Reiseanbieter

TTS-Geschäftsführer Beat Obrist sagt im Interview: «Bei der Vielfalt an Informationen im Internet ist der Kunde dermassen verwirrt, dass er wieder ins Reisebüro kommt.» Bild: TN

«Gute, unabhängige Retailer zu finden, ist schwierig»

TTS-Geschäftsführer Beat Obrist über die Entwicklung des Zusammenschlusses und die aktuellen Baustellen.

Herr Obrist, die Schweizer Reisebranche wurde seit anfangs 2015 durchgeschüttelt. Wie geht es der TTS-Gruppierung?

Beat Obrist: Wenn unsere Mitglieder jammern, dann auf hohem Niveau. Uns dürfte es verglichen mit dem Branchendurchschnitt besser gehen, weil wir uns auf das Spezialistentum konzentrieren. Das Massengeschäft nehmen wir auch, aber das ist nicht unsere Kernkompetenz. Dort hat der Trade am meisten gelitten, bei grossen Destinationen wie Ägypten, Türkei und Tunesien, das betrifft uns weniger. Im Retail merkt man das zwar, im Touroperating läuft es uns aber hervorragend.

Haben Sie von den Wirren bei Kuoni profitiert?

Da gab es gewisse Unsicherheiten, Know-how-Abfluss. Da konnten wir teilweise profitieren, nicht nur wir.

Wie haben sich die TTS-Umsatzzahlen entwickelt?

Das Gesamtvolumen bewegt sich zwischen 400 und 450 Millionen Franken, eine Grösse die in den letzten Jahren stabil geblieben ist.

Und wie teilen sich die Anteile zwischen Retailing und Touroperating auf?

Etwa 60 Prozent Retailing, 40 Prozent Touroperating, das tendenziell aber zunimmt.

«Wir sind die Einzigen, die Unabhängigkeit sichern können»

Die Wahrnehmung von aussen ist die, dass TTS eher eine Touroperating-Vereinigung ist. Täuscht der Eindruck?

Ich höre das auch immer wieder. Aber wir kämpfen mit allen Mitteln gegen dieses Bild. Wir sind als Retailervereinigung gestartet und wollen auch eine sein. Selbstverständlich haben wir gute TOs, die auch dabei sind. Das Problem im Retailing sind die Wachstumschancen. Gute, unabhängige Büros zu finden, das ist unsere Schwierigkeit. Ein gewisses Problem ist die Dominanz der Knecht Gruppe, die weder Knecht noch wir wünschen. Aber das hat sich so ergeben. Darum wäre es gut, wir hätten noch vier, fünf starke unabhängige Retailer, die nicht der Knecht Gruppe angehören.

Sind Sie aktiv dran, potenzielle Retailer anzusprechen?

Sind wir schon, wenn auch mit mässigem Erfolg. Es ist insofern schwierig, weil es bei uns gewisse Vorgaben gibt. Wir sind untereinander transparent mit den Zahlen. Das schreckt die einen bereits einmal ab. Und auch die Unabhängigkeit ist ein Thema. Dabei predige ich stets: wir sind die Einzigen, die Unabhängigkeit sichern können, bei uns ist man keinem der Grossen angehängt, der einem irgendwann schluckt. Klar empfehlen wir gewisse Dinge, aber am Schluss entscheidet jeder selber. Und wenn wir wählen könnten, wir wären in der Stadt Zürich gerne präsenter.

Was würde einem das kosten, sich dem TTS anzuschliessen? Was ist der Benefit?

Es gibt eine Jahresgebühr, aber die sollte man einmal oder eineinhalbfach wieder herausholen, im guten Fall doppelt – durch bessere Konditionen, durch andere gute Deals, die wir haben, durch Marketingmassnahmen, die man alleine nicht durchführen kann. Dazu kommen Ausbildungsprogramme.

Wie gross wäre der Zwang, die TTS-Touroperator verkaufen zu müssen?

Einen Zwang gibt es nicht, vielleicht einen gewissen moralischen Druck. Aber es gibt Büros bei uns, die bei gewissen Destinationen bei diesem oder dem beziehen, da sagt niemand etwas. Insgesamt ist in den letzten Jahren der Anteil, der von unseren Retailern bei unseren TOs gebucht wird, gewachsen – wenn das teilweise auch mit der Schwäche anderer TOs zu tun hat.

Letzte Woche hat der Schweizer Reise-Verband aktuelle Zahlen publiziert: 65 Prozent der Buchungen erfolgen übers Internet, 21 Prozent über Reisebüros. Was sagen Sie zum grossen Online-Anteil?

Dort sind wir nicht dabei. Aber das ist gerade der Punkt: unsere komplexen Produkte lassen sich nicht online aufbereiten, um per Knopfdruck gebucht zu werden. Insofern ist das Internet keine Bedrohung für uns. Im Gegenteil: bei der Vielfalt an Informationen im Internet ist der Kunde dermassen verwirrt, dass er wieder ins Reisebüro kommt. Aber klar, die Präsenz im Internet, dass man uns findet, ist sehr wichtig.

Und mit welchen Tätigkeiten sind Sie auf der Geschäftsstelle beschäftigt?

Wir organisieren Ausbildungen, Kurse, Marketing-Aktivitäten, koordinieren Verhandlungen, betreuen unsere Webseite, Kundennewsletter. Was noch? Wir sorgen für die Zahlentransparenz, es gibt viele Protokolle zu schreiben und nun, wie alle drei Jahre, gilt es einen Mega-Event zu organisieren – ein Get-together, bei dem sich die Leute kennenlernen und austauschen können, ein Plausch-Weekend.

(GWA)