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Skywork war regional recht beliebt und beförderte auch lokale Teams wie den FC Thun oder die Young Boys. Aber das abrupte Grounding hat viel Missmut geschaffen, auch im Raum Bern. Bild: Liam J McManus - Manchester Airport Photostream

SRV erwägt Klagen gegen BAZL und Skywork

Reisebüros und Reiseveranstalter haben die Nase voll von Pleite-Airlines. Im Raum steht die Frage, ob beim neusten Konkurs der Berner Airline Skywork auch widerrechtlich agiert wurde.

Noch immer beschäftigt das Grounding der Skywork die Schweizer Reisebranche. Der Flughafen Bern ist händeringend auf der Suche nach Ersatzlösungen. Für die heutigen Abflüge nach Preveza konnte immerhin Ersatz in Form der People’s Viennaline gefunden werden, welche kurzfristig einspringt. Damit startet ab Bern heute immerhin ein Linienflug. Morgen dann wird die Businessflug-Gesellschaft JetClass Tagesrand-Flüge nach München und London-City durchführen - und bietet die Möglichkeit, on-demand ihre Reisebedürfnisse unter www.jetclass.com/bern einzugeben. Immerhin.

Betroffene Reiseveranstalter wie Belpmoos Reisen oder Aaretal bemühen sich derweil weiterhin, alternative Fluglösungen für betroffene Kunden zu finden. Wie so oft bei einem Airline-Grounding sind es nun also die Flugvermittler – Reisebüros und Reiseveranstalter – welche die grössten Probleme haben. Auch Reiseversicherer sind nicht erfreut. Derweilen befindet sich der Vorstand von Skywork auf Tauchstation; die Presseabteilung lässt lediglich wissen, dass am letzten Mittwoch Antrag auf Konkurseröffnung deponiert wurde. Die gerichtliche Konkurseröffnung, wonach dann alle Entscheide in der Hand der Konkursverwalter sind, wird für diese Woche erwartet.

Warum blieb die Buchungsmaschine offen?

Wenig Freude hat der Schweizer Reise-Verband (SRV) über die Ereignisse der letzten Woche. Zum einen wird natürlich wieder die Forderung nach einer Kundengeldabsicherung für Airlines laut. Doch noch mehr stösst dem SRV der Umstand auf, dass offenbar viel Zeit zwischen dem Aufgabeentscheid und der offiziellen Einstellung des Flugbetriebs verging. Konkret geht es um den Zeitraum vom Montag bis Mittwochabend letzter Woche – bekanntlich wurde am Mittwochabend nach Landung der letzten Skywork-Maschine um 22.20 Uhr die sofortige Einstellung des Flugbetriebs verkündet. Unschön daran ist, dass zwischen Montag (als das Ende absehbar wurde) und Mittwochabend noch Tickets verkauft wurden. Zum einen an zahlreiche Privatpersonen, welche darüber in sozialen Medien ihrem Frust freien Lauf lassen. Zum anderen an Reisebüros und Reiseveranstalter, die dadurch Schaden erlitten haben, und für welche sich der SRV nun einsetzt.

Der SRV hat heute Morgen informiert, dass eine Amtshaftung des BAZL sowie eine Verantwortlichkeitsklage gegen das Management der Skywork «ernsthaft geprüft» werden. Damit solches überhaupt angegangen werden kann bzw. sich die Anwaltskosten dafür auch lohnen, muss allerdings der Schadensumfang relevant sein. Der SRV versucht deshalb herauszufinden, wie viele Reisebüros in diesem Zeitraum noch Skywork-Tickets verkauften. «Wir werden rund eine Woche auf Feedback aus der Branche warten und an einer Pressekonferenz übernächste Woche über das weitere Vorgehen informieren», erklärt SRV-Geschäftsführer Walter Kunz auf Anfrage von travelnews.ch.

Worum geht es überhaupt bei einer Amtshaftung?  Nach Art. 146 der Bundesverfassung haftet der Bund für Schäden, die seine Organe in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit widerrechtlich verursachen. Die Frage ist also, ob das BAZL widerrechtlich agiert hat, indem es Skywork so lange gewähren liess.

Auf Anfrage von Travelnews.ch schildert BAZL-Sprecher Antonello Laveglia die Vorgänge folgendermassen: «Das BAZL erhielt am Montag Bescheid von Skywork, wonach die Gespräche mit einem potenziellen Investor gescheitert seien. [Anm.d.Red.: Bei besagtem Investor handelte es sich laut dem Portal «airliners.de» um die deutsche Unternehmensgruppe Zeitfracht.] Dass dieser Deal platzte, kam für uns sehr überraschend, wie offenbar auch für Skywork. Am Dienstag dann wurden wir informiert, dass Skywork den Betrieb einstellt. Im Gespräch mit Skywork wurde entschieden, dass die Flieger und Crews sowie die Passagiere unbedingt am Boden, zurück in der Schweiz, sein sollten zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung. Es sollte nicht riskiert werden, dass ein Flugzeug im Ausland festgesetzt wird. Deshalb wurde erst nach der Landung der letzten Maschine am Mittwoch informiert.» Im Skywork-Communiqué zum Grounding am 29. August hiess das dann so: «Aus Sicherheitsüberlegungen und in Absprache mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL geht diese Information erst nach Beendigung des heutigen Flugbetriebes an unsere Mitarbeitenden und andere beteiligten Stellen.»

Politik und Airlines am Pranger der Reisevermittler

Das BAZL war also offenbar überrascht vom Ende der fortgeschrittenen Verhandlungen zwischen Skywork und dem potenziellen Investor, und handelte nach der Grounding-Ankündigung gemeinsam mit der Skywork eine Vorgehensweise aus. Die Überlegungen dabei sind nachvollziehbar und es dürfte schwierig sein, da eine Widerrechtlichkeit des BAZL zu sehen. Weshalb aber die Buchungsmaschine noch mindestens 24 Stunden nach Grounding-Entschluss offen blieb, wird schwieriger zu argumentieren sein - für Skywork. Laveglia führt nämlich weiter aus: «Mit dem Entscheid von Skywork, am Dienstag und Mittwoch die Buchungsmaschinen noch offen zu halten, hat das BAZL nichts zu tun.»

Ob es zu einer Klage kommt, ist natürlich noch ungewiss. Kunz hat einfach genug davon, dass von der Politik und den Behörden nichts unternommen wird und Airlines weiterhin keinerlei Garantien abgeben müssen, während Reisebüros und Reiseveranstalter beim Airline-Verband IATA Garantien hinterlegen müssen. «Für die Branche sollte es doch eine Möglichkeit geben, dass Beträge nur nach erbrachter Leistung, also nach dem Flug, von der IATA an die Airlines überwiesen werden», wiederholt Kunz eine langjährige Forderung von Reisebüroverbänden.

Zurzeit ist viel die Rede davon, welche Lehren die Airline-Branche aus dem Swissair-Absturz in Halifax vor 20 Jahren gezogen hat. Dass die vielen wirtschaftlichen Abstürze von Airlines zu einer Änderung der Praxis gegenüber den wichtigen Vertriebspartnern aus Reisebüro und Touroperating geführt hätte, bleibt bis auf Weiteres frommer Wunsch.

(JCR)