insbesondere NDC werde laut Herter die Industrie massiv beeinflussen. Die Fragmentierung des Contents sei bereits realität und werde weiter zunehmen; «Full Content», also gleich lange Spiesse für alle Player im Vertrieb, sei «Geschichte».

Er stellte eine Frage an die anwesenden Airline-Vertreter: Weshalb der Reisebürovertrieb nicht über eigene Tarife verfügen könnte, die diesem eine vernünftige Marge erlauben würden, was technisch relativ einfach machbar wäre – auch da Spontanapplaus. Herter erinnerte daran, dass die Daten zur Erstellung von individuellen Angeboten stets in den IT-Systemen der Airlines verbleiben, was allerdings auch risikobehaftet sei, wie die jüngsten Datenlecks bei British Airways und Cathay Pacific  belegten. Auch das Projekt «One Order» werde die Datenhoheit weiter zu den Airlines hin verschieben. Doch haben die GDS laut Herter «ihre Hausaufgaben gemacht» und würden für Agenten als Multisource-Vertriebslösung weiterhin wichtig bleiben – wobei unklar sei, welche Inhalten diesen künftig von den Airlines noch zur Verfügung gestellt werden.

Im 2. Quartal sei überdies in der Schweiz der Rollout des Systems «New Gen ISS» durchgeführt. Details dazu in unserem Bericht. Für Herter sind diese grundlegenden Wandel eine Herausforderung, aber auch eine Chance für individuelle Beratung.

Politik

Fachbereichsleiter André Lüthi hielt gleich fest, dass das Wort «Tourist» nicht negativ behaftet sei – bezugnehmend auf das Beispiel von Max E- Katz mit dem italienischen Journalisten. Für Lüthi sei es in der Verantwortung der Touristiker, auch bei eigenen Reisen genauer hinzuschauen. Er plädierte für weniger, dafür längere Reisen.

Doch sein Thema ist ja eigentlich die Politik. Er erinnerte an das «historische Meeting» vom Januar im Berner Bundeshaus, wo Vertreter diverser Schweizer Reisebürovereinigungen mit Politikern über Anliegen des Outgoing-Tourismus diskutierten. Das Bundesamt für Justiz entwirft jetzt einen Vernehmlassungsentwurf, der dem SRV vorgelegt wird, dann an den Bundesrat geht und auch noch vom Parlament abgesegnet werden muss. Lüthi rechnet folglich mit drei Jahren bis zur Umsetzung der «Motion Markwalder».

Etwas überraschend kritisierte Lüthi, dass es in der Schweiz aktuell vier Kundengeldabsicherungen gebe – er würde eine einheitliche Lösung begrüssen – und erinnerte an seine Forderung aus dem Vorjahr, statt einem Pauschalreisegesetz doch ein «Reisegesetz» zu formulieren. Eine Auswirkung hatte dies: Aktuell sei der Garantiefonds daran abzuklären, was eine Deckung von im Reisebüro gebuchten Einzelleistungen kosten würde und ob so etwas umsetzbar wäre.

Lüthi formulierte auch einen Appell: Warum nicht mal auf der politischen Ebene in Deutschland EU-Politiker anpacken, welche direkt für Anliegen der Reisebranche – etwa in Sachen Airline-Insolvenzversicherung – etwas unternehmen könnten? Denn wenn auf Verbandseben in Brüssel etwas deponiert wird, dauern die Antworten lang, wie das Beispiel mit dem gescheiterten Vorstoss der ECTAA veranschaulicht habe. Der Appell richtete sich vor allem an den anwesenden DRV-Präsidenten Norbert Fiebig. Ob daraus etwas wird?

GV-Ordinaria


Stimmberechtigt an der GV waren 85 Personen, 2 Stimmen wurden übertragen. Bei total 87 Stimmen lag das totale Mehr damit bei 45. Das Protokoll der 90. ordentlichen Generalversammlung vom 17. November 2017 wurde ohne Gegenstimme angenommen.

Auf den Geschäftsbericht 2017/2018 vom 16. Oktober ging dann SRV-Geschäftsführer Walter Kunz ein. Dieser wurde ebenso einstimmig genehmigt und wird künftig in derselben Form verschickt.

