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Nur noch ein Stressfaktor: Das Fazit der Reisebüros zur Zusammenarbeit mit Airlines fällt vernichtend aus. Bild: Fotolia

«Wir sind keine Vertriebspartner, sondern Drittklasskunden»

Für Reisebüro-Profis ist die schwierige Kooperation mit den Airlines weiterhin das grösste Ärgernis im Arbeits-Alltag. Wo genau drückt der Schuh? (Teil 1/2)

Letzte Woche kam die Swiss im K-Tipp, im SRF und dann auch bei den Boulevardmedien mal wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Thema dieses Mal: Die Tarifierung allgemein und die Frage, ob man bei Nicht-Abfliegen eines Ticketsegments wirklich gebüsst werden darf.

Für die Airline-Vertriebspartner aus den Reisebüros ist die Thematik nicht wirklich neu, aber sie ärgert trotzdem. Und noch vieles mehr. Auf die simple Frage nach dem «grössten Aufreger» kommen die Antworten einiger befragter Reisespezialisten wie aus der Pistole geschossen.

Distribution Charge ist «lächerlich»

«Bei Swiss kommt man sich nicht als Geschäftspartner oder erweiterter Verkaufskanal vor, sondern hat das Gefühl, ein Drittklasskunde zu sein», erklärt Gian-Reto Bauder vom Reisehaus in Zürich, «dank den Distribution Charges bezahlen wir mehr als der Kunde direkt bei Swiss, zumal wir die Tickets via Broker ausstellen und von keiner Channel Fee, Kickbacks oder sonstigen Goodies profitieren. Ich denke nicht, dass es eine andere Branche gibt, in welcher der Vertriebspartner einen höheren Einkaufspreis hat als der direkte Verkaufspreis des Leistungsträgers.»

Für Alex Bähler (Media Reisen/Lufthansa CityCenter, Basel) ist die Distribution Charge schlicht «lächerlich»: «Jeder geschäftstüchtige Produzent würde bei einem Direktverkauf zum gleichen Preis wie beim Vermittler einfach seine eigene Marge um diese Summe erhöhen und auf diese Weise auf vielerlei Ebenen seine Qualitäten beweisen.»

Tarifierung ist selbst für Profis nicht nachvollziehbar

Ein weiteres Ärgernis ist die Tarifierung an sich. Heinz Schachtler (Travellino, Solothurn) bringt es auf den Punkt: «Immer wieder ist es günstiger, zwei One-ways zu buchen statt ein Retourflugticket. Auch das vorgeschriebene zwingende Abfliegen der einzelnen Legs in Buchungsreihenfolge ist für den Kunden immer wieder ein Thema. Für Bürger Österreichs gilt diese Regelung nicht! Das ist nicht verständlich.» Probiert ein Reisebüro, die geltenden Regelungen «flexibel» zu handhaben, dürfe nicht auf Kulanz gehofft werden.

Ein Reisebüro-Inhaber, der nicht genannt werden will, aus Angst um seine Incentive-Zahlungen, hat dazu ein weiteres Beispiel: «Wenn ein Passagier ein Ticket kauft, sagen wir mal MIL-ZRH-LAX-ZRH-MIL in C-Klasse, und er steigt tatsächlich in MIL ein, lässt aber den Coupon ZRH-MIL am Schluss unbenützt im Ticket drin, dann riskiert das Reisebüro ein sattes ADM, auch wenn dieser Flug vom Reisebüro im GDS nicht annulliert wurde, sondern der Kunde aus was für Gründen auch immer kurzfristig das ZRH-MIL nicht abfliegt. Wenn wir Swiss darauf ansprechen, dass dies auf der Swiss-Homepage gebucht werden kann, heisst es dann so schön ‚ja, das ist eine andere Sache‘ oder so ähnlich.»

«Bei Problemen wird vorausgesetzt, dass man diese als Reisebüro selbst löst.»

Bauder doppelt mit einem anderen Beispiel nach: «Fälschlicherweise wurden von einem Mitarbeiter von uns acht Langstreckenflugtickets mit falschem Rückflugdatum eingebucht. Dieser Fehler wurde leider erst nach der Ticketausstellung, jedoch fünf Monate vor Abreisedatum entdeckt. Swiss wurde sofort kontaktiert, da die Tickets Non-Refundable waren. Wir hätten eigentlich einen Rückflug am Montag anstelle des Sonntags gebraucht, aufgrund besserer Kapazität am Montag keine Nachteil für Swiss. Klar, der Fehler war bei uns und die Regeln sind klar. Doch Swiss zeigte keinerlei Kulanz und wir mussten acht neue Tickets buchen und bezahlen, so ist uns ein Schaden von 8000 Franken entstanden. Man dürfte als Geschäftspartner doch gewiss einen Lösungsansatz im gemeinsamen Interesse erwarten, dies würde auch die Wertschätzung der Swiss gegenüber ihrem Reisebürovertriebskanal bezeugen.»

«Die ADM sind teilweise eine Frechheit», bekräftigt auch Roly Petermann (Jet Reisen, Luzern), «es macht einfach keinen Spass mehr, für die Kunden billige Tickets zu buchen.» Dass die Fehlerquote relativ hoch sei, überrasche nicht, «da es in der gleichen Buchungsklasse x verschiedene Tarife mit x verschiedenen Bedingungen und Leistungen mit x verschiedenen Eingaben rauszuholen und zu überprüfen gibt», wie Bähler festhält.

Lesen Sie morgen (Teil 2/2): Wie sich bei den Reisebüros die Airline-Zwänge auf den Buchungsprozess auswirken – und wie die Reisebüro-Chefs das Verhältnis mit den Airlines künftig sehen. 

(JCR)