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Martin Wittwer, CEO von TUI Suisse, sucht nach weiteren Wachstumsmöglichkeiten innerhalb des Schweizer Marktes. Potenzial ortet er bei Kreuzfahrten, Sportreisen, in Skandinavien und in der Romandie.

«Wir sind auf jeden Fall die Nummer 1 beim Ertrag»

Jean-Claude Raemy

Martin Wittwer, CEO von TUI Suisse, äussert sich im ersten Teil des Interviews mit Travelnews.ch über das aktuelle Geschäft sowie über Wachstumsstrategien. (Teil 1/2)

Herr Wittwer, beginnen wir mit dem Geschäftsgang. Wo steht TUI Suisse aktuell?

Martin Wittwer: Betrachtet man das gesamte Geschäftsjahr – unser Geschäftsjahr läuft von Anfang Oktober bis Ende September – haben wir bereits 80 Prozent unserer Budgetziele erreicht. Generell sind wir zufrieden, vor allem hinsichtlich des Umsatzes, wo wir klar über Vorjahr liegen. Betrachten wir das kürzlich zu Ende gegangene Winterhalbjahr, so verlief dieses sehr erfreulich, sowohl beim Umsatz als auch bei der Marge, auch die Flüge waren gut ausgelastet.

Wie lief die neu lancierte Destination Kapverden?

Ein voller Erfolg, unsere gesteckten Ziele wurden übertroffen.

Wie entwickelt sich das Sommergeschäft? Was läuft am besten?

Das Sommergeschäft entwickelt sich bislang positiv. Erfreuliche Zuwachsraten gibt es in Griechenland, Zypern, Italien und im kürzlich neu lancierten Kroatien. Schlecht läuft weiterhin die Türkei. Die wichtigste Destination ist weiterhin Spanien, wobei man da auf sehr hohem Niveau stagniert. Mallorca ist für uns die mit Abstand wichtigste Destination.

Gibt es in Spanien überhaupt noch Wachstumsmöglichkeiten?

Jeder dritte Kunde von uns verbrachte im letzten Sommer seine Ferien auf Mallorca. Dieses Resultat wiederholt sich. Wenn wir diesen Umsatz wieder haben, sind wir zufrieden. Ich denke, wir sind in der Schweiz klarer Mallorca-Leader.

Was ist mit der Langstrecke?

Diese zieht, gleich wie im Winter. In diesem Frühling sind vor allem Mauritius, die Seychellen, die DomRep und Südafrika gut gelaufen. Es läuft zudem bei allen Marken, also bei TUI wie auch bei Airtours und 1-2-Fly gut. Wir sind also derzeit rundum zufrieden.

Ist TUI inzwischen die Nummer 2 im Schweizer Markt?

Kommt darauf an, wie man das misst. Kuoni und Hotelplan geben ja auch keine Zahlen mehr bekannt. Zählt man deren Spezialisten dazu oder nicht? Umsatzmässig sind wir sicher nicht die Nummer 1. Wir sind aber auf jeden Fall die Nummer 1 beim Ertrag. Das ist letztlich auch das, was zählt.

«Ich denke, wir sind in der Schweiz klarer Mallorca-Leader.»

Es zählen aber auch die Perspektiven, also die Wachstumsmöglichkeiten. Wo sehen Sie für TUI Suisse noch Wachstumsmöglichkeiten?

Ich denke, primär müssen wir dort, wo wir gut sind, noch besser werden. Wir befinden uns in einem Verdrängungsmarkt und müssen Marktanteile gewinnen. Ich sehe noch weiteres Potenzial im Bereich Badeferien, sowohl auf Mittel- wie auf Langstrecken, wo wir als TUI in der Schweiz bereits die Nummer 1 sind und noch weiter ausbauen können. Wir haben in den letzten Jahren stets betont, dass es im Pauschalreisesegment noch Wachstumsmöglichkeiten gibt, und das hat sich bewahrheitet. 

Was ist mit dem Onlinebereich?

Natürlich müssen wir da noch wachsen. Obwohl das Wachstum prozentual gut ist, sind wir weiterhin noch nicht da, wo wir sein wollen. Hier orte ich auch unsere wichtigsten Mitbewerber – also nicht die klassischen Konkurrenten wie Kuoni und Hotelplan, sondern die neuen grossen Player wie Ebookers/Expedia oder Booking.com. Wir können zudem noch in der dynamischen Produktion weiter zulegen.

