Karriere

Rote Kleidung ist ihr Markenzeichen: Direktorin Hanna Rychener-Kistler hat aus der IST eine Top-Adresse in der Schweizer Bildungslandschaft gemacht. Bild: TN

«Wir haben bislang schon über 1200 Diplome verliehen»

Jean-Claude Raemy

Hanna Rychener ist das Herz und die Seele der IST, Höhere Fachschule für Tourismus. Sie stellt bei uns ihr «Lebenswerk» und dessen Werdegang vor.

Die IST, Höhere Fachschule für Tourismus hat einen festen Platz in der Schweizer Bildungslandschaft und geniesst einen hervorragenden Ruf. Doch die Schule hat auch schwierige Zeiten hinter sich. Schuldirektorin Hanna Rychener gibt Einblick in die bewegte Geschichte der Schule: «Eigentlich ist die IST keine Neugründung, sondern ging von der Schweizer Schule für Touristik (SST) hervor, welche 1987 gegründet wurde und ein Teil der Schweizerischen Schule für Touristik und Hotellerie (SSTH) in Passugg war.» Die Schule war Ende der 80er Jahre im Zürcher Stadtteil Wollishofen angesiedelt und kam nicht richtig vom Fleck, und suchte Ende 1991 jemanden, der «den Karren aus dem Dreck zieht». Die Akademikerin Hanna Rychener (lic. Phil. I und Höheres Lehramt) hatte bis dahin eine Tourismuskarriere eingeschlagen und war bereits als Flugbegleiterin sowie als Reiseleiterin und Product Managerin für unterschiedliche Destinationen bei Kuoni tätig gewesen, zuletzt unter CEO Hans Lerch. Als sie sah, dass es für sie keine Zukunft mehr bei Kuoni gab, bewarb sie sich für den Job als Direktorin bei der SST und erhielt diesen auch.

«Ich fand 1992 einen totalen Scherbenhaufen vor», erinnert sich Rychener, «die SSTH wollte sich zudem von der Schule trennen und suchte einen Käufer.» Da die Schweizer Reiseveranstalter kein Interesse zeigten, ging man im Ausland auf Investorensuche und würde fündig: Der Niederländer Andreas van der Kaaij, welcher selber in seiner Heimat zwei Tourismusfachschulen betrieb, übernahm die SST.  Um sich von der SSTH abzugrenzen, erfolgte dann bereits 1993 die Umbenennung in IST. Hanna Rychener blieb Direktorin und wurde von van der Kaaij mit allen Freiheiten ausgestattet.

Schwierige Jahre im ersten Jahrzehnt des neues Jahrtausends

Dennoch musste sie zunächst hartes Brot essen. Zunächst einmal musste sie um die Anerkennung des BIGA (Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit) einholen. Zwischenzeitlich, 1995, erfolgte aber noch der Umzug an den jetzigen Standort, der Josefstrasse 59 im Kreis 4, unweit des Zürcher Hauptbahnhofs. «Das Gebäude gehörte vorher der inzwischen nicht mehr existierenden Bank Leu», so Rychener, «wir erhielten gute Konditionen und konnten innerhalb des Gebäudes seither auch wachsen.» Als die BIGA-Anerkennung dann 1997 in der Tasche war, ging es richtig bergauf mit der Schule. Van der Kaaij verkaufte – an Hanna Rychener. Dank hohem Bildungsbedarf und einem Wirtschaftsboom in den späten 90ern ging es zunächst richtig gut.

Doch dann kam 2005 das Bologna-Abkommen, also eine internationale Hochschulreform, welche Studiengänge und –abschlüsse harmonisierte. «Das führte zu einem grossen Knick in der Nachfrage», da plötzlich überall Fachhochschulen entstanden, welche zudem noch die Bildungs-Fördergelder von Bund und Kantonen erhielten. Alle Höheren Fachschulen wie die IST litten. Rychener stellt aber klar: «Die IST erhielt als Privatschule nie Subventionen, im Gegensatz etwa zu Mitbewerberschulen in der Innerschweiz oder in Graubünden.»

