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Nach dem Skywork-Grounding derzeit Tag und Nacht am arbeiten: Andreas Gerber, Geschäftsführer von Aaretal Reisen, und sein Team. Bild: HO

«Dieses angerichtete Schlamassel hätte man klar vermeiden können»

Gregor Waser

Rund 1000 der 11'000 geschädigten Skywork-Passagiere waren via Aaretal Reisen gebucht. Geschäftsführer Andreas Gerber äussert sich zur aktuellen Situation.

Herr Gerber, welchen Schaden trägt Aaretal Reisen durch das Skywork-Grounding davon?

Andreas Gerber: Wir können die Zahlen noch nicht genau fassen. Die Frage ist, wie die Abrechnung von Skywork rauskommt. Wir leisteten ja gewisse Vorauszahlungen für Charterflüge, gleichzeitig stehen noch gewisse Rechnungen aus für bezogene Leistungen. Von dem her müssen wir noch länger warten, bis das Ausmass des Groundings ganz klar wird. Wir gehen von einem Schadensbetrag im unteren sechstelligen Bereich aus. Rund 1000 der 11'000 geschädigten Passagiere waren via uns eingebucht.

Haben Sie für alle Passagiere eine Alternative gefunden?

Wir sind immer noch dran am Umbuchen, das dürfte noch eine Woche lang weitergehen. Die Frage ist, ob die Passagiere unsere Alternativen als gut befinden. Mit wenigen Ausnahmen erfolgen die alternativen Flüge ab Zürich, Basel oder Genf. Zumindest erfolgen die Herbstferien in Bern früher als in anderen Kantonen, das entschärft die Situation leicht.

Bei welchen Destinationen haben Sie am meisten zu kämpfen?

Im Fall von Elba ist die Situation am schlimmsten. Da liegt weit und breit kein anderer Flughafen, höchstens in Pisa und Florenz. Dies verursacht eine umständliche Reiserei, was gerade bei älteren Gästen gar nicht geschätzt wird. Auch Umbuchungen für Menorca oder Cagliari sind mühsam, weil es nur wenige andere Flugverbindungen gibt. Leichter ist es im Falls von Mallorca oder Olbia, da finden wir auch mal eine Easyjet.

«Es ist ein happiger Fall, an dem hier alle in Bern zu beissen haben»

Wie präsentiert sich die Situation für Sie als Veranstalter rechtlich?

Das Pauschalreiserecht sieht vor, dass wir bei einem gebuchten Arrangement in der Verantwortung stehen. In erster Linie zahlen wir. Die Frage ist etwa bei einem im Februar ausgestellten Ticket, das aber noch nicht abgeflogen ist, ob wir den Beitrag zurückkriegen oder nicht. Der Garantiefonds käme ja erst zum Tragen, wenn wir als Reisebüro oder Veranstalter Konkurs gingen. Somit ist der Veranstalter verpflichtet, eine Alternative zu bieten - auf eigene Kosten. Mit dem Ombudsman habe ich einige Spezialfälle näher angeschaut, bei denen auch er erst mal über die Bücher musste.

Ist Aaretal Reisen in der Existenz bedroht?

Unser Überleben ist dank einem Investor möglich. Allein könnten wir diesen Fall nicht tragen. Wir sprechen hier ja nicht nur von Zusatzkosten, sondern auch von einem Umsatzausfall. Die kostenlosen Annullationen sind ja noch nicht eingerechnet. Es ist ein happiger Fall, an dem alle hier in Bern zu beissen haben.

Was sagen Sie zum Zeitpunkt des Groundings?

Ich verstehe das nicht. Ich kenne mich mit dem Konkursrecht nicht aus - damit hatte ich zum Glück noch nie etwa zu tun. Doch ich bin 100 Prozent überzeugt, mit dem Willen und der Zusammenarbeit der Reisebranche, des Konkursrichters und des BAZLs hätte eine Lösung gefunden werden können, um Skywork bis nach den Herbstferien in der Luft zu halten. Die Flüge waren nie so gut gebucht wie jetzt im September bis Mitte Oktober. Dieses angerichtete Schlamassel hätte man meiner Meinung nach klar vermeiden können. Es gab ja in der Geschichte schon Fälle von Airlines, die einen geordneten Rückzug eingeleitet haben. Aber jetzt 11'000 Kunden stehen zu lassen, das ist jenseits.

«Ab Bern kann man Charter wirtschaftlich erfolgreich betreiben»

Wie geht es weiter? Auch hinsichtlich Sommer 2019?

Für mich ist zwar unklar, wer was fliegen wird. Aber ich sehe für Bern gute Chancen. Bei der Nachfrage im Sommergeschäft sehe ich kein grosses Problem. Ab Bern kann man Charter wirtschaftlich erfolgreich betreiben und als Veranstalter etwas herausholen. Die Frage ist, wie die Karten jetzt gemischt werden. Schwieriger wird es für das Linienfluggeschäft - und damit den Betrieb des Flughafens Bern im Winter.

Arbeiten Sie derzeit Tag und Nacht?

Ja, es ist deftig. Aber ich darf auch eine grosse Solidarität feststellen. Wir haben sogar von einem Mitbewerber eine Mitarbeiterin für die nächsten zehn Tage erhalten. Das hat mich fast vom Sockel gehauen, als ich ihn fragte, ob er jemand kenne. Da rief er mich wenig später wieder an und sagte, wir schicken euch jemanden. Das ist natürlich toll.