Die Jahresrechnung (Gewinn: 27‘693 Franken) und der Revisorenbericht 2017/2018 wurden ebenso einstimmig angenommen. Zur Erinnerung: Bei den Mitgliedereinnahmen wurde das Budget knapp verpasst (740‘000 statt 743‘000 Franken); die Aufwendungen für Sekretariat und Vorstand blieben leicht unter dem Budget. Deutliche Gewinne gegenüber Budget gab es bei der Ausbildung sowie bei den Regionen, weil wenige Anlässe durchgeführt wurden. René Loosli (Ehrenmitglied, Loosli Reisen) bedankte sich für die meist positiven Bilanzen, fragte jedoch auch, was mit dem aktuellen Verbandsvermögen von 600‘000 Franken geplant sei. Laut Katz sei es gut, rund 1 Jahresbudget an Rückstellungen parat zu haben – höher sollte es dann aber nicht gehen. Dominique Evequoz (Discovery Voyages) wünschte sich, dass der Ausbildungsaufwand geteilt wird: Zum einen in die Subventionen auf Kantonsebene, zum anderen auf die Auszahlungen an die ausbildenden Betriebe – als administrative Vereinfachung. Walter Kunz erinnerte daran, dass dieser Antrag bereits gestellt worden sei und dass die Geschäftsstelle die Rechnungen an die Kantone stelle und nicht imstande sei, Vorauszahlungen zu leisten und für die wenigen Lernenden aus dem Wallis die ganze Auszahlungssystematik zu ändern – aber der Antrag werde nochmals im Vorstand diskutiert.

Vorstand und Geschäftsführer wurden danach ebenfalls einstimmig entlastet.

Was die Festsetzung der Jahresbeiträge 2018/2019 angeht, so wurde vorgeschlagen, dies auf demselben Niveau zu behalten. Ein Votum, doch die Beiträge zu reduzieren, um mehr Mitglieder anzuziehen, entkräftete Kunz damit, dass die Beiträge seit 20 Jahren gleich seien und nicht der Teuerung angepasst wurden, bei steigendem Leistungsangebot von Seiten des Verbands. In der Abstimmung wurde dann mit nur einer Gegenstimme das Festhalten der Mitgliederbeiträge entschieden.

Zum Budget 2018/2019 erläuterte Kunz, dass man mit einem minimalen Rückgang der Mitgliederbeiträge rechne und etwas erhöhten Kosten für das Sekretariat. Fragen hierzu gab es nicht; das kommende Budget wurde einstimmig genehmigt.

Es gab natürlich auch noch (Wieder-) Wahlen: Vorstandsmitglied Martin Wittwer (CEO TUI Suisse), seit November 2000 im SRV-Vorstand, stellte sich für drei weitere Jahre zur Verfügung und wurde erwartungsgemäss im Amt bestätigt. Wittwer ergriff nach der Wahl noch das Wort und nannte sich einen widerwilligen «Sesselkleber» - er mache weiter, um weiter «gemeinsam die Branche verändern zu können». Ihm zufolge gebe es zu viele technokratische Themen und zu viel Klagen, und zu wenig Auseinandersetzung mit Veränderungsprozessen. Er möchte «Brücken bauen», statt Besitzstandswahrung zu betreiben – also konstruktive Ansätze verfolgen, auch auf internationaler Ebene mit den anderen Verbänden. Ausserdem sei er wegen der kompetenten Führung von Max. E. Katz nochmals mit dabei – worauf Katz entgegnete, er wäre «ohne die CEOs der Grossen auch nicht dabei».

Vizepräsident Stéphane Jayet nahm dann kurz das Wort, um die Erneuerungswahl von Präsident Max E. Katz (seit 10.11.2012 Präsident) zu leiten. Dieser wurde natürlich auch ohne Gegenstimmen für weitere 3 Jahre wiedergewählt. Zu guter Letzt wurde auch die Revisionsstelle - RVS AG, Schaffhausen – einstimmig bestätigt.

«Future of Travel Agency»

Nach einer kurzen Pause ging es mit der engagierten Präsentation der Studie «Future of Travel Agency» durch Dr. Monika Bandi Tanner von der Universität Bern weiter. Sie erklärte, dass sie Ideen für den Transformationsprozess im Reisebüro geben könne, jedoch müsse jedes Reisebüro letztlich das für sich stimmende «Rezept» finden. Unternehmergeist sei gefordert! Jeder solle sich die Frage stellen: Wie geht es jetzt mit meinem Reiseunternehmen weiter?

Ziel des Projekts «Future of Travel Agency» war das Ableiten von Management-Tools zuhanden der Reisebüros. Seltsames zum Einsteig: Das Volumen der Reisenden hat sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt. Tourismus ist eine Wachstumsbranche, mit eigentlich gleich gebliebenen Ansprüchen der Reisenden hinsichtlich der Ferienmotivation! An diesem Wachstum partizipiert jedoch die «klassische» Reisebranche kaum.

