Travel Tech

Und plötzlich durchbrach ein Retweet die Stille

Tom Brühwiler

«Austauschbar und wenig inspiriert»: Tom Brühwiler hat die Twitter-Performance der zehn Reiseunternehmen untersucht – und die Antwortzeiten getestet.

Wie aktiv bewegen sich die zehn Reiseunternehmen auf Twitter? Mit welchen Botschaften nutzen sie die Plattform? Und liefern sie auch Antworten auf die Anfragen der Twitter-Gemeinde? In welcher Antwortzeit? Wie haben uns die Performance der zehn Reiseanbieter näher angeschaut und getestet.

Swiss

(@FlySwiss 186'000 Follower, Antwortzeit*: 7 Minuten)

Die Fluggesellschaft Swiss ist mit über 186’000 Followern der zahlenmässige Star unter den zehn beleuchteten Twitteraccounts. Die Airline liefert auf Twitter nicht nur Unterhaltung, sondern vor allem auch Kundensupport. Auch wenn Antworten auf Anfragen schon mal länger als die 7 Minuten Antwortzeit in unserem Test dauern können: Swiss beantwortet Fragen und Beschwerden rund um die Uhr. Etwas auffallend sind dabei jedoch die immergleichen Textbausteine, die bei bestimmten Fragestellungen eingesetzt werden. Die Fluggesellschaft bedient Twitter mit einem guten Gesamtmix und begleitet Events, wie zum Beispiel Pressekonferenzen oder die Einflottung der neuen Bombardier CS100 jeweils live mit Bildern, Videos und anderen relevanten Informationen. Sympathisch auch, dass die Airline bei Bildern nicht nur auf hochglanzpolierte, professionell bearbeitete Fotos setzt, sondern sich nicht scheut, auch nicht ganz optimale Bilder oder Videos aus der eigenen Perspektive zu veröffentlichen. Auffallend: Sonderangebote publiziert die Fluggesellschaft auf einem eigenen Twitterkanal (@FlySwiss_CH).

Schweiz Tourismus

(@MySwitzerland_d, 26'200 Follower, Antwortzeit*: 47 Minuten)

Die Schweizer Tourismusmarketingorganisation nutzt die ganze Social-Media-Klaviatur auf Twitter. Starke Bildakzente wechseln sich ab mit einem guten Community-Involvement. Die Twitter-Follower werden mit schönen emotionalen Inhalten zum Reiseland Schweiz versorgt. Einzig Retweets in eigener Sache werden manchmal übertrieben. So wurden allein am 9. August 18 Tweets eines weiteren Schweiz Tourismus-Accounts retweetet, dazu kommen vier weitere reguläre Tweets. Wer @MySwitzerland_d folgt, wird damit regelrecht von Inhalten überflutet. Das kann schnell auch einmal zuviel werden.

Mövenpick Hotels & Resort

(@MovenpickHotels, 20'400 Follower, Antwortzeit*: 107 Minuten)

Bei der Content-Strategie der Mövenpick Hotels lässt sich zwischen Facebook und Twitter so gut wie kein Unterschied entdecken. Jeder Twitter-Beitrag lässt sich in fast derselben Reihenfolge auch auf Facebook finden. Eigene, exklusive Twitter-Inhalte sind nicht vorhanden, lediglich einige Retweets anderer Mövenpick-Account sind zu finden. Die veröffentlichten Tweets laden Follower wenig zur Interaktion ein, was sich auch im Involvement der Community zeigt. Unsere Test-Anfrage wurde in 107 Minuten beantwortet, was durchaus ok ist. Ausserdem reagiert Mövenpick freundlich und rasch auf Beschwerden von Gästen.

Kuoni Schweiz

(@swisskuoninews, 2'142 Follower, Antwortzeit*: 49 Minuten)

Dem Account des Reiseveranstalters Kuoni Schweiz, der unlängst von der deutschen REWE Group/DER Touristik übernommen wurde, merkt man an, dass Twitter – etwa im Vergleich mit Facebook – auf der Prioritätenliste weit nach unten gerutscht ist. Während der Account bis Ende 2015 regelmässig und mit einem guten Mix gepflegt wurde, ist seit diesem Jahr nur noch wenig Kontinuität auf Twitter zu sehen. Ganze 12 Tweets (inklusive der Antwort auf unsere Test-Anfrage) wurden seit Beginn dieses Jahres auf dem Kanal veröffentlicht. Auf Interaktion mit der Community (etwa aktives Involvement durch Retweets oder ähnliches) wurde bis auf eine Ausnahme vollständig verzichtet. Es scheint fast so, als sei Kuoni Schweiz mit den Unsicherheiten in Bezug auf den Fortbestand des Unternehmens auch die Twitter-Strategie abhanden gekommen. Dafür lobenswert: Unsere Test-Anfrage wurde in der guten Zeit vom 49 Minuten beantwortet.

