Reiseanbieter

Das Team von Cornels Reisebar begrüsst die Gäste der Jubiläumsfeier, von links: Marco Thoma, Katja Leemann, Lisa Cornel, Anna Bertsche, Silvia Cornel am Mikrofon und Serafina Zill. Alle Bilder: zVg

Silvia Cornel verrät ihr Erfolgsrezept

Gregor Waser

«Cornels Reisebar» in Kreuzlingen TG feiert das 10-jährige Jubiläum – bestens aufgestellt, um die kommenden Jahre zu meistern.

Am 1. September 2012 gründete Silvia Cornel ihr eigenes Reisebüro in ihrer Heimatstadt Kreuzlingen TG am Bodensee. Vor wenigen Tagen feierte sie mit ihrem sechsköpfigen Team, vielen Freunden und Stammkunden aus der ganzen Schweiz 10 Jahre Cornels Reisebar – mit Dankesreden, feinem Apéro, exotischen Speisen, Musik, guten Gesprächen und einigen Partnern wie TUI und Star Clippers.

Dass Schweizer Reisebüros und vor allem unabhängige Retailer überhaupt zu feiern haben, war zuletzt nicht mehr oft der Fall. Die Pandemie, der Reisestillstand, die Online-Konkurrenz, der Personalexodus … die Herausforderungen sind endlos. Trotzdem kann nun Silvia Cornel auf eine überaus erfolgreiche Dekade zurückblicken und fühlt sich gewappnet, die nächsten Jahre anzugehen.

Klar, ohne die letztendlich gute staatliche Unterstützung während der Corona-Pandemie, hätte sich  die Schweizer Reisebüro-Landschaft in den letzten zweieinhalb Jahren gelichtet. Doch zum Überleben und erfolgreich zu sein, braucht es viel mehr, wie das Beispiel von Cornels Reisebar veranschaulicht.

Kein Massentourismus, keine Low-Cost-Carrier

«Wir verkaufen nicht über den Preis, fördern keinen Massentourismus und verkaufen keine Low-Cost-Carrier», zeigt Silvia Cornel klare Haltung, «wir haben einen gewissen Preis, aber einen fairen Preis, es muss für den Kunden stimmen». Zu finden in der Produktepalette ist die ganze Bandbreite der Schweizer Reiseveranstalter, von TUI über Kuoni bis Mittelthurgau.

Im Gespräch nennt sie einige Erfolgsfaktoren, die nichts mit Zauberei zu tun haben, aber für ein lokal verankertes und in die ganze Schweiz ausstrahlendes Reisebüro wie «Cornel Reisebar» überaus entscheidend sein können. Eine enge Kundenbindung, bestens ersichtlich an der Jubiläumfeier, gehört sicherlich schon mal dazu.

Doch blenden wir kurz auf die Karriere von Silvia Cornel zurück. 1986 bis 1989 bildet sie sich bei ACS Reisen in Kreuzlingen zur Reisebüro-Kauffrau aus, wird dann Reiseleiterin bei Escolette, Abteilungsleiterin östliches Mittelmeer und Städteflüge bei Vögele Reisen, Assistant Operation Manager bei Private Safaris, von 2001 bis 2007 Produktmanagerin beim Travel-Tech-Unternehmen Amadeus, wechselt für fünf Jahre zur Softwarefirma SAP, um sich dann 2012 in ihrer Heimatstadt einen langersehnten Wunsch zu erfüllen: ein eigenes Reisebüros zu betreiben. Sie übernimmt ein bestehendes Reisebüro – die Inhaberin hatte sich zum Ruhestand gesetzt – und legt los.

Mit ihrem Tech-Background ist klar: der Online-Auftritt als Visitenkarte ist überaus wichtig. Die Webseite cornelsreisebar.ch ist einfach, klar und inspirierend. Topmodern und einladend sind die Büro- und Verkaufsräumlichkeiten, ein Anziehungspunkt, den die Leute gerne aufsuchen. Auch die neuen Kanäle wie Instagram bespielt Cornels Reisebar gekonnt.

Gute Vernetzung und Storytelling

Um in einer 22’000-Einwohner-Stadt wie Kreuzlingen Erfolg zu haben, gilt es sich gut zu vernetzen, lautet eine weitere Devise von Silvia Cornel. Sie sass sechs Jahre im Vorstand des Gewerbeverbandes, präsidierte Kreuzlingen Tourismus am Bodensee, pflegte verschiedene Formen der Vereinsarbeit, ist Mitglied im Rotary Club und sagt: «So kannst du dich ganz einfach bekanntmachen».

Auch die Solidarität scheint in Kreuzlingen unter den Gewerbetreibenden gross zu sein. Obwohl nur einen Steinwurf von Konstanz entfernt, gilt die Devise bei vielen Einheimischen, lokal einzukaufen. Und zum Thema Grenzshopping sagt sie, dass mit dem dynamischen Pricing das grenzüberschreitende Kaufverhalten bei Reisen und Ferien kein so akutes Problem mehr darstellt – wohl auch wegen der fehlenden Vergleichbarkeit einzelner Produkte. Und ein Umstand, der auch nicht schadet: mit drei Reisebüros - Cornels Reisebar, Kuoni und City Travel - ist die Konkurrenzsituation in Kreuzlingen überschaubar.

Das latente Branchenproblem Fachkräftemangel hat Silvia Cornel bisher kaum erlebt. Im Sommer 21 startete ihre Tochter erfolgreich im Unternehmen. Bevor Omikron im November 2021 ausbrach, zog sie rechtzeitig ein weiteres Stelleninserat zurück und hatte im Frühling insofern Glück, dass mit Katja Leemann eine ehemalige Hotelplan-Filialleiterin aus dem Kanton Zürich in den Thurgau zog und sich dann Cornels Reisebar anschloss.

Und  zum Schluss des Gesprächs verrät Silvia Cornel vielleicht einen entscheidenden Punkt: «Wir verkaufen nicht einfach eine einzelne Destination. Uns ist es wichtig eine Geschichte um die Reise herum zu erzählen.» Storytelling als weiterer Faktor, um auch die kommenden Jahre zu meistern und die aufkommende Online-Konkurrenz in den Schatten zu stellen.