Welche Dienstleistungen verhindern, dass Reisebüros vom Markt verschwinden? Die Antworten sind klar: Diese müssen eine Zeitersparnis ermöglichen. Denn Kunden können sich im Prinzip alles selber zusammenstellen. Digitale Fitness ist deshalb der Schlüssel für Agenten: Wer schnell und sicher Reisen organisieren kann, ermöglicht die besagte Zeitersparnis. Sie müssen ferner auch vertrauenswürdig sein. Sprich: Ihre Kompetenzen klarmachen. Bandi Tanner zeigt diverse Typologien von Reisebüros auf und hält fest: Das Reisebüro, das universell jedes Bedürfnis bedienen will, hat wohl ausgedient.

Man solle deshalb zwingend eine Typologie des eigenen Reiseunternehmens definieren: Wer ist die Zielgruppe? Was wird angeboten? Wie muss das Reisebüro aussehen? Will ich Abenteurer ansprechen, auf Preisattraktivität setzen, auf Geschäftsreisende, auf Luxus, auf bestimmte Destinationen oder Ferienaktivitäten wie Wandern? Wenn man sich für eine Kernkompetenz entscheidet, muss man darin top sein – besser als Google & Co. Und das beginnt schon beim ersten Eindruck, also dem Erscheinungsbild des Reisebüros.

Zur Erinnerung: Aktuell werden in Deutschland 42 Prozent der Reisebuchungen online getätigt. Bis 2025 dürfte dieser Anteil schon bei 66 Prozent liegen. Die Megatrends im Reisesektor sind eine weiterhin zunehmende Individualisierung des Angebots bzw. der Nachfrage, eine zunehmende Digitalisierung, und demografischer Wandel – wie bediene ich die einzelnen Altersgruppen, etwa eine zunehmend ältere Kundschaft? Weitere Megatrends: Gesundheit, Nachhaltigkeit und eine zunehmende Sorge vor Bedrohungen und Risiken – etwa Airline-Pleiten. Wer hier Lösungen bieten kann, gewinnt.

Digitale Leistungen betreffen drei Aspekte: Interaktion Reisebüro/Gast, Daten («kümmert sich jemand um Datenschutz und generelle Datenthemen?») und neue Technologien. «Hier gilt es, seine Hausaufgaben zu machen und sich mit den digitalen Herausforderungen auseinanderzusetzen, welche die Geschäftsmodelle beeinflussen.» Neue Systeme sind auch Chancen, und «digital skills» verbessern den Zugang zum Kunden und es wird verhindert, dass man solche outsourcen muss, was kostenintensiv ist.

Klar ist also, dass es primär ein «in sich gehen» braucht und der Handlungsbedarf in diversen Themen identifiziert wird. Das kann man anhand von SWOT-Analysen machen («strengths, weaknesses, opportunities, threats»). Anschliessend soll man sich auf folgende acht Themen konzentrieren, um langfristig den Erfolg zu sichern.

Wichtig sind:

  1. Kundenorientierung
  2. Brand
  3. Marketingmix
  4. Digitalisierung
  5. Datenschutz
  6. Human Resources
  7. Partnerschaften
  8. Nettorendite

Ab kommender Woche wird dann die gesamte Studie auf der SRV-Webseite verfügbar (im geschützten Mitgliederbereich). Zum Abschluss des offiziellen GV-Teils folgte noch ein Gastreferat von Borris Brandt, Geschäftsführer AIDA Entertainment in Hamburg. Am Nachmittag wird es mit Workshops weitergehen. Travelnews.ch wird Sie auch darüber auf dem Laufenden halten.

Diverses

Nach den Sponsoren-Verdankungen folgte noch das Traktandum «Diverses». Dabei ergriff Hans Wiesner das Wort und begrüsste die Wahl des nächsten GV-Orts und hofft, inskünftig wieder zwischen nahen und ferneren Austragungsorten zu alternieren. Worauf Max E. Katz entgegnete, dass es eigentlich günstiger sei, im Ausland die GV durchzuführen, doch sei man auch um Nachhaltigkeit bemüht.

Weiter monierte Wiesner, dass beim Garantiefonds der Schweizer Reisebranche die für den Stiftungsrat aufgewendete Summe des Gesamtbeitrags von Seiten der Reiseunternehmen «viel zu hoch» sei – ein Votum, das direkt an Garantiefonds-Chef Stefan Spiess weitergeleitet wurde. Dieser hielt fest, dass in der von Wiesner genannten Zahl nicht nur Entschädigungen beinhalten, worauf Wiesner wiederum entgegnete, er wünsche sich dort «mehr Transparenz».

Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass man mehr Marketing in eigener Sache betreiben könnte. Walter Kunz erinnerte an die Werbekampagnen vergangener Jahre und daran, dass man die Mitglieder beitragsseitig damit nicht weiter belasten wolle. Zudem sollten auch die Mitglieder vermehrt auf das SRV-Logo in ihrer Korrespondenz setzen, um ihren Teil beizutragen.