Reiseanbieter
Laura Meyer erklärt die Dossiergebühr
Noch so gerne würden deutsche Reisebüros ihre effektive Arbeit verrechnen. Doch eine Beratungsgebühr, wie sie in der Schweiz seit gut 20 Jahren Gang und Gäbe ist, scheint bei deutschen Reisebüro-Kunden weiterhin nicht gut anzukommen. Wieso ist dem so?
In einem Interview mit der Fachzeitung «fvw» (Abo) mutmasst Laura Meyer, CEO Hotelplan Group: «Bei uns sind die Einkommen und die Reisepreise höher, das macht es sicher einfacher. Ich finde die Dossiergebühr nur fair. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Filialen machen einen tollen Job, deren Expertise soll man bezahlen. Wir verrechnen diese Gebühr in allen unseren Reisebüros in der Schweiz. Sie ist vom Reisepreis abhängig, liegt typischerweise im dreistelligen Franken-Bereich. Der Anteil der Fernreisen und der Reisen, bei denen man nicht nur an einem Ort den Urlaub verbringt, ist höher».
Im deutschen Reisemarkt, geprägt von Pauschalreisen und aggressivem Pricing, scheint das Verständnis hierzu zu fehlen. Zwar kassieren die Reisebürofilialen von DER Touristik und TUI bei der Buchung Gebühren, viele Reisebürounternehmer schrecken gemäss «reisevor9.de» allerdings davor zurück. Die Sorge treibe diese um, ein Aufpreis würde die Kundschaft zur Konkurrenz oder zum Buchen im Internet treiben. Andere befürchten, die Veranstalter könnten Servicegebühren zum Anlass nehmen, um die Provision herunterzuschrauben.
«Kein Kunde hat mit uns Geld verloren, das hat definitiv viel Vertrauen geschafft.»
Weiter äussert sich Laura Meyer darüber, wie es um die Omnichannel-Strategie der Reisebranche steht: «Die Banken haben früher angefangen zu überlegen, an welcher Stelle der Kontakt mit einem Mensch einen Mehrwert bietet, wie man die Kundinnen und Kunden animieren kann, digitale Services zu nutzen und wie man unterschiedlichste Kontaktpunkte in den Systemen zusammenbringen kann.» Wichtig sei, vom Reisenden aus zu denken: «An welcher Stelle von der Reise-Inspiration bis zum Aufenthalt im Zielgebiet will er oder sie per Telefon, per App oder auch physisch Unterstützung haben? Während der Reise beispielsweise verlagert sich die Interaktion mehr ins Digitale, denn da muss es schneller gehen.»
Auch auf Krisenkredite wird sie angesprochen. «Wir haben ausser der Kurzarbeit keine staatlichen Hilfen genutzt und in der Krise die Kundengelder rasch zurückgezahlt – kein Kunde hat mit uns Geld verloren, das hat definitiv viel Vertrauen geschafft. Teilweise haben wir die Rückerstattungen der Airlines sogar vorfinanziert. Wir waren im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder profitabel und können dank unserer finanziellen Situation umfangreiche Vorauszahlungen an Hoteliers für die neue Saison leisten.»
Und falls sie jemals die Reisebranche verlassen sollte, was würde sie mitnehmen? «Viele Freunde», sagt die Hotelplan-Chefin, und zudem: «Ich bin immer wieder beeindruckt von dem, was man neudeutsch 'operational excellence' nennt. In der Touristik passiert ständig etwas – Corona, Streiks, Flugabsagen. Die Teams stellen sich sehr schnell auf die neuen Situationen ein und handeln im Sinne der Kundinnen und Kunden aber auch im Sinne des Unternehmens. Krisenbewältigung können wir – und wir werden nicht depressiv dabei sondern sind wie man heute gerne sagt, resilient!»