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Die jährliche «No-List» zeigt auf, welche Sehnsuchtsziele Reisende vorübergehend schonen sollten, um sie langfristig zu erhalten. Bild: Adobe Stock

Diese 9 Orte sollten Reisende 2024 lieber meiden

Die «No-List» des US-Reiseführers «Fodor's» hat bereits Tradition: Sie stellt jedes Jahr Gegenden vor, die Reisende besser nicht besuchen sollten – aufgrund von Overtourism, Wassermangel und Littering. Jetzt ist die Liste für 2024 da.

Ausgerechnet die Herausgeber von «Fodor's», die mit ihren Travel Guides eigentlich zum Reisen animieren möchten, veröffentlichen Jahr für Jahr Jahr eine «No List» – mit Orten, die Reisende meiden sollen. Das mag befremdlich wirken. Die Autoren sehen ihre Auflistung aber nicht als Reisewarnung, sondern als Denkanstoss.

Sie wollen laut eigenen Angaben wachrütteln. Weil Massentourismus nicht nur dem Reiseziel selbst schade, sondern auch den lokalen Gemeinschaften, die auf eine saubere Umwelt und eine gute Wasserversorgung angewiesen seien.

Mit der Liste möchten die Herausgeber Reisende dazu animieren, die Welt – und speziell die Orte, die sie besonders lieben – mit Respekt zu behandeln. Statt an den bekannten Hotspots verzweifelt nach dem besten Instagram-Motiv zu suchen und die eigene Reise-Bucketlist in Windeseile abzuarbeiten, sollen sich die Menschen für eine neue Form des Reisens begeistern, eine nachhaltigere. Folgende neun Orte haben 2024 gemäss «Fodor's» eine Pause verdient.

Venedig

Sie ist für viele Menschen der Inbegriff von Overtourism und auch in diesem Jahr auf der «No-List» zu finden: die italienische Lagunenstadt Venedig. Lange war die Überschwemmungsgefahr durch Wasser ganz oben auf der Sorgenliste von Behörden und Bevölkerung. Nun droht Venedig in den Touristenmassen zu ertrinken. Bisher ist es der Stadt nicht gelungen, den Massentourismus in den Griff zu bekommen. Jetzt versucht sie es, mit einer Eintrittsgebühr. Italien-Reisende, die einen Tagesausflug nach Venedig unternehmen wollen, müssen 2024 an 30 Testtagen eine Eintrittsgebühr bezahlen. Die dauerhafte Einführung ist für 2025 geplant.

Venedig ist der Dauerbrenner in der jährlich erscheinenden «No List». Bild: Visit Venezia

Athen

Nach der Wirtschaftskrise, den politischen Unruhen und der Pandemie stimmte das griechische Tourismusbüro den Marketing-Sirenengesang an und brachte Reisende in Scharen nach Athen. Die wichtigste Touristenattraktion, die Akropolis und ihre berühmten Monumente, verzeichneten einen Rekordanstieg bei den Besucherinnen und Besuchern – rund 17'000 Menschen sind es jeden Tag. Aber diese Zahl ist viel zu viel für das Unesco-Weltkulturerbe. Um dem Touristenaufkommen entgegenzuwirken, hat die griechische Regierung ein Einlass-System und spezielle Besucherzonen eingeführt.

Kämpft mit den Auswüchsen des Massentourismus: die griechische Hauptstadt Athen mit ihrer Hauptattraktion, der Akropolis. Bild: Adobe Stock

Mount Fuji

Der höchste Gipfel Japans ist seit Jahrhunderten ein Wallfahrtsort. In den vergangenen Jahren ist der Aufstieg zum Mount Fuji zu einem Massenphänomen geworden. Dabei hinterlassen die Touristinnen und Touristen eine Spur von Abfall und sonstigem Unrat, die Freiwillige beseitigen müssen. Es ist auch ein gefährliches Unterfangen, den Berg zu besteigen. Zu den Risiken zählen Unterkühlung und die Höhenkrankheit. Zudem drohen Steinschläge. Momentan ist der Fuji nicht der Ort, an dem man die Stille und die Heiligkeit finden kann, die Schriftsteller und Künstlerinnen für ihre Arbeiten inspiriert haben. Der Berg lässt sich derzeit am besten aus der Ferne bewundern.

Menschenaufläufe und lange Schlangen statt Stille und Heiligkeit auf dem Fuji. Bild: Screenshot Youtube

San Gabriel Mountains

Der rasante Anstieg der Besucherzahlen, gepaart mit fehlender Aufsicht und mangelndem Umweltbewusstsein, hat zu einem Verfall der Region geführt, die eigentlich eine natürliche Oase für das Los Angeles County im Süden Kaliforniens sein sollte. Dreimal im Monat treffen sich Freiwillige der San Gabriel Mountains Trailbuilders zur Wegpflege. Ihre Arbeit umfasst aber noch weit mehr: Sie müssen auch bei der Abfallentsorgung helfen, Graffiti entfernen und Vandalismus bekämpfen. Eine weitere Freiwilligengruppe widmet sich ausschliesslich der Müllbeseitigung entlang des East Fork River. Bisher hat sie fast vier Tonnen Abfall weggeräumt.