Wie sind die Wachstumsmöglichkeiten mit anderen Marken?

Mit unserer Luxusmarke Airtours können wir sicher wachsen. Trotz relativ geringem Werbeaufwand haben wir hier, dank guten Produkten und dazu passendem Service und guter Kommissionierung, innert zwei Jahren gute Marktanteile gewinnen können. Dank dem grossen TUI-Konzernvolumen verfügt Airtours auch über extrem gute Verfügbarkeiten, insbesondere bei speziellen Zimmern und Suiten.

Wer sind überhaupt die Konkurrenten von Airtours im Premium-Segment innerhalb der Schweiz?

Konkurrenten hat es immer, in diesem Fall zum Beispiel auch stark von den Spezialisten. Grundsätzlich will ein Gros der Schweizer Kunden Individualität und Qualität. Beides bietet Airtours in einer grossen Breite und Tiefe.

Es gibt doch aber auch sicherlich noch «Spezialistenbereiche», in denen TUI Suisse noch wachsen kann. In einigen Segmenten ist ja TUI Suisse noch vergleichsweise schwach. Gibt es dahingehend Überlegungen?

Tourismus ist heute ein internationales Geschäft, nicht mehr ein lokales. Wir können nicht «lokale Träume» verfolgen, wo die Skaleneffekte nicht ziehen. Unsere Aufgaben in der Schweiz sind Marktbearbeitung, Kapazitätsplanung und Pricing. Das bestehende Produkt muss marktspezifisch vertrieben werden. Anders gesagt: Wir müssen uns gut überlegen, was zentral und was lokal gemacht werden soll. Und verschiedene Marken im B2C-Bereich innerhalb der Schweiz aufzuziehen, bringt uns nicht viel. Wir müssen gegen grosse internationale Brands wie Booking.com oder Expedia bestehen! Deshalb setzen wir klar auf die Marke TUI.

«Wir müssen gegen grosse internationale Brands wie Booking.com oder Expedia bestehen - deshalb setzen wir klar auf die Marke TUI.»

Das schliesst ja nicht aus, dass man in einem gewissen Produktsegment unter der Marke TUI expandiert. Zum Beispiel bei Kreuzfahrten…

Richtig. Das ist ein weiterhin wachsendes Segment, wo der Konzern auch über eigene Produkte, also Schiffe, verfügt. Wir verfolgen ganz genau, was im Markt passiert. Die Frage, die sich uns stellt, ist: Wie kann ich solche Produkte noch besser verkaufen und wie kann ich noch mehr Kompetenz in diesem Bereich gewinnen? Dazu gibt es durchaus Überlegungen.

Sehen Sie noch in anderen Segmenten Wachstumspotenzial?

Wir haben zum Beispiel eine bestehende Kooperation mit Ochsner Sport, als Fulfilment-Partner. Ochsner Sport hat einen eigenen Katalog. Wir werden selber nicht als Sport-TO aktiv. Aber in der Kooperation gibt es sicherlich noch Potenzial oder Ausbaumöglichkeiten. Ich sehe das aber nicht als strategisch zentrales Element. Weitere Möglichkeiten gibt es wohl im ebenfalls wachsenden Segment der nordischen Länder, oder auch in der Romandie.

Ist es denkbar, dass Sie einen Spezialisten übernehmen oder gar gründen, um innerhalb der Schweiz spezifische Bedürfnisse abzudecken?

Wir sind immer offen für Akquisitionen, aber es gibt nicht viele spannende Unternehmen auf dem Markt. Wie gesagt überlegen wir an Möglichkeiten herum, unsere Präsenz in diversen Segmenten zu verstärken. Was wir aber sicher nicht machen werden: Spezialisten unter verschiedenen Marken zu kaufen oder aufzubauen, also eigenständige Spezialisten-Gruppierungen zu haben wie Kuoni oder Hotelplan. Im Übrigen hat der TUI-Konzern eigene Spezialistenmarken, wie Gebeco für Studien- und Aktivreisen oder Wolters für nordische Länder. Wir müssten nur überlegen, wie wir solche Marken in der Schweiz erfolgreich vertreiben können.  Aber bislang handelt es sich bei diesen Wachstumsstrategien erst um Gedankenspiele und nicht um konkrete Prioritäten.

[Den zweiten Teil dieses Interviews können Sie morgen auf travelnews.ch lesen]