Vorwärtsstrategie trotz Problemen

Was tat Rychener in dieser schweren Zeit? Sie drückte aufs Gaspedal. Zum einen wurde diversifiziert. Konkret: Nebst dem Vollzeit-Lehrgang wurde ein neuer, berufsbegleitender Teilzeit-Lehrgang eingeführt. 2008 folgte die Eröffnung einer Filialschule in Lausanne.  «Nachdem sich die Tourismuschule in Siders als Fachhochschule platzierte, gab es aus meiner Sicht ein Vakuum im Bereich Höhere Fachschule in der Romandie», begründet Rychener die damalige Expansion. Die sollte sich als richtig erweisen: Lausanne stellt heute ein Drittel der Studierenden und des Umsatzes der IST.

Auch sonst meisterte die IST unter Rychener die Umstellungen gut. 2009 wurde der Verwaltungsrat neu aufgestellt. Im selben Jahr konnte Rychener mit Hans Lerch und ihrem späteren Ehemann Stephan Kistler zwei weitere Investoren an Bord (und in den Verwaltungsrat) holen. Ihre gute Verankerung in der Branche und die – bis heute anhaltende – umfassende Netzwerkpflege kamen ihr klar zugute.

Das «Ende der schweren Zeit» kam dann 2013, mit einer weiteren Reform im Bildungsbereich: Die Höhere Fachschul-Vereinbarung (HFSV) führte zur Gleichstellung aller Bildungsstätten. Dank dieser erhält die IST seit 2015 nun ebenfalls Zuschüsse von Bund und Kanton. «Damit konnten wir das Schulgeld halbieren und sind nun gleich günstig wie unsere Mitbewerber», frohlockt Rychener, welche unterstreicht, dass man sich zuvor mit einem qualitativ besseren Bildungsangebot von der Konkurrenz abheben musste, um die höheren Gebühren zu rechtfertigen. Heute sei die IST «immer noch besser, aber nicht mehr teurer», sagt Rychener selbstbewusst.

Top-Positionierung unter den Tourismusschulen

Heute läuft es bei der IST richtig rund. Seit 2015 hat die IST rund 20% mehr Studierende aufnehmen können. Besuchten zum Start 1992 noch 69 Studenten die IST, sind es 2017 bereits 335 Studenten (Zürich und Lausanne zusammengenommen). Damit ist die IST nicht nur die grösste Tourismus-Fachschule der Schweiz, sondern auch die einzige Schule mit Standorten in beiden Sprachregionen, und weiterhin auch die einzige, welche die Wahl zwischen Vollzeit- und Teilzeitstudium bietet. Einen grossen Vorteil hat die IST zudem dank ihren Standorten in zwei grossen Städten und dort jeweils nahe an den Bahnhöfen. «Das bringt auch mehr hoch qualifizierte Dozierende», weiss Rychener.

Die Bilanz? «Bisher haben wir bereits über 1200 Diplome verliehen», erklärt Rychener stolz. Genau genommen wurden davon 90 in Lausanne und 1153 in Zürich verliehen. Was zunächst nach wenig klingt, wird schnell eindrücklich, wenn man bedenkt, dass ein Studiengang drei Jahre dauert und die «Dropout-Rate» (also die Anzahl jener Schüler, welche einen Studiengang abbrechen bzw. nicht abschliessen) laut Rychener bei 10-15% liegt. In diesem Zusammenhang stellt Rychener fest, dass die Dropout-Rate heute leicht höher sei, «weil viele Millennials lieber dies und das ausprobieren, statt etwas durchzuziehen». Grundsätzlich ist sie aber sehr zufrieden mit ihrer Schülerschaft und hält fest, dass es schliesslich auch die Mission der IST sei, «junge Menschen mit guter Theorie und viel Praxis in die Arbeitswelt des Tourismus zu entlassen.» Hierfür bereitet sich Rychener nun darauf vor, ihr «Baby» fit für die weitere, langfristige Zukunft zu machen.

(Dieser Artikel bildet den Auftakt zum DOSSIER «Ausbildung im Tourismus» und entstand in Zusammenarbeit mit der IST, Höhere Fachschule für Tourismus)