Ferienland Schweiz

Feuer-Freigabe bei Schweiz Tourismus: Jetzt kann ST-Direktor Martin Nydegger in die nächste Kommunikationsphase treten. Bild: TN (August 2019)

«Wir werden uns während den Ferien an die neuen Regeln gewöhnen»

Gregor Waser

Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus, beurteilt im Interview mit Travelnews die jüngsten Lockerungen des Bundesrats und sagt, wie Ferien in der Schweiz nun in der Praxis ausschauen.

Herr Nydegger, was sagen Sie zu den gestrigen Lockerungen des Bundesrats?

Martin Nydegger: Wir waren am Sonntag in Bern beim Bundesrat zum zweiten Tourismusgipfel. Uns wurde dabei in Aussicht gestellt, dass wir nicht enttäuscht sein werden. Heute darf ich festhalten, wir sind nicht enttäuscht. Im Gegenteil – es sind sogar weitere Elemente dabei, die mich sehr positiv stimmen. Wir haben mit dem 6./7. Juni ein zusätzliches Weekend geschenkt erhalten. Was für den Bundesrat und die Bevölkerung ein Detail sein mag, ist für uns in der derzeitigen Lage keine Banalität und hat eine grosse Wirkung. Auch die Ausweitung der Versammlungsgrenze bis 300 Personen ist für uns relevant, weil in vielen touristischen Regionen die Leute miteinander Erlebnisse verbringen.

Was heissen nun diese Schritte für Ihre Vermarktungsmöglichkeiten?

Das Grand Opening der touristischen Infrastruktur startet am 6. Juni. Für uns heisst das nun: Feuer-Freigabe! Wir werden mit der Kommunikation jetzt so richtig durchstarten. Wir konnten bisher bei der bundesrätlichen Message «Bleiben Sie zuhause» nur mit der Botschaft «Dream now, travel later» kommunizieren. In den letzten zehn Wochen haben wir dabei 15 Millionen Kontakte via Social Media erreicht. Nun können wir aber mit der nächsten Phase starten, «Wir brauchen Schweiz» – zunächst richten wir uns an die Schweizer Gäste, dann bald auch an die ausländischen Gäste. Die Grenzöffnungen stehen nun ja auch an.

Hätten Sie nicht lieber geschlossene Grenzen gehabt? Dann würden wohl noch mehr Schweizer an die Bergseen reisen.

Nein, nein, wir haben kein Interesse an geschlossenen Grenzen und sind überhaupt nicht protektionistisch unterwegs. Wenn Schweizer ins Ausland reisen möchten, sollen sie dies machen. Schweizer sollen bei uns nicht aus Mitleid oder wegen geschlossener Grenzen Ferien machen, sondern aus Überzeugung.

Wie werden denn nun Ferien in der Schweiz in der Praxis ausschauen?

Zusammengefasst würde ich sagen, wir werden in diesem Sommer Ferien in der Schweiz machen, in der Art, wie wir in die Migros oder den Coop gehen, um einzukaufen. Wir können es machen, aber es gibt gewisse Restriktionen und besondere Regeln, die wir einhalten. Trotz solcher Einschränkungen gehen wir ja trotzdem einkaufen und die Rechnung bleibt gleich hoch. Und diese neuen Regeln – Abstand halten, Hände desinfizieren – werden ja langsam zur Normalität. Wir werden uns auch während den Ferien daran gewöhnen.

«Bergbahnen, Restaurants oder Schifffahrten am besten vorreservieren»

Was raten Sie den Gästen für die Sommerferien?

Das beste Reiseerlebnis in diesem Sommer dürfen Gäste dann erwarten, wenn sie sich vorab informieren und Bergbahnen, Restaurants oder Schifffahrten reservieren. Weiter möchten wir bei den Leuten Bedenken ausräumen. Deswegen haben wir das Label «Clean & Safe» lanciert, da können die Gäste sicher sein – wo Schutzkonzept draufsteht, ist Schutzkonzept drin.

Wie schauen denn nun Ihre Erwartungen bei den Gästezahlen aus?

Das ist die Gretchenfrage. In Prozenten können wird das noch nicht sagen. Es gilt zwei Barrieren zu überwinden, die physische und die mentale. Die physische Barriere wird langsam aufgehoben, mit den sich öffnenden Grenzen. Was bleibt ist die mentale Barriere. Die Frage stellt sich, ob die Leute nicht nur reisen können, sondern auch reisen wollen. Zunächst werden sicherlich Ausflüge getätigt, dann Kurzferien, in einer dritten Phase längere Ferien in der Schweiz. In einer vierten Phase kommen dann ausländische Ziele wieder hinzu. Das ist ja dann nicht unser Geschäft, sondern das der Reisebüros. Dass der Schengen-Raum am 6. Juli voraussichtlich öffnet, ist für die Outgoing-Branche, in der ich zahlreiche Freunde habe, erfreulich.

Wie beurteilen Sie die Ausgangslage für die Schweizer Städte?

Die Städte sind meine grosse Sorge. Wir sind mit Hochdruck daran, uns Gedanken zu machen. Zwei Beschlüsse von gestern helfen zweifellos. Am 6. Juli können auch Ausländer wieder in die Schweiz kommen. Und da es vor allem Ausländer sind, die die städtischen Hotels füllen, ist das schon mal sehr wichtig. Auch die Lockerung des Versammlungsverbots hilft. Stadthotels können nun wieder Seminare organisieren. Übrigens halten wir bei Schweiz Tourismus unsere GL-Strategiesitzung vom 8. bis 10. Juni in Genf ab – dies auch als Zeichen, dass Meetings in Städten wieder möglich sind.

Das Parlament hat 20 zusätzliche Millionen gesprochen. Wie konnten diese Gelder bisher eingesetzt werden?

Am 6. Mai hat das Parlament diesen Extra-Push gesprochen. Und gestern am 27. Mai haben wir mit den ersten Massnahmen bereits losgelegt. Innerhalb von drei Wochen haben wir eine 20-Millionen-Kampagne gestemmt und vorbereitet. Das zeigt in Richtung der Adresse des Parlaments, mit Schweiz Tourismus ist ein Hebel da, bei dem man auf den Knopf drücken kann und wenige Wochen danach passiert auch etwas.