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Fliegen galt einst als Inbegriff von Geschwindigkeit – doch heute sind wir in der Luft etwas gemächlicher unterwegs. Travelnews beleuchtet, warum das so ist. Bild: Swiss

Gute Frage Warum fliegen Passagierflugzeuge langsamer als früher?

Schneller ist nicht immer besser – zumindest in der Luftfahrt. Moderne Passagierflugzeuge fliegen heute langsamer als frühere Modelle. Weshalb das so ist? Travelnews klärt auf.

Fliegen ist heute komfortabler, sicherer und effizienter als je zuvor – doch eines hat sich über die Jahre verändert: die Geschwindigkeit. Wer in den 1970er-Jahren mit einer Boeing 747 unterwegs war, kam oft schneller ans Ziel als mit einem modernen Langstreckenjet im Jahr 2025. Warum also sind Passagierflugzeuge heute langsamer als früher? Liegt es an der Technik, den Airlines oder einfach an der Wirtschaftlichkeit?

Christoph Regli, Studiengangleiter Aviatik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Linienpilot, erklärt auf Anfrage, dass es nicht nur um das technisch Machbare geht sondern auch um wirtschaftliche und ökologische Überlegungen.

«Schnellere Flugzeuge weisen eine wesentlich komplexere Bauweise auf – hierzu darf man sich gerne mal die beiden Concordes im Musée de l’Air et de l’Espace in Paris Le Bourget anschauen gehen», sagt er. Tatsächlich brachte die extreme Geschwindigkeit der Concorde grosse technische Herausforderungen mit sich. Die Flugzeugnase erhitzte sich bei doppelter Schallgeschwindigkeit auf über 120 Grad Celsius, was zu einer Ausdehnung des Rumpfes um fast 18 Zentimeter führte. «Man kann sich vorstellen, dass dies den Bau derart schneller Flugzeuge vor erhebliche Herausforderungen stellte», so der Experte.

Langsamer fliegen, effizienter reisen

Ein neuer Airbus A350 kann in der Theorie bis zu 90 Prozent der Schallgeschwindigkeit erreichen. Geflogen wird jedoch deutlich langsamer. Der Grund? Effizienz. «Es stehen sowohl ökonomische wie auch ökologische Überlegungen hinter der Wahl der Reisefluggeschwindigkeit», erklärt Regli. Je nach Windverhältnissen, Luftdruck und Temperatur kann eine reduzierte Geschwindigkeit erhebliche Treibstoffeinsparungen bringen – was sowohl für die Airlines als auch für die Umwelt vorteilhaft ist.

Treibstoff ist nicht nur der grösste Kostenfaktor für Fluggesellschaften, sondern auch eine zentrale CO₂-Quelle. «So führen sowohl der Kostendruck wie auch der Umweltgedanke zu tieferen Reisegeschwindigkeiten», sagt der Aviatik-Experte. Weniger Geschwindigkeit bedeutet zudem geringere Triebwerksbelastung, was sich positiv auf die Wartungskosten und die Lärmemissionen auswirkt.

Die Luftfahrtindustrie setzt zunehmend auf modernere Triebwerke, die den Treibstoffverbrauch weiter optimieren. Eine technische Innovation sorgt dafür, dass die verschiedenen Teile des Triebwerks mit ideal abgestimmten Geschwindigkeiten betrieben werden können. «Diese Technologie ermöglicht es, den Treibstoffverbrauch zu senken, ohne dass Flugzeuge noch langsamer fliegen müssen», so Regli. Langfristig werde sich die Reisegeschwindigkeit daher wohl nicht weiter verringern.

Gibt es ein Comeback des Überschallflugs?

Trotz aller Effizienzgedanken gibt es Unternehmen, die wieder an Überschalljets arbeiten. Ein Beispiel ist die «Overture» von Boom Supersonic. Doch Regli bleibt skeptisch: «Dieses Angebot wird mutmasslich eher als Nischenmarkt im Premium-Segment angesiedelt sein, und die Frage, ob damit die Umweltvorgaben eingehalten werden können, muss noch offen bleiben», sagt er. Zudem stellen derartige Jets eine Herausforderung für die Flugsicherung dar, da sie an normalen Verkehrsflugzeugen vorbeigelotst werden müssen.

«Bei den meisten, kürzeren Flügen dauern die Anfahrt zum Flughafen, die Gepäckaufgabe, die Sicherheitschecks und der Weg zum Gate ohnehin länger, als mit einer etwas erhöhten Reisegeschwindigkeit an Zeit eingespart werden könnte», so Regli. «Ich denke, dass wir gerade in diesem Teil des Flugerlebnisses noch ein grosses Potenzial haben, das genutzt werden könnte.»

Sein Fazit? Wer im Flugzeug sitzt, kann die Zeit ohnehin nicht gross beeinflussen – also lieber entspannen und abschalten. «Geniessen wir doch die zusätzlichen Minuten im Flugzeug, wo man sich sicher fühlen darf, von der Kabinenbesatzung verwöhnt wird und nicht ständig durch E-Mails oder Anrufe gestört wird!»

(RSU)