Reiseanbieter

Der Bund nimmt Missbrauchsfälle bei der Kurzarbeit unter die Lupe. Lastminute.com steht im Verdacht, getrickst zu haben. Bild: TN

Trickserei bei Lastminute.com?

Gegen den Online-Reiseanbieter LM Group ist im Tessin eine Untersuchung eingeleitet worden. Dabei geht es um möglichen Missbrauch im Zusammenhang mit der Beantragung und dem Bezug von Covid-19-Kurzarbeitentschädigungen.

Die in Chiasso TI domizilierte LM Group ist europaweit im Lastminute-Geschäft tätig. Seit März 2020 hat das Unternehmen total 28,5 Millionen Franken an Kurzarbeitsentschädigungen für ihre 500 Mitarbeiter eingestrichen. Doch zu recht? Die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin hat nun im Umfeld des Online-Reiseanbieters eine Razzia durchgeführt und Material beschlagnahmt.

Die Durchsuchung steht im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Betrugsverdacht, unrechtmässiger Inanspruchnahme von Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeleistungen und Verletzung des Schweizer Arbeitslosenversicherungsgesetzes.

Bei den Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, handelt es sich um derzeitige und ehemalige Führungskräfte und Mitglieder der Organe der betreffenden Tochtergesellschaften, darunter CEO Fabio Cannavale und COO Andrea Bertoli.

LM Group wehrt sich gegen den Betrugsverdacht

Das Unternehmen gibt sich in einer Mitteilung aber zuversichtlich, dass in den untersuchten Angelegenheiten «kein Fehlverhalten» vorliegt. Man werde die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen unterstützen.

Die Tessiner Staatsanwaltschaft sowie die Kantonspolizei bestätigten in einem Communiqué lediglich eine Reihe von Hausdurchsuchungen, Befragungen und Beschlagnahmungen von Material in der Region um Mendrisio. Diese hätten insbesondere die Räume eines Konzerns betroffen, der in der Reisebranche tätig seien schrieben sie, ohne den Namen des Unternehmens zu nennen.

Sieben Personen wurden nach Behördenangaben festgenommen. Es handle sich um italienische Staatsangehörige zwischen 33 und 57 Jahren. An der Polizeiaktion seien auch Beamte der Gemeindepolizeien von Chiasso, Mendrisio, Lugano, Ceresio Nord, Torre di Redde und Bellinzona beteiligt gewesen. Das beschlagnahmte Material werden nun untersucht, so Polizei und Staatsanwaltschaft. Danach werde man über weitere Schritte entscheiden.

Ob sich unter den festgenommenen Personen auch Fabio Cannavale (CEO) und Andrea Bertoli (COO) befinden, wollte ein Sprecher des Online-Reisebüros auf Anfrage der Nachrichten-Agentur AWP nicht kommentieren.

7 von 10 Verdachtsfällen erhärten sich

Dass die grosszügige und speditive Unterstützung des Bundes in der Corona-Krise wohl auch Tricksereien hervorruft, stand seit längerem im Raum. Mittlerweile ist  der Bund 1209 Hinweisen nachgegangen - in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young und PwC. Sie gehen Meldungen nach, die über die Whistleblowing-Plattform der Eidgenössischen Finanzkontrolle oder andere Kanäle eingegangen sind.

In 7 von 10 Fällen soll sich dabei der Verdacht auf Betrug erhärten, schreibt die NZZ. Von den 870 verdächtigten Dossiers wurden bisher 426 abgearbeitet. In 311 Fällen wurden die Abrechnungen korrigiert und das Geld zurückgefordert. In 39 Fällen wurde eine Strafanzeige eingereicht, beim Rest handelt es sich um Fehler des Antragsstellers.

(TN)