Hotelplan Suisse

(@Hotelplan_D, 1’981 Follower, Antwortzeit*: 237 Minuten)

Auch bei Hotelplan lassen sich wenig Unterschiede in der Content-Strategie zwischen Facebook und Twitter erkennen. Die Texte und Bilder der Tweets finden sich auch auf Facebook. Eigene, exklusive Twitter-Inhalte sind nicht vorhanden. Ganz allgemein wirkt der Account mit seinen hochpolierten Bildern zudem etwas glatt, austauschbar, was durch die eher lustlosen Texte noch akzentuiert wird. Die Antwortzeit von fast vier Stunden auf unsere Test-Anfrage ist zwar nicht top, aber durchaus ok.

TUI Suisse

(@TUISuisse, 1’410 Follower, Antwortzeit*: 55 Minuten)

Die Twitter-Accounts von TUI Suisse und Hotelplan sind in der Bildsprache sehr ähnlich. Auch bei TUI finden sich die klassischen, hochpolierten Bilder, die schnell einfach nur langweilig werden. Dazu wenig inspirierte Texte, wie “Mit  aus dem #Oman”, “Wish we were here #Karibik” oder gar “Wir sind strandreif! Wer noch? #Dubai”. Und selbst wer strandreif ist: Der Link zum im hochglanzpolierten Bild gezeigten Hotel fehlt leider gänzlich. Eigentlich schade, denn die Antwortzeit auf die Test-Anfrage war mit 55 Minuten gut, der Twitter-Kanal wird also offensichtlich gemonitort.

Helvetic Airways

(@Helvetic_de, 556 Follower, Antwortzeit*: Keine)

Der Twitter-Account von Helvetic Airways ist erst kürzlich aus einem Dornröschenschlaf erwacht. Fast 5 Jahre herrschte auf dem Profil Funkstille, bevor am 11. Mai 2016 ein Retweet plötzlich die Stille durchbrach. Seither folgten sieben weitere Tweets, unter anderem mit Sugus und Appenzeller Mineral, die neu an Bord der Airline erhältlich sind, sowie Fotos aus dem Hangar, mit einem Pokemon und ein kryptischer Tweet über eine Fussballmannschaft an Bord. Alles noch sehr unstrukturiert, wenig durchdacht und zu unregelmässig. Dass unsere Test-Anfrage unbeantwortet blieb deutet zudem darauf hin, dass hier nur sporadisch jemand an Twitter denkt.

Bentour Reisen

(@BentourSwiss, 206 Follower, Antwortzeit: Keine)

Schlusslicht auf Twitter ist Bentour. Der Türkeispezialist bietet keine twitter-eigenen Inhalte, sondern veröffentlicht lediglich automatisiert auf Twitter gepostete Links zu Facebook-Inhalten des Unternehmens. Erstaunlicherweise führen viele dieser Links nicht zu Inhalten, sondern zu einer Fehlerseite. Der Twitter-Auftritt wird auch nicht überwacht, unsere Testanfrage blieb deshalb unbeantwortet. Fehlende Betreuung und die daraus mangelnde Interaktion zeigen ihre Wirkung: 206 Follower ist die geringste Zahl an Interessierten im Vergleich der auf Twitter aktiven und hier beleuchteten Tourismusunternehmen.

Ausser Konkurrenz, aber erwähnenswert

(@globetrotter_ch, 689 Follower)

Zwar betreibt der Reiseveranstalter Globetrotter offiziell keinen Twitter-Auftritt. Unter @globetrotter_ch findet sich dennoch ein Twitter-Konto, das von Verwaltungsratspräsident André Lüthi jedoch vorwiegend privat benutzt wird. Der Account läuft deshalb in diesem Vergleich ausser Konkurrenz.

Und keinen Twitter-Account betreibt Knecht Reisen.

Fazit

Bis auf wenige Ausnahmen wirken die hier beleuchteten Tourismusunternehmen auf Twitter ziemlich farblos, ja zu grossen Teilen austauschbar. Swiss und Schweiz Tourismus sind eindeutig an der Spitze und machen grundsätzlich einen guten Job, auch wenn es da und dort noch Verbesserungspotential gäbe.

Hotelplan, TUI Suisse und Mövenpick haben die Wichtigkeit von Social Media erkannt, messen Twitter aber offensichtlich eine untergeordnete Rolle zu. Man ist zwar präsent und postet regelmässig Inhalte, diese sind aber wenig auf die einzelnen Kanäle abgestimmt und wirken bei genauerem Hinsehen doch eher lustlos. Vermisst habe ich hier insbesondere einen persönlicheren Touch, vielleicht auch mal ein Blick hinter die Kulissen, so dass die Marken (und Bilder!) weniger auswechselbar wirken.

* Die Antwortzeiten wurden gestern Nachmittag mit je einer Frage an den jeweiligen Twitter-Account ermittelt und sind damit keinesfalls repräsentativ, sondern stellen eine Momentaufnahme dar.

Die gesamte Social-Media-Serie von travelnews.ch im Überblick.

Und lesen Sie morgen zum Schluss der Social-Media-Serie:

Weg vom Kanalblick: So spielen die einzelnen Social-Media-Kanäle zusammen.