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Durchsagen an Bord sind kein Grund zur Beunruhigung. Die Besatzung wird Ihnen Sicherheitshinweise geben – nicht, weil sie einen Zwischenfall erwartet, sondern weil es vorgeschrieben ist. Bild: Juan Carlos Cajahuaman

Wenn's rüttelt, ist alles in Ordnung

Im Flugzeug wartet viel Fremdes. Wer Geräusche und Gerüche einordnen kann, reist stressfrei. Die Checkliste für Passagiere mit Flugangst.

Viele Passagiere fühlen sich beim Fliegen unwohl. Die Angst kommt vor dem Start und endet erst mit dem Aussteigen. Dabei sind Flugzeuge das sicherste Verkehrsmittel überhaupt. Fluggäste, die wissen, was da gerade rumpelt oder jault, können sich entspannt zurücklehnen: Alles in Ordnung! Wir erklären Geräusche und Bewegungen an Bord. Lesen Sie diese Checkliste doch einfach zu Beginn des Fluges.

Etwa jeder dritte Passagier fühlt sich in der Flugzeugkabine unwohl, belegen Umfragen. Und unter echter Flugangst leidet jeder siebte. Dabei könnte man, rein statistisch, 82'500-mal um die Erde reisen, ohne dass etwas passiert. Jets absolvieren im Durchschnitt 29'000 Starts und Landungen ohne jeden Zwischenfall. Aber: Die Angst vor dem Fliegen hat mit Rationalität nichts zu tun. Dieser kleine Flug-Guide macht deutlich, was Sie unterwegs erwartet.

Bis zum Start

In der Kabine brummt es leise, obwohl das Flugzeug noch am Gate steht. Das ist die externe Stromversorgung, die die elektrischen Geräte – etwa die Klimaanlage – an Bord versorgt, solange der Pilot die Triebwerke noch nicht angelassen hat.

Die Triebwerke werden nacheinander mit Druckluft gestartet. Das spürt – und sieht – man vor allem bei Propellermaschinen.

Einige Hydraulikpumpen jaulen kurz auf, eventuell rüttelt das Flugzeug leicht. Das kommt vor, wenn die Cockpit-Besatzung die Leitwerke auf Funktion überprüft.

Es ruckt kurz. Ein Bugsier-Fahrzeug schiebt das Flugzeug rückwärts auf die Rollbahn.

Weisser Dampf kommt aus Schlitzen an der Kabinendecke? Keine Sorge, die Klimaanlage arbeitet jetzt auf vollen Touren und sorgt für frische und vor allem kühle Luft, was zu feinen Kondenstropfen führen kann, wenn sie im Sommer in eine aufgeheizte Kabine gelangt.

Jetzt fährt der Flieger aus eigener Kraft. Dabei poltert es ab und zu ein wenig: Die Reifen holpern jetzt über die Befeuerung, also über die kleinen Lampen in der Mitte der Rollbahn. Sie stehen zwar nur zwei bis drei Zentimeter hoch, sorgen aber für feste Stösse.

Durchsagen an Bord sind kein Grund zur Beunruhigung. Die Besatzung wird Ihnen Sicherheitshinweise geben – nicht, weil sie einen Zwischenfall erwartet, sondern weil es vorgeschrieben ist. Und wenn der Pilot den Flugbegleitern Anweisungen gibt, dann nur, um sie auf den unmittelbar bevorstehenden Start hinzuweisen.

Dingdong: Signale aus den Lautsprechern dienen dazu, Sie – oder die Crew – auf Ansagen oder Leuchtsignale hinzuweisen. Nicht immer sind diese Tonfolgen für Sie bestimmt.

Es zischt und vor den Fenstern sprüht Gischt? Dann wird der Flieger wahrscheinlich enteist. Im Winter werden von einer beweglichen Bühne aus warmes Wasser und grünlicher Frostschutz auf Tragflächen und Leitwerk verteilt. Das sorgt für noch mehr Sicherheit über den Wolken.

Die Triebwerke heulen auf, aber das Flugzeug bewegt sich nicht. Kein Wunder: Der Pilot steht auf den Bremsen. Er lässt die Turbinen ordentlich Schub geben, um möglichst rasch auf die Startgeschwindigkeit zu kommen.

In der Luft

Das Flugzeug rollt an, beschleunigt, hebt die Nase. Das Hauptfahrwerk hebt ab. Sie fliegen! Übrigens: Die Triebwerke arbeiten dabei nicht mit voller Leistung, sodass ausreichende Reserven bleiben, falls ein Aggregat ausfällt.

