Reiseanbieter

Martin Wittwer, CEO TUI Suisse, konnte am TUI-Hauptsitz in Hannover im Rahmen der Präsentation der Winterprodukte auch Erfreuliches zum Geschäft in der Schweiz erzählen. Bild: TN/JCR, Hannover

«Die Reisebranche als Gesamtes wächst endlich wieder»

Martin Wittwer, CEO TUI Suisse, äussert sich im Gespräch mit travelnews.ch zum aktuellen Geschäftsgang sowie punktuell zu Themen, die ihm am Herzen liegen.

Bei TUI Suisse läuft’s derzeit rund: Beim Sommergeschäft 2017, dessen Umsatz zu 85% im Trockenen ist, liegt der Veranstalter laut CEO Martin Wittwer «zweistellig über Vorjahr» - wobei das Touroperating, separat betrachtet, 11% über Vorjahr wirtschaftet, was im aktuellen Geschäftsumfeld bemerkenswert ist.

Besonders erfreulich: «Die Branche wächst erstmals seit sieben Jahren wieder», ist Wittwer überzeugt. Will heissen: Der Schweizer Konsument gibt wieder mehr aus für Ferien und verreist auch länger. Dies kann Wittwer mit Zahlen zumindest für TUI Suisse belegen: Betrug der erzielte Durchschnittspreis pro Person 2016 noch 1020 Franken, liegt er 2017 bei 1065 Franken. Und dies sei nur zu einem kleinen Teil auf Preiserhöhungen zurückzuführen – während Spanien oder der Indische Ozean leicht teurer seien, und die Flüge generell auch, habe es in gewissen Gebieten auch Preisabschläge gegeben.

Italien ist zurück und auch die Türkei kommt wieder

Destinationsseitig ist Griechenland, mit 40% über Vorjahr, einer der grossen Gewinner. Oder auch Kroatien, wo TUI Suisse 66% über Vorjahr liegt, wie bereits kommuniziert wurde. Auch Italien wird wieder deutlich mehr nachgefragt – total 10% im Plus, in Apulien gar 21% im Plus.

Spannend ist aber aus Sicht von Wittwer eher, dass alle 15 umsatzstärksten Destinationen deutlich über dem Vorjahr liegen, mit Ausnahme der Türkei. Diese war vor drei Jahren noch das stärkste Mittelmeerziel bei TUI Suisse. Nach weiteren 37% Einbruch im aktuellen Jahr liegt die Südtürkei noch auf Rang 8 der umsatzstärksten Destinationen bei TUI Suisse. Das beunruhigt Wittwer nicht: «Dass die Südtürkei immer noch in den Top-10 ist zeigt doch, dass die Destination alles andere als tot ist.» Er fügt gleich an, dass die Nachfrage in den letzten vier Wochen um 25% über dem Vergleichszeitraum aus dem Vorjahr gelegen habe.

Doch nicht nur auf der Kurzstrecke gibt es Wachstum. Auch die Langstrecken, die im Sommer rund 25% des Umsatzes bei TUI Suisse ausmachen, wachsen kräftig. Insgesamt um 3% - die Malediven (+33%) oder Kanada (+30%) schwingen obenaus. Wittwer hält diesbezüglich fest, dass man den «Wegfall» von Globetrotter als Vertriebspriopartner «mehr als wettgemacht» habe.

Für den Winter 2017/2018 ein ähnlich positives Bild

Im Wintergeschäft 2017/18 präsentiert sich ein ähnliches Bild, wobei die Zahlen hier noch mit Vorsicht zu geniessen sind, da erst 20% des budgetierten Umsatzes im Trockenen sind. Aktuell liegt TUI Suisse jedenfalls 30% über Vorjahr, wobei vor allem die Malediven um 65% zugelegt haben, oder Thailand um 45%. Auch hier sind die Top-15-Destinationen allesamt deutlich im Wachstum, mit Ausnahme von Kuba, welches leicht rückläufig ist. Und auch hier ist der Durchschnitts-Umsatz pro Pax deutlich höher als im Vorjahr (1467 Franken statt 1215 Franken) und auch die Dauer des Ferienaufenthalts im Schnitt länger. Das Preisbild bewege sich etwa auf demselben Niveau wie im Vorjahr.

Und auch hier gibt es ein nennenswertes Comeback: Ägypten liegt deutlich über dem Vorjahr – so sehr, dass nun wieder ein Charterflug nach Sharm el-Sheikh, mit Germania, aufgelegt wird.

Für Wittwer ist der Umstand bemerkenswert, dass die Malediven aktuell die umsatzmässig stärkste Langstreckendestination sind: «Die Stärke in einer solchen Destination, wo früher ganz andere Veranstalter massgebend waren, unterstreicht doch, dass TUI Suisse richtig unterwegs ist.» Der Vertrieb scheint jedenfalls zufrieden: Im Partnervertrieb liege man 28% über Vorjahr, im Eigenvertrieb gar 40%, und im Online-Vertrieb um 50%.

Reisebüros müssen sich weiter verändern

Trotz dieser Erfolgsnachrichten will sich Wittwer nicht zurücklehnen: «Das sind alles Momentaufnahmen und der Markt kann sich rasch wieder verändern», moniert er. Deshalb denke er weiterhin auch über eine Expansion über Akquisitionen nach. Grünes Licht vom Konzern hat Wittwer; etwas Konkretes sei aber noch nicht in Verhandlung.

Des Weiteren beschäftigt ihn die Reisebürolandschaft: «Das Konsumentenverhalten ändert sich und es gibt in der Schweiz radikale Änderungen im Detailhandel generell, wovon auch Reisebüros betroffen sind. Ich stelle leider fest, dass immer noch zu viele Reisebüros keine klare Zukunftsvision haben. So werden sie ihr Imageproblem nicht lösen können. Und wir müssen als Grossveranstalter klar aufzeigen, wo Chancen liegen und was zu tun ist. Wir müssen als Dienstleister alles tun, damit sich die Reisebüros eine gute Wettbewerbsfähigkeit erhalten.»

Aus Sicht von TUI Suisse selber ist hierbei etwa die dynamische Produktion ein Riesenthema. Es werde viel investiert, um guten, auf moderner IT aufbauenden Content für Reisebüros bereitzustellen. Beim Consolidator, also im Flightcenter, wurde kürzlich die Farelogix-Plattform angebunden, wodurch die Produkte der Lufthansa-Gruppe dank dieser «Direct Connect»-Anbindung besser verkauft werden können. Allerdings wird diese Möglichkeit noch wenig genutzt: Im Mai wurden nur 15% (Eigenvertrieb) bzw. «10-15%» (Fremdvertrieb) aller Lufthansa-Group-Produkte über diese Plattform ausgestellt. Auch daran zeige sich, dass es vor allem bei der Nutzung der «neuen digitalen Welt» noch viel Arbeit gebe, um die Einstellungen und Gewohnheiten der Marktteilnehmer zu ändern, schliesst Wittwer.

  • Lesen Sie Morgen mehr über das TUI Blue Resort Castelfalfi, welches travelnews.ch diese Woche gemeinsam mit Martin Wittwer besucht hat.

(JCR)