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Sommeridylle an der Sägereistrasse 20 in Glattbrugg? Der Schein trügt. Bild: TN

Kommentar Bei Hotelplan Suisse ist mehr als Kosmetik angesagt

Jean-Claude Raemy

Die Sommerruhe trügt: Derzeit dürften am Hotelplan-Hauptsitz in Glattbrugg verschiedene Szenarien geprüft werden.

Genau einen Monat ist es her, seit Kurt Eberhard das CEO-Amt bei Hotelplan Suisse abgeben musste. Nach der grossen Aufregung der ersten Tage hat sich das Thema inzwischen etwas gelegt. Im «Glaspalast» in Glattbrugg wird nun vor allem an der Umsetzung der «strukturellen Anpassungen» gewerkelt, welche Group-CEO Thomas Stirnimann angeordnet hat.

Betrachtet man diese strukturellen Anpassungen, so mögen diese ja durchaus Sinn machen – etwa, wenn der Agent Sales den Spezialisten angegliedert wird, oder wenn das Marketing unter ein Dach gestellt wird. Dass die Kreuzfahrten zur neuen Sport-Abteilung gestellt werden, offiziell als «Lastenverteilung», sehen manche vor allem als Effort, die dortigen Investitionen und damit Verluste im aktuellen Jahr abzufedern. Und die Nachverhandlung aller Agenturverträge… war auch schon zu Stirnimanns Zeiten bei Kuoni ein bekanntes «Heilmittel».

Das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um «Unternehmens-Kosmetik» handelt. Oder anders formuliert: Diese strukturellen Anpassungen sind sicher nicht das, was Hotelplan nachhaltig und langfristig auf die Erfolgsstrasse führt.

Denn Hotelplan kämpft mit viel tiefer greifenden Problemen. Da ist einerseits natürlich die Kostenstruktur, nicht nur bei den Löhnen, sondern etwa auch bei der IT: Die Zusammenarbeit mit Peakwork geht ganz schön ins Geld. Und dann ist da der Margendruck: Das Hauptproblem – und das hat Stirnimann durchblicken lassen – ist, dass man im Badeferienbereich Mühe hat, Schritt zu halten mit der Preisaggressivität der Konkurrenz, welche sich weitgehend auf einen von Deutschland aus gesteuerten Einkauf verlassen kann.

Hotelplan, keine «Rundungsdifferenz» mehr

Nun ist es ja so, dass der Mutterkonzern von Hotelplan, der Migros Genossenschafts-Bund (MGB), aktuell genauer auf die Kosten und die Ertragssituation bei den einzelnen Konzernmitgliedern schaut – mit «Fast Forward» hat sich die Migros bereits ein Optimierungs-Programm verpasst, zu welchem etwa auch die Entlassung zahlreicher Mitarbeitender gehört, was eigentlich so gar nicht zum sozialen Vorzeigeunternehmen Migros passt.

Das wiederum lässt darauf schliessen, dass Hotelplan nicht mehr nur als eine «Rundungsdifferenz» im Migros-Konzern betrachtet wird, was ja bisher der Fall war, ansonsten mehrere Jahre mit negativen Ergebnissen kaum folgenlos geblieben wären. Sprich: Der MGB muss sich auch mal genau überlegen, was mit dem Touristikgeschäft verfolgt wird und wie man dieses auf Vordermann bringt.

Ob Hotelplan das aktuelle Geschäftsjahr schwarz abschliessen kann, ist fraglich – aber da ist man ja nicht allein, auch DER Touristik Suisse wird in diesem Jahr das ursprüngliche Ziel der «schwarzen Zahlen» nicht erreichen können. Womit wir beim Grundproblem sind: Die klassischen TOs sind weiterhin einem brutalen Gegenwind ausgesetzt. Eine weitere Konsolidierung innerhalb Europas ist wohl unvermeidlich.

Das wiederum erlaubt weitere Gedankenspiele. Kann Hotelplan als reiner Schweizer TO im Konzert der Grossen noch eine Rolle spielen? Zumindest im Badeferienbereich dürfte es schwierig werden. Und wenn der MGB Resultate fordert, was ist dann zu tun? Ein Zusammengehen mit einem ausländischen Partner ist vielleicht auch für Hotelplan bzw. den MGB nicht mehr utopisch.

Telefonnummern von Thomas Cook und DER Touristik bekannt

Als erster Name fällt einem da Thomas Cook ein. Zum einen kooperieren Hotelplan und Thomas Cook schon seit Jahren miteinander; 2017 wurde diese Kooperation nochmals vertieft. Eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit – vielleicht auch auf der Einkaufsseite? – wäre nicht abwegig.

Umgekehrt wäre ein solcher Deal auch für Thomas Cook von Vorteil: Das Unternehmen backt in der Schweiz ja bislang sehr kleine Brötchen, käme aber bei einer Art von Fusion, wie auch immer diese aussehen mag, zu einem grossen Vertrieb und könnte aus einem solchen «Profit Center Schweiz» sicher mehr aus dem weiterhin zwar kleinen, aber lukrativen Schweizer Markt herausholen. Die Marke Hotelplan würde natürlich bestehen bleiben und wohl auch die Migros als Eigentümerin, aber clevere Konstrukte gibt es ja auch andere.

Oder kommt es gar zum Undenkbaren, und die Lebensmittelkonzern-Konkurrenten Rewe und Migros tauschen sich hinsichtlich ihrer Touristik-Tochtergesellschaften aus? Die gegenseitigen Telefonnummern sind sicher vorhanden.

Natürlich ist das aktuell reine Spekulation. Nur sind solche Szenarien keine Luftschlösser mehr. Thomas Stirnimann kommt überdies aus der Kuoni-Schule, und dort waren grosse Übernahmen, Fusionen und dergleichen immer wieder Thema. Damals wurde das auch als undenkbar abgetan (First Choice? Sie erinnern sich?), kam ja dann aber so. Warum sollte es nicht auch mal bei Hotelplan zu einem radikalen Wechsel kommen? Wie gesagt, Eberhards Absetzung kann nicht mit Unternehmens-Kosmetik kompensiert werden – da muss was Grösseres im Schilde sein.