Reiseanbieter

Kommentar Auf dem Weg zu 1200 Reisebüros

Gregor Waser

In einem Jahr ist die Anzahl Schweizer Reisebüros von 1994 auf 1763 gesunken, ein Minus von fast 12 Prozent. Bald sind es noch deutlich weniger.

3706 Reisebüros gab es im Jahr 2000 in der Schweiz. Bald wird es nur noch einen Drittel davon geben. Die Gründe sind bekannt: 9/11-Reiseschock, Tsunami-Lähmung, Airlines streichen Provisionen, Wegfall der Städtereisen, Grenzshopping und ein rasant wachsender Online-Direktvertrieb haben die letzten 15 Jahre geprägt.

So waren vor einem Jahr noch 1994 Reisebüros tätig, also noch gut die Hälfte jener, die es im Jahr 2000 gab. Im Herbst 2016 sind es gemäss der aktuellen Statistik der Distributionsfirma Markus Flühmann AG noch genau 1763, mehr als 11 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Die Aufgabe der SBB ihrer 163 Reisebüros hat den Hauptteil davon ausgemacht. Doch weitere 68 Reisebüros machten in den letzten 12 Monaten dicht. Darunter sind drei TUI- und zwei Hotelplan-Filialen, aber auch zahlreiche Einzelbüros, die entweder keine Nachfolgelösung oder keinen valablen Verkaufspreis finden konnten – und den Betrieb einstellten.

1763? Dabei wird es nicht bleiben. Die Zahl setzt sich zusammen aus 1066 A-Reisebüros, die über eine Kundengeldabsicherung verfügen, 439 ohne Absicherung, 186 Bahnhöfe und 72 Tauchshops.

Denn nun kommen die B-Reisebüros unter Druck. Die Motion Markwalder hat die Hürde Nationalrat genommen, der Ball liegt nun beim Ständerat, der bis im Frühling dem Begehren wohl auch zustimmen dürfte. Die Motion fordert eine rigidere Durchsetzung des Bundesgesetzes über Pauschalreisen.

Jene 439 Reisebüros, die sich heute noch um eine Kundengeldabsicherung foutieren und sich hinter der Begründung verstecken, keine Veranstalter zu sein, werden sich bei einem Ja des Ständerates und einer darauf folgenden Gesetzesänderung des Bundesrates Sanktionen gegenüber sehen. Das dürfte einen kleinen Teil der 439 B-Reisebüros dazu bewegen, doch eine Versicherungslösung anzueignen, ein grösserer Teil dürfte dann arg gefährdet sein, den Betrieb aufrecht erhalten zu können.

Unumstritten ist die Gesetzesänderung nicht: die Gegner monieren, dass damit eine Einstiegshürde geschaffen wird, die für Startups nicht zu stemmen ist. Zudem sei es ein Verhältnisblödsinn, dass Airlines, Reedereien und Hotelportale die nur Einzelleistungen anbieten, verschont blieben, schliesslich könne ein Airline-Konkurs genauso zu grossen Schäden führen.

«Es gibt keine Retailer mehr, die sich nicht täglich auch als Reiseveranstalter betätigen»

Walter Kunz, der Geschäftsführer des Schweizer Reisebüro-Verbands (SRV), begrüsst die sich abzeichnende Gesetzesänderung und er verhehlt nicht, dass ihm die B-Reisebüros ein Dorn im Auge sind: «Ich hoffe darauf, dass Reisebüros ohne Kundengeldabsicherung eines Tages verschwinden oder zu A-Reisebüros mutieren. Sie verschaffen sich einen Konkurrenzvorteil. Denn es gibt keine Retailer mehr, die sich nicht täglich auch als Reiseveranstalter betätigen mit der Verknüpfung zweier Einzelleistungen».

Zudem sagt Kunz, sei es zu überlegen, die 181 Bahnhöfe mit begrenztem Retailing aus der Statistik zu nehmen: «Die meisten bieten nur noch einzelne Tagesausflüge, mal ein Bahnbillet nach Paris oder Konzertbillette an, eigentliche Reisebüros sind das nicht». Auch bei den Tauch- und Surfshops steht das Retailing nicht im Zentrum, da werden nebenbei noch vereinzelte Arrangements oder Kurse in Tauchschulen vermittelt.

So ist die Schätzung, dass es in wenigen Jahren von den 1763 in der Statistik figurierenden Reisebüros nur noch 1200 gibt, realistisch. Schlimm ist das nicht. Denn der gesamte Reisebüro-Umsatz in der Schweiz stagniert. Und wenn dieser nun von weniger Reisebüros, dafür qualitativ besser aufgestellten gestemmt wird, ist das nicht nur für die verbleibenden Reisebüros gut, sondern auch fürs Renommee der gesamten Branche.