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Einwurf Letzter Akt im Schweizer Badeferien-Geschäft

Roland Zeller

Das Volumengeschäft Richtung Mittelmeer liegt am Boden. Roland Zeller schreibt darüber, was die Kuoni-Ankündigung von letzter Woche heissen könnte.

Für Brancheninsider kam die Ankündigung von Kuoni Schweiz, dass es schlecht laufe und sämtliche Szenarien überprüft werden, nicht unbedingt überraschend. Auch keine Überraschung ist die Tatsache, dass Kuoni vor allem das Badeferien-Volumengeschäft Sorgen bereitet.

Dazu gibt es einerseits eine Vielzahl kurzfristiger Gründe: die Flüchtlingskrise, die Terrorangst, die Jobangst, die Fussball-EM – also wieder mal eine schwieriges Tourismus-Jahr, wie leider schon so oft in den vergangenen Jahren.

Wenn man sich aber die Entwicklung des Schweizer Shorthaul-Badeferiengeschäfts über die letzten 20 Jahre anschaut, so gibt es durchaus grundsätzliche Veränderungen in den Rahmenbedingungen, welche den Badeferien-Touroperators zu schaffen machen:

1. Die Fluglösungen

Längst vorbei sind die Zeiten als Schweizer TOs im grossen Stil Vollcharter an Badeferien-Destinationen auflegten. Es gibt sie zwar immer noch vereinzelt, speziell an Hochsaison-Daten oder Richtung kleinerer Inseln, aber seit Air Berlin, Edelweiss und selbst Easyjet Flugtickets zu Badeferien-Zielen zu Schleuderpreisen im Einzelplatzverkauf anbieten, hat sich das Badeferien-Fluggeschäft grundlegend verändert. Selbst der Versuch der TOs, sich mit eigenen Airlines oder „dedicated aircrafts“ von der Konkurrenz abzuheben, kann spätestens nach dem Holiday-Jet-Debakel von Hotelplan als gescheitert betrachtet werden.

Fazit: Die TOs verloren in den letzten Jahren ihr wichtigtes Argument für den Verkauf von Badeferien-Packages: Exklusive, direkte Flüge, für die man zur Hochsaison fast jeden Preis verlangen und eine dementsprechend gute Marge einfahren konnte.

2. Landleistungen

Lange ist es her, dass man am Zielort mit einem herzlichen „Grüezi“ von einem Schweizer Repräsentanten des TOs begrüsst wurde. Dies wurde an den meisten Destinationen längst an (x-fach günstigere) lokale Mitarbeiter outgesourced oder an den lokalen DMC delegiert. Der Schweizer TO verlor dadurch an Profil, Einzigartikeit und Swissness. Kommt dazu, dass der Kunde in einem sehr transparenten Markt kaum mehr bereit ist, für ein „Grüezi“ einen Aufpreis zu zahlen.

Desweiteren wurde auch der Einkauf der Hotels längst ausgelagert und kostenoptimiert. Heutzutage werden Allotments und Preise oft elektronisch über DMCs und Bettenbanken bezogen, respektive realtime elektronisch gebucht.

Fazit: Der Schweizer TO ist vor Ort kaum mehr präsent und komplett austauschbar geworden, was sich schlussendlich auf die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft auswirkt. Warum soll er für ein Allerweltsprodukt mehr zahlen als in Deutschland oder direkt vor Ort?

3. Die Kundschaft

Längst sind die Zeiten vorbei, als die Kunden nur wochenlang an die Sonne liegen wollten. Mittlerweile werden vielfältige Sportmöglichkeiten ebenso erwartet, wie kulturelle Highlights und weitere Erlebnisse abseits der Sonnenliege. Bewegungsfreiheit, Spontaneität und Individualismus werden heute vorausgesetzt und so passen auch die starren 7- oder 14-Tage-Arrangements nicht mehr zu modernen Reisenden.

Kommt dazu, dass man heute mit dem Thema Sonnenbaden anders umgeht als in den 80er-Jahren – viele Leute wollen gar nicht mehr an den Strand oder nicht hauptsächlich. Zudem wollen sie sich nicht in Bettenburgen komplett von der Realität des Gastlandes abschotten lassen. Der moderne Reisegast ist heute mündiger, reisegewandter und sprachlich versiert. Flughafentransfers mit 5 bis 8 Hotelstopps werden von der Kundschaft heute nur noch murrend akzeptiert. Mehr Klasse als Masse und grösstmögliche Flexibilität sind heute angesagt.

Fazit: Die Nachfrage nach klassischen Badeferien-Päckli ist in den letzten Jahren geschrumpft, da sich immer mehr Reisende dem „Massengeschäft Badeferien“ bewusst entziehen.

Was heisst das für den Badeferien-Markt Schweiz?

Sowohl Hotelplan, Kuoni und TUI Suisse fehlt es heute an der kritischen Masse, um das Badeferien-Geschäft übers Jahr nachhaltig profitabel aus der Schweiz hinaus zu betreiben. TUI Suisse war mit seinem deutschen Mutterhaus und Teilchartern schon immer ein Sonderfall, ebenso spezialisierte Destinations-Spezialisten wie etwa Bentour. Es bleiben die beiden Classic-TOs Kuoni und Hotelplan mit ihren diversen Marken wie Helvetic Tours, Migros Reisen, die nicht mehr richtig gross, aber auch nicht kostengünstig klein sind.

Eine Zusammenarbeit im Badeferien-Shorthaul-Bereich täte Not und das war wohl auch der Hauptgrund (nebst persönlichen Motiven des Managements), warum sich Hotelplan letzten Sommer so intensiv um das Schweizer Geschäft von Kuoni bemüht hatte. Ein kombinierter «Kuoniplan»-Badeferien-TO könnte das Volumen bündeln und so wieder eine vernünftige, kostendeckende Operation ermöglichen.

Eine weitere Option für Kuoni wäre eine „TUI-Suisse-Strategie“, das heisst Teilcharter bei den existierenden Airlines (ev. mit TUI Suisse) mit Abflugort Schweiz, dazu das in Deutschland kostengünstig produzierte Land-Produkt. Bei dieser Variante dürfte der Teufel aber im Detail stecken: Was ist mit der Anbindung an die hiesigen Buchungssysteme? Wie bringt man die Swissness rein? Wie geht man mit der Romandie um?

Meine Spekulation: Kuoni schliesst die Badeferien-Abteilung und lässt die Badeferien neu durch Hotelplan produzieren – Helvetic-Katalogcover mit Hotelplan drin. Hotelplan zahlt Kuoni dafür eine grosszügige Summe für einen 5-Jahresvertrag und handelt anständige Kommissionen für den Kuoni-Retail aus. Alle sind happy und das Badeferien-Geschäft kann allen Beteiligten für weitere Jahre Freude machen.

Alternativ würde mich auch nicht überraschen, wenn sich Rewe zurückbesinnt und Kuoni Schweiz komplett oder teilweise an Hotelplan verkauft. Dertour wäre so die mühsame Konsolidierungsarbeit los und könnte so den für sie schon sehr attraktiven Kuoni-Kauf weiter vergolden.