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Alle guten Dinge sind 3? Nicht unbedingt. Bild: AdobeStock

Kommentar Das Dreiergespann als Modell auch für die Schweiz?

Jean-Claude Raemy

Die Spitze der DER Touristik besteht neu aus drei Männern. Wie gut kann das funktionieren? So gut, dass es allenfalls auch auf tieferen Ebenen angewendet werden könnte?

DER Touristik hat sich diese Woche wie erwartet eine neue Führungs-Struktur verpasst, welche zum Jahreswechsel hin in Kraft tritt (Travelnews berichtete). Das Konstrukt ist ziemlich interessant. Denn zum einen geht die Gesamtverantwortung für das Touristikgeschäft an Lionel Souque. Das ist der CEO der Rewe Group, der Konzernchef, mit 51 Jahren schon ein erfahrener Topmanager - der seinen beruflichen Hintergrund allerdings im Detailhandel hat und nicht in der Touristik. Immerhin bleibt ja der langjährige CEO der DER Touristik Group, Sören Hartmann, noch als Berater mit an Bord.

Für die operative Leitung ist dann ein Executive Board zuständig, das geführt wird von drei Männern, weshalb wir das ein «Triumvirat» genannt haben. Das ist dem lateinischen Begriff für «drei Männer» entlehnt und bezeichnet ein Führungsbündnis von drei gleichberechtigten Personen. Im Alten Rom gab es zwei Mal eine politische Führung in Form solcher Triumvirate - beide endeten in Bürgerkriegen. Caesar, Pompeius und Crassus, die das erste Triumvirat ausmachten, waren Egomanen, und die Triumvirats-Vereinbarung endete, als die ersten beiden Crassus ausschalteten. Danach wendeten sich Caesar und Pompeius gegeneinander, was in einem Bürgerkrieg um die Kontrolle über Rom endete.

Wir wollen ja hier nicht gerade solche Szenarien heraufbeschwören. Aber eine Führungstroika aus drei gestandenen Managern, aus erfahrenen Alphatieren, die jetzt in einem schönen Konsensus ein riesiges Unternehmen führen sollen? Das birgt schon etwas Zündstoff. Natürlich hat jeder der drei Manager einen klar zugeteilten Aufgabenbereich. Zur Erinnerung: Ingo Burmester (CEO Central Europe) leitet die DACH-Region, das Hotelgeschäft, das Group Brand Management und die Group Corporate Communications. Leif Vase Larsen (CEO International) leitet die Länder ausserhalb der DACH-Region sowie die Zielgebietsagenturen und den Bereich Digitale Transformation und IT. Boris Schnabel (CFO) leitet Group Finance & Reporting, Treasury, Risk Management, Compliance, Legal, Corporate Strategy und Group Human Resources.

Man sieht aber: Da gibt es Themen, bei denen sich die Wege der Topmanager unweigerlich kreuzen. Und da werden die entscheidungsgewohnten Alphatiere sicherlich nicht den gesamten Einfluss einfach den anderen überlassen. Digitale Transformation? Corporate Strategy? Hotelgeschäft? Wie wird da jeweils entschieden? Der vermeintliche Vorteil ist wie so oft die ungerade Zahl - zwei können den Dritten überstimmen. Aber sobald dieser regelmässig überstimmt wird, formen sich Widerstände. Oder ist es letztlich der Touristikchef, der jeweils den entscheidenden Daumen hoch oder runter hält? Es gibt so oder so diverse Reibungspunkte. Damit Entscheidung reibungsfrei getroffen werden, braucht es ein Führungsgremium, das wirklich als Team agiert. Nur sind CEOs naturgemäss nicht unbedingt Teamplayer, sondern gewohnt, die Entscheidungen allein zu treffen...

Waghalsige, mutlose oder revolutionäre Entscheidung?

Warum ist es überhaupt von Interesse, ob die Führungstroika in Deutschland funktioniert? Falls es eben nicht klappt, wird abermals reorganisiert. Courant normal.

Interessant ist es für uns vor dem Kontext, dass auch in der Schweiz ein Führungswechsel ansteht. Ohne klaren Zeitpunkt, wobei Dieter Zümpel im Jahr 2019 einmal öffentlich verlautbaren liess, dass er noch drei Jahre lang die DER Touristik Suisse führen werde. An diesem Punkt ist man nun etwa angekommen... Über die Nachfolge haben wir auch bereits spekuliert - aber auch hier nur einzelne Namen von «papabili» genannt.

Wäre es möglich, dass auch in der Schweiz die Führung einem Executive Board übergeben wird? Wir sind schliesslich das Land, das statt einem starken Präsidenten ein siebenköpfiges Exekutivgremium hat, was meist gut funktioniert. Ein Triumvirat auch für die DER Touristik Schweiz? Mit, sagen wir, einem Gespann Kreczy/Birinci/Weiss? Vielleicht gar nicht so abwegig. Doch damit sind wir wieder beim obigen Punkt: Geteilte Führung ist ein heikles Pflaster. Und in der Politik mit ihrem ausgeklügelten System an «Checks & Balances» (Kontrollen und Gegenkontrollen) durchaus umsetzbar. In der Privatwirtschaft hat man dagegen eher selten erfolgreiche derartige Systeme gesehen. Und wir leben in einer Zeit, in der trotz all dem «Gschpürschmi» der Bedarf an starken Führungspersonen grösser denn je zu sein scheint.

Man mag den Reorganisationsplan der DER Touristik als «waghalsig» - manche würden vielleicht sagen «mutlos» - bezeichnen. Gab es eine berechtigte Angst, dass einer der Nicht-Berücksichtigten für einen allfälligen Chefposten kündigen würde? Wissen wir nicht. Von Burmester, Vase Larsen und Schnabel wurde auch keiner als «primus inter pares» definiert, also als Chef unter Gleichgestellten, eine Art Team-Captain - was ja auch denkbar gewesen wäre. So müssen sich die drei Topmanager regelmässig zusammenraufen und allfällige Meinungsverschiedenheiten konsensuell überbrücken. Ob das klappt, wird sich weisen. Vielleicht liegen ja aber auch wir falsch und haben die Geburtsstunde einer revolutionären, erfolgsverwöhnten neuen Konzernführungsform komplett falsch eingeschätzt. Only history can tell.