Mülldeponie statt Oase: Ohne Freiwillige, die regelmässig Müll wegräumen, geht's in den San Gabriel Mountains nicht mehr. Bild: Screenshot Youtube

Halong-Bucht

Die Verwaltung der touristischen Bootsfahrten in der Halong-Bucht sowie die wachsenden Fischergemeinden tragen zur Abfall- und Dieselverschmutzung im Wasser bei. Massnahmen, um die Umweltverschmutzung einzudämmen, werden leicht umgangen und nur halbherzig durchgesetzt. Gemäss einer Studie aus dem Jahr 2020 fallen in der Halong-Bucht jährlich 28'283 Tonnen Plastikmüll an, von denen fast 5300 Tonnen im Meer landen. Ein weiteres Problem sind die wachsenden Fischergemeinden rund um die Bucht. Die verwendeten Bojen auf Polystyrolbasis zerbröckeln mit der Zeit und produzieren ein Pulver, das an den Strand gespült wird. Dieses Mikroplastik kommt mittlerweile in Fischarten vor und stellt eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit dar.

Verschmutzung durch Reisende und Fischergemeinden: Die Halong-Bucht hat eine Pause verdient. Bild: Pixabay

Atacama-Wüste

Chile vermarktet die Atacama-Wüste als Naturwunder und als eine der romantischsten Touristenattraktionen des Landes. Das Sehnsuchtsziel wird aber bedroht: von unserer Vorliebe für preiswerte Kleidung. Die Jacke für 20 Franken mag ein Schnäppchen sein, aber sobald sie aus der Mode kommt, wird sie entsorgt. Chile ist Südamerikas grösster Importeur von gebrauchter Kleidung und akzeptiert jährlich 60'000 Tonnen nicht mehr benötigter Kleidung. Ein überwiegender Teil davon landet in der Atacama-Wüste. Um das Problem einzudämmen, werden die Kleiderberge einmal im Jahr angezündet. Dadurch werden giftige Verbindungen in die Luft geschleudert, was die Gesundheit der Tierwelt und der Anwohnenden gefährdet.

Ist eine Deponie für nicht mehr benötigte Kleider: die Atacama-Wüste in Chile. Bild: Greenpeace

Lake Superior

Der Lake Superior gehört zu den sich am schnellsten erwärmenden Seen der Welt. Algenblüten, die als dicker grüner Schaum sichtbar sind, gedeihen, wenn das Gewässer warm und mit Nährstoffen aus der Landwirtschaft überladen ist. Einige Blüten produzieren Giftstoffe. Der Lake Superior ist auch mit invasiven Arten konfrontiert, wie Meerneunaugen, stacheligen Wasserflöhen und Zebramuscheln, die auf Booten mitfahren und das Ökosystem bedrohen Ein weiteres Problem ist der Massentourismus. Allein Kreuzfahrten bringen jedes Jahr Zehntausende Menschen in die Region. Die Folge: heillos überfüllte Hotspots und Littering.

Klimawandel und Overtourism machen dem Lake Superior und seiner Umgebung zu schaffen. Bild: Adobe Stock

Ganges

Der wichtigste Fluss Indiens ist mit Problemen wie vermindertem Durchfluss aufgrund des Klimawandels, Verschmutzung und der Gefährdung seiner Flussdelfine konfrontiert – alles verschärft durch Luxus-Kreuzfahrten. Der Fluss gilt als Verkörperung der Göttin Ganga, der Göttin der Reinigung, und viele religiöse Praktiken drehen sich um ihn. Das Wasser gilt als rein, daher nehmen die Menschen ein Bad im Fluss, trinken sein heiliges Wasser und reinigen damit ihre Häuser und Umgebung. Erschreckend: Bei einer Untersuchung im Januar registrierten über 70 Prozent der Überwachungssysteme im Ganges fäkale Kolibakterien. Auch der Tourismus trägt seinen Teil zur Belastung des Ganges bei. Inzwischen läuft ein Milliarden-Projekt der indischen Regierung, um die Wasserqualität zu verbessern.

Die Wasserqualität des Ganges ist miserabel. Bild: Unsplash

Koh Samui

Seit rund einem Jahr mangelt es auf der thailändischen Insel Koh Samui an Wasser – besonders in höher gelegenen Gebieten, deren Versorgung einen höheren Wasserdruck erfordert (Travelnews berichtete). Die Einheimischen machen die Wasserbehörde der Provinz für die Wasserknappheit aufgrund defekter Infrastrukturen verantwortlich. Auch der Tourismus spielt aber eine Rolle: Mehr Menschen bedeuten mehr Wasserverbrauch. Koh Samui benötigt täglich 30'000 Kubikmeter Wasser, fast 70 Prozent davon werden von Hotels und Restaurants genutzt. Im Juli 2023 verzeichnete die Insel 74 Flüge und total mehr als 140'000 Passagiere. Umweltschützer fordern die Branche auf, einen nachhaltigeren Tourismus zu leben.

Das Wasser auf Koh Samui wird zunehmend knapp. Bild: Unsplash

(RSU)