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Badeferien im Sommer haben in Schweizer Reisebüros an Bedeutung verloren. Strandferien im Herbst und vor allem Ferien in der Ferne, wie etwa in Australien, sind sehr gut nachgefragt. Bild: Fotolia – Bondi Beach, Sydney

«Das Reiseverhalten im Sommer hat sich verändert»

Gregor Waser

Das sagen drei Reisebüro-Chefs zur angelaufenen Saison, den gefragtesten Zielen und in welchen Bereichen sie bei den Kunden punkten können.

Die Herausforderungen in Schweizer Reisebüros sind bekannt: das Grenzshopping wegen dem starken Franken hat in den letzten Jahren auf die Umsätze gedrückt, Direktbuchungen nehmen zu, das Badeferien-Geschäft läuft oft am Reisebüro vorbei, die Terroranschläge haben im letzten Jahr auf die Reiselust gedrückt. Doch wie schaut der Start ins 2017 aus? travelnews.ch hat sich bei drei Reisebüro-Chefs umgehört.

Lena Kroll, Leiterin der Twerenbold Reisewelt in Baden, sagt: «Bei uns läuft es in diesem Jahr sehr gut, Fernreisen sind sehr gefragt, aber auch Schiffsreisen. Unser Eigenprodukt, vor allem Flussreisen, verkauft sich wie verrückt. Da unsere Kundschaft mehrheitlich älter als 50 ist, sind eher geführte Reisen gefragt.» Als Ziele, die gut laufen, nennt sie Südafrika, Vietnam, Thailand, Costa Rica, die Arabischen Emirate – Italien laufe auch gut, sei aber oft zu teuer. Neben Türkei, Ägypten, Tunesien laufen die USA hingegen nicht so gut.

Noch keinen Trump-Effekt spürt Werner Blum von Move Reisen in Zürich-Affoltern: «Bei den USA liegen wir leicht über Vorjahr. Gut laufen bei uns vor allem Australien, Neuseeland, Kanada, Costa Rica, Kreuzfahrten und das westliche Mittelmeer». Blum stellt ein Frühbucherjahr fest, Januar und Februar seien sehr gut gewesen, der März nun aber ruhig.

Einen identischen Trend stellt René Bättig von Rolf Meier Reisen in Schaffhausen fest: «November und Dezember waren so gut wie noch nie in unserer Geschichte, Januar und Februar waren dann solide, der März aber sehr schwach.» Da sei viel vom Vorsprung wieder eingebüsst worden. Die Schwäche im März habe wohl damit zu tun, dass viele Leute schon früher gebucht haben.

Viele Buchungen für den Herbst

Zum Sommergeschäft sagt Bättig: «Bis vor zwei Jahren war die Türkei sehr stark gefragt bei uns, nun liegt die Nachfrage beinahe bei null. Tunesien war bei uns nie so stark gefragt. Ägypten erholt sich wieder deutlich. Ein anhaltender Trend ist, dass sich viele Buchungen auf die Herbstferien konzentrieren, seien es Buchungen für die Kanarischen Inseln, Koh Samui, den Indischen Ozean, Australien oder die USA.»

Das Reiseverhalten im Sommer hat sich nach Meinung Bättigs geändert: «Viele Leute verreisen heute im Sommer auf eigene Faust – mit dem Auto ins Südtirol oder nach Frankreich, haben Gegenden wie Polen und Norddeutschland entdeckt oder organisieren sich Golf-, Tennis- oder Wellness-Aufenhalte. Der Repeater, der jedes Jahr sein Universal-Zimmer auf Mallorca bucht, haben wir kaum mehr.»

Mit Know-how bei Sicherheitsfragen

Zur tragenden Säule in den Schweizer Reisebüros ist das Micro-Touroperating avanciert. Lena Kroll misst dem Zusammenstellen eigener Packages grosse Bedeutung zu: «Seit 2012 machen wir das schon sehr aktiv. Wir versuchen aber die Zeichen zu deuten, haben zu Jahresbeginn etwa wegen Air-Berlin-/Niki-Flügen aufgepasst und versuchten solche Arrangements dann über die TOs zu nehmen, so dass wir das Risiko minimieren können. Wie ich gehört habe, haben sich immer noch viele klassische Reisebüro-Mitarbeitende an den Päckli festgebissen und so Aufträge verloren.» Man müsse sich aber auch auskennen, um ein Micro-Touroperating  wirklich gut anbieten zu können. Hier habe die Kreativität und das Know-how der Mitarbeitenden grosse Bedeutung.

Auch für Werner Blum stellen die eigenen Touroperating-Aktivitäten eine wichtige Einnahmequelle dar: «Mit unserem eigenen Katalog für Australien und Neuseeland verfügen wir neben dem Retailing über ein relevantes zweites Standbein. Was die anderen Destinationen betrifft, sind wir nach wie vor sehr gut bedient mit unseren Partnern TUI und Kuoni sowie mit deren Töchtern.»

Nachdem René Bättig im letzten Jahr sein Team um drei Mitarbeiter aufgestockt hat, sieht er sich für die kommenden  Herausforderungen gewappnet: «Unmittelbar an der deutschen Grenze waren die Herausforderungen schon immer gross, nicht erst seit der verschärften Euro-/Franken-Situation. Aber ich stelle fest, dass Kunden wieder vermehrt ins Reisebüro kommen oder uns per Mail oder Telefon kontaktieren mit Wünschen nach grossen, komplizierteren Reisen, aber auch um Städtereisen bei uns buchen.» Da spiele auch das Sicherheitsbedürfnis rein. «Wie ist die Sicherheitslage im Zielgebiet? Der Service? Welches ist eine gute Airline? Hier können wir dank einem starken Team punkten. Mit Tipps wie, da gibt es eine coole Beiz, können wir gewinnen.»