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Im Einkaufszenturm Sihlcity in Zürich werden keine Reisen mehr verkauft. Bild: TN

Das Reisebüro-Problem mit den Einkaufszentren

Gregor Waser

In diesen Tagen stehen Kuoni-Kunden im Sihlcity Zürich vor verschlossener Türe. Bei der Standortbewertung haben Shoppingmalls einen gewichtigen Nachteil.

Von Montag bis Samstag, von 9 Uhr bis 20 Uhr, dazu noch drei Shopping-Sonntage Ende Jahr: die Öffnungszeiten im Einkaufszentrum Sihlcity in Zürich sind sehr lang. Was Anwohner freut, finden Ladenbetreiber, die das Personal abbestellen müssen, weniger toll.

Schon im Herbst 2020 hat sich Kuoni entschieden, die drei Einkaufscenter-Filialen – Sihlcity Zürich, Gallusmarkt St. Gallen und Seedammcenter Pfäffikon – mittelfristig aufzugeben. Seit vergangener Woche stehen Kuoni-Kunden im Einkaufszentrum Sihlcity nun vor verschlossener Türe. Auf der Abdeckungswand steht der Hinweis auf die Verfügbarkeit der nächstgelegenen Filiale in Zürich-Enge.

Miet- und Personalkosten sind hoch

Auf Anfrage von Travelnews, ob noch weitere Filialen schliessen müssen, sagt Dieter Zümpel, CEO von DER Touristik Suisse: «Unser Filialnetz weist eine weitestgehend stabile Grösse aus und wir haben in der Krise unter dem Strich weniger als 10 Prozent der Standorte geschlossen – mittlerweile aber auch drei Standorte eröffnet. Das ist eine normale Entwicklung, dass man die Standorte prüft, etwa wenn die Mietverträge auslaufen.»

Zur Schliessung der Filiale Sihlcity sagt er: «Das Thema Einkaufszentren sehen wir mittlerweile kritisch. Die Mietkosten sind hoch und die Personalkosten für uns ebenso, weil lange Öffnungszeiten vorgeschrieben sind. Aber wir sind insgesamt stabil bei den Filialen und sehr zufrieden mit ihnen, sie performen überaus gut.» Zudem seien Arbeitsplätze ohne Tageslicht für Mitarbeitende weniger attraktiv und Standorte etwa in Altstädten oftmals besser frequentiert.

Kuoni zählt schweizweit rund 70 Reisebüros. Im Volkiland und im Emmen Center ist Kuoni weiterhin in Einkaufszentren präsent. Die Schliessung der Filiale Zürich-Sihlcity bringt keinen Personalabbau mit sich, die bisherigen Sihlcity-Reisexpertinnen verstärken die Teams von Reisebüros im Umfeld, etwa jenem in Zürich-Enge.

Öffnungszeiten nur ein Bestandteil der Standortbewertung

Wie sehen Kuonis Mitbewerber TUI und Hotelplan die Thematik? Philipp von Czapiewski, Managing Director von TUI Suisse, sagt dazu: «Ein Einkaufszentrum bietet andere Rahmenbedingungen. Längere Öffnungszeiten können eine gewisse Bürde darstellen. Aber ein Shoppingzentrum bietet auch Vorteile, etwa hohe Besucherfrequenzen. Insofern sind die Öffnungszeiten nur ein Bestandteil der gesamten Standortbewertung. Und je nach Besucherfrequenz lässt sich die Personalstärke vor Ort anpassen». 15 der 51 TUI-Filialen sind in Shopping-Centern angesiedelt.

Noch mehr sind es bei Hotelplan Suisse. Von den insgesamt 82 Filialen befinden sich 30 in einem Shopping-Center, 25 davon in einem zur Migros gehörenden Shoppingcenter. Die Annahme, dass Hotelplan dort nur geringe Mieten zahlt, bestätigt Mediensprecherin Bianca Gähweiler so nicht: «In denen zur Migros gehörenden Shoppingzentren bezahlen wir marktübliche Mietpreise.»

Die Standortbewertung, was Einkaufszentren betrifft, dürfte künftig aber noch kritischer ausfallen. Denn um Mitarbeitende in Zeiten des Fachkräftemangels zu gewinnen, spielen Aspekte wie Remote Work und Homeoffice eine immer grössere Rolle. Der Faktor lange Präsenzzeiten ist da bei der Personalgewinnung nicht hilfreich.