Reiseanbieter
«Uns rennen die Fussballer die Bude ein»
Reto SuterDie Anbieter von Fussball-Trainingslagern haben harte Zeiten hinter sich. 2020 erlebten sie wegen des Corona-Ausbruchs eine kurzfristige Absageflut. In den vergangenen zwei Jahren waren sie aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen in der Warteschlaufe. Jetzt brummt ihr Geschäft wieder. Viele Teams verspüren nach der Pandemie grosse Lust, sich an der Wärme und bei besten Trainingsbedingungen den letzten Schliff für die Rückrunde zu holen.
Die Profiklubs haben ihre Camps bereits in der ersten Januarhälfte absolviert. Momentan sind die Teams aus dem Nachwuchs-Spitzenfussball und die Mannschaften aus der Promotion League und der 1. Liga dran. So richtig los geht's ab kommender Woche, wenn auch für hunderte Amateur-Teams das lang ersehnte Trainingslager ansteht. Die Organisatoren der Camps berichten auf Anfrage durchwegs von einem erfreulichen Buchungsstand, wobei es je nach Anbieter doch auch Unterschiede gibt.
Nachholeffekt trägt zu guten Buchungszahlen bei
«Die Fussballteams rennen uns die Bude ein», sagt Martin Passeraub, der neue Chef von Destination Sports. Zwischen Anfang Jahr und Ostern wickeln er und sein Team für 135 Mannschaften Trainingslager ab. Mit diesem Wert liegt der Anbieter laut Passeraub leicht über den Zahlen aus der Vor-Corona-Zeit. Rund zwei Drittel der Teams, die bei Destination Sports gebucht haben, verbringen ihr Trainingslager in Spanien. Den Rest zieht es unter anderem nach Portugal, in die Türkei und nach Norditalien. «Portugal erlebt einen gewaltigen Boom, was Trainingscamps betrifft», erklärt Passeraub. «Die Region Lissabon und die Algarve sind sehr gefragt.»
Ein starkes Wachstum bei Trips nach Portugal verzeichnet auch Oliver Köpfer. Er ist Geschäftsführer von Planet Sport. Auch sonst laufe es sehr gut. «Wir sind prozentual zweistellig im Plus gegenüber dem Vor-Corona-Niveau», sagt er. Köpfer sieht für diese Entwicklung zwei Hauptgründe. Einerseits geht er von einem Nachholeffekt aus, andererseits ist er auch überzeugt, dass sein Unternehmen dank des technologische Fortschritts viele neue Kundinnen und Kunden gewonnen hat.
Bei Planet Sport ist es möglich, online selbständig eine detaillierte Offerte für die entsprechende Gruppe zu erstellen - inklusive Ausflüge, Wäscheservice und Materialverleih. «Wir sind weltweit der einzige Gruppen-Sportreise-Veranstalter, bei dem das so funktioniert», schwärmt Köpfer. Durch dieses Angebot müsse der Kunde nicht auf Offerten warten, was in Spitzenzeiten bei der herkömmlichen Arbeitsweise gut und gerne zwei bis drei Tage dauern könne.
Nicht überall ist die Feierlaune gleich gross
Noch nicht ganz so euphorisch wie bei den Konkurrenten Destination Sports und Planet Sport klingt es bei Travelclub. Rund 100 Trainingslager seien für die Zeit zwischen Anfang Jahr und Ostern bis jetzt gebucht oder schon durchgeführt worden, sagt Managing Director Antonio Gambardella. Es kämen aber laufend noch neue Buchungen rein. Gambardella rechnet aufs ganze Jahr gesehen damit, bis zu 90 Prozent des Volumens aus der Vor-Corona-Zeit zu erreichen. «In unseren besten Jahren 2018 und 2019 durften wir für rund 170 Teams Trainingslager organisieren - auch alle Camps für die Auswahlmannschaften des Schweizerischen Fussballverbands.»
Ab kommendem Montag führt Travelclub ein zehntägiges Trainingslager des Frauen-Nationalteams in Südspanien durch. Überhaupt sei Spanien nach wie vor der absolute Topseller - insbesondere die Region um Valencia und Alicante, so Gambardella. Auch Malta sei als Reiseziel immer noch sehr beliebt. Was ihn besonders freut, ist die gestiegene Nachfrage nach Reisen in die Südtürkei. «Dort ist das Geschäft weniger stabil, weil immer sehr viel von der politischen Lage abhängt. Ich bin glücklich, dass aktuell wieder bedenkenlos Camps in dieser Region möglich sind», sagt der Travelclub-Chef.
Zypern-Buchungen leiden unter knappem Flugangebot
Bei ivanmeyertours ist die Buchungslage praktisch auf Vor-Corona-Level. «Sehr gut läuft wie schon in früheren Jahren unser Angebot in Umkirch nahe Freiburg im Breisgau mit dem gegenüberliegenden Partylokal Heuboden», erklärt Michael Boggio von ivanmeyertours. «Die Hauptdaten von Ende Februar bis Ende März sind dort komplett ausgebucht.» Ansonsten seien die Klassiker in Spanien und der Südtürkei hoch im Kurs.
Aus den Traktanden gefallen ist Zypern. «Aufgrund des knappen Flugangebots nach Zypern und den entsprechend hohen Preisen für Gruppen sind dort leider keine Trainingslager zustande gekommen», so Boggio. Generell aufgefallen sei ihm, dass viele Buchungen erst nach Ende der Amateur-Vorrunde Ende Oktober zu Stande kamen. In der Vor-Corona-Zeit sei man da meist schon zu spät dran gewesen, weil die Flugverfügbarkeiten knapp respektive die Flugkosten hoch waren.
Auch Knecht Reisen sieht sich mit neuen Begebenheiten konfrontiert. Nicht alle Mannschaften, die vor Corona noch zu den regelmässigen Kunden gehört haben, verreisen wieder in die Ferne. «Es gibt leider doch noch einige Teams, die in diesem Jahr auf ein Trainingslager verzichten», sagt Marco Bolli, Head of Sport bei Knecht Reisen. «Zum Teil konnten zu wenig Spieler für das Camp rekrutiert werden, in anderen Fällen scheiterte es am Finanziellen.
Alles in allem ist Bolli aber dennoch zufrieden. Man sei gut auf Kurs und liege bei den Buchungen im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau bei rund 90 Prozent. Der Löwenanteil der Reisen führt die Teams nach Spanien - vor allem in die Region von Málaga. Der Rest verteilt sich bei Knecht Reisen auf die Südtürkei, Italien, Portugal, Deutschland und die Schweiz.