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«So viele ausserordentliche Ereignisse habe ich noch nie erlebt»
Die Sommerferien sind vorüber. Marco Bötschi, Station Manager von Swissport in Zürich, sitzt im Bistro des Capsule Hotels am Flughafen. Er trinkt einen Espresso und nimmt sich im Gespräch mit Travelnews ausführlich Zeit, um auf die anspruchsvollsten Wochen des Jahres zurückzublicken.
Es ist derselbe Tag, an dem auch die Swiss ihre Sommerbilanz zieht. Sie fällt nicht gut aus. Jeder vierte Flug kam mit mehr als einer halben Stunde Verspätung am Ziel an. Zudem blieb verhältnismässig viel Gepäck liegen – nicht nur in Zürich, sondern im gesamten Flugnetz. Die Swiss macht für die Probleme unter anderem die Personalengpässe bei Partnerfirmen verantwortlich (Travelnews berichtete).
Zwiespältige Bilanz bei der Swissport
Eine dieser Partnerfirmen ist die Swissport. Sie ist für die Bodenabfertigung zuständig. Das umfasst unter anderem das Check-in, das Boarding sowie das Be- und Entladen des Flugzeugs. Auch bei der Swissport ist die Bilanz durchzogen. «Man müsse unterscheiden zwischen dem so genannten Passagierdienst am Check-in und bei den Gates auf der einen und den Arbeiten direkt bei den Flugzeugen auf der anderen Seite», sagt Bötschi. «Mit der Servicequalität im Passagierdienst bin ich äusserst zufrieden.» Die Situation auf dem Vorfeld sei hingegen aufgrund externer Einflüsse besonders herausfordernd gewesen.
«Eine solche Häufung von ausserordentlichen Ereignissen wie in diesem Sommer habe ich noch nie erlebt», sagt der Swissport-Kadermann. Er spricht die Wetterextreme an. An einem Tag im Juli habe es wegen Unwettern gleich sechs Handlings-Stopps gegeben. Das bedeutet: Alle Arbeiten an den Flugzeugen müssen aus Sicherheitsgründen Knall auf Fall gestoppt werden.
Das führe dann dazu, dass die Tagesspitzen noch intensiver würden, als sie es ohnehin schon sind, so Bötschi. «Innert einer halben Stunde bräuchten wir plötzlich 60 statt 30 Leute, um alle Arbeiten zu bewältigen». Das sei unrealistisch. «Der 3D-Drucker für Mitarbeitende stehe leider noch nicht zur Verfügung», sagt der Station Manager mit einem Augenzwinkern. «Wir sind für den Normalverkehr gut aufgestellt. Mit den bereits vor dem Sommer erwähnten externen Faktoren und der Zuspitzung der Flugwellen stossen wir in Ausnahmesituationen derzeit aber an unsere Grenzen.»
Um die Engpässe abzufedern und dem ausgetrockneten Personalmarkt entgegenzuwirken, stellte Swissport Zürich 30 zusätzliche Mitarbeitende aus dem Elsass ein und holte sich in den Sommerferien Unterstützung aus der Westschweiz An mehreren Wochenenden mit besonders vielen Passagieren arbeiteten jeweils zehn Mitarbeitende, die bei der Swissport in Genf angestellt sind, von Freitag bis Montag am Flughafen Zürich.
Gepäckvolumen fast wieder so hoch wie vor Corona
Das Gepäckvolumen ist fast wieder so hoch wie vor der Corona-Pandemie. Im Juli 2023 verarbeitete die Swissport in Zürich knapp 960'000 Gepäckstücke. Im Juli 2019 waren es rund 100'000 mehr. Auch das Flugvolumen ist schon wieder bei 91 Prozent, verglichen mit der Zeit vor der Pandemie. Das sei ein markantes Wachstum von rund 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr und mache den Aufbau und die Planung enorm schwierig, erklärt Bötschi.
Auch bei den fehlgeleiteten Gepäckstücken liegt dem Station Manager die richtige Einordnung am Herzen. Nach Angaben der Swissport, die am Flughafen Zürich für 34 Airlines arbeitet, ist in der Sommerferienzeit nur rund jedes 140. Gepäckstück nicht planmässig befördert worden. Auf dem gesamten Streckennetz der Swiss war in der Sommer-Hochsaison nach Angaben der Airline jedes 45. Gepäckstück nicht an Bord oder im falschen Flieger.
Engpässe trotz unvergleichlicher Personaloffensive
Seit Anfang Jahr hat die Swissport schweizweit 1200 Mitarbeitende rekrutiert, die Hälfte davon für den Flughafen Zürich. Es ist aber noch mehr Personal nötig – insbesondere für das Vorfeld. Diese Leute zu rekrutieren, ist für die Swissport eine Herkulesaufgabe. «Der Personalmarkt ist ausgetrocknet. In Zürich herrscht praktisch Vollbeschäftigung», klagt Bötschi. Dennoch lasse man nichts unversucht.
Im September startet die nächste Rekrutierungsoffensive, um die vakanten Stellen zu besetzen. Gleichzeitig legt die Swissport ein besonderes Augenmerk darauf, bestehendes Personal weiterzubilden. «Hier geht es beispielsweise darum, die Mitarbeitenden an den verschiedenen Fahrzeugen und Geräten auszubilden, um sie fit für die weitere Karriere im Unternehmen zu machen», erklärt der Station Manager. Dieses Jahr gelte es durchzubeissen. «Wir setzen aber alles daran, dass wir im kommenden Frühling wieder so aufgestellt sind, wie wir es uns vorstellen.»