Es rumpelt und poltert unter Ihnen. Das ist das Fahrwerk, das kurz nach dem Start eingezogen wird. Ausserdem werden die Klappen zum Fahrwerksschacht geschlossen und verriegelt. Diese Klappen haben bei grossen Jets die Masse eines Scheunentores – klar, dass sie etwas Lärm machen.

Das Motorengeräusch wird leiser, denn die Leistung wird von der Start- auf die Steigleistung gedrosselt. Das geschieht manchmal recht plötzlich, ist aber kein Grund zur Besorgnis. Vielmehr nehmen die Piloten Rücksicht auf die Bevölkerung am Boden.

Die Hydraulikpumpen jaulen wieder, wenn die sogenannten Flaps eingezogen werden, die die Tragflächen vergrössern und für zusätzlichen Auftrieb sorgen. Ausserdem verändert sich das Fluggefühl; das liegt daran, dass die Tragflächen-Vergrösserungen eingefahren worden sind, der Jet in den Reiseflug übergeht.

Es gibt einen doppelten «Bing», aber die Anschnallzeichen leuchten weiter. Das Bordpersonal beginnt jetzt mit den Vorbereitungen für den Service.

Jetzt befindet sich die Maschine im Reiseflug, Getränke werden serviert, Sie dürfen sich abschnallen. Besser ist es jedoch, den Gurt immer angelegt zu lassen. Der Grund: Obwohl die Piloten mithilfe eines Wetterradars stürmische oder gewittrige Zonen umfliegen und der Autopilot jede Abweichung vom normalen Flugverhalten in Sekundenbruchteilen korrigiert, kann das Flugzeug von Turbulenzen erfasst werden. Besonders unangenehm für die Passagiere sind thermische Auf- und Fallwinde, die einen Jet durchaus mehrere hundert Meter nach oben oder unten versetzen können. Das Flugzeug hält das locker aus, auch wenn sich die Flügelspitzen um mehrere Meter verbiegen und die Triebwerke sich in der Aufhängung verdrehen. Damit werden die auftretenden Kräfte flexibel abgefedert.

Dann beginnt der Anflug auf den Zielflughafen, etwa 20 bis 30 Minuten vor der Landung. Sie merken, wie Sie leicht im Sitz angehoben werden. Die Triebwerke drehen gewissermassen im Leerlauf. Zugleich steigt der Luftdruck in der Kabine, das sorgt für leichtes Kopfweh. Halten Sie sich die Nase zu und versuchen Sie dann, Luft hindurchzupressen, bis Sie ein leichtes Knacken in den Ohren spüren. Damit gleichen Sie Druckunterschiede aus.

Landung

Nun werden die Landeklappen wieder ausgefahren, diese Geräusche kennen Sie ja bereits. Wechselnde Winde können Rauschen oder Heulen verursachen. Beim langsamen Flug in geringer Höhe treten bei feuchter Luft an den Flügelspitzen kleine Kondensstreifen auf – kein Grund zur Beunruhigung.

Das Triebwerk dreht mal höher und lauter, dann wieder ganz leise. Das liegt daran, dass im Cockpit das Tempo korrigiert wird, um die Landegeschwindigkeit möglichst genau zu erreichen.

Das Flugzeug schwebt über das Flughafengelände, dreht sich bei seitlichem Wind auch mal schräg zur Landebahn. So trifft der Pilot den Aufsetzpunkt exakt und ohne Risiko. Übrigens: Vor allem bei nasser Piste fällt das eigentliche Aufsetzen schon mal härter aus. Das liegt nicht daran, dass ein Anfänger am Steuerknüppel sitzt. Vielmehr geht es darum, Bremsklappen und Umkehrschub rasch zu aktivieren und so den Bremsweg zu verkürzen und die Maschine besser lenkbar zu machen.

Nach dem Aufsetzen dröhnen die Triebwerke noch einmal besonders laut auf. Nein, der Pilot startet nicht durch. Vielmehr wird ein Teil des Luftstroms an der Turbine leicht nach vorn geleitet, um das Abbremsen zu unterstützen.

Nun rollt die Maschine zu ihrer Halteposition, die Triebwerke kommen zum Stillstand. Jetzt können Sie aussteigen – hoffentlich ganz entspannt.

(MRE/SRT)