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Schlägt jetzt wieder die Stunde der Charterreisen?
Jean-Claude RaemyDie durchschnittlichen Flugpreise sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Das hat natürlich mit der Teuerung des Treibstoffs zu tun, aber auch mit der enorm gestiegenen Nachfrage, mit welcher der Kapazitätsaufbau nach den zwei Pandemie-Jahren nicht Schritt hält. Das rückt eine Form der Ferienflüge wieder ins Zentrum, deren Ende vor einigen Jahren von «Experten» prophezeit wurde, die sich aber besser denn je hält: Die Rede ist natürlich von klassischen Ferienchartern.
Diese waren in der Vergangenheit von der allgemeinen Flug-Überkapazität und damit verbunden tiefen Preisen bei gleichzeitig vielen Frequenzen immer härter an den Rand des Tourismusgeschäfts gedrängt worden. Doch die Pandemie hat die Vorteile der Charter-Paketreisen deutlich vor Augen geführt. Zum einen gibt es die Sicherheit im Annullierungsfall, zum anderen aber möglicherweise auch wieder ein Preisargument: Zu fixen Preisen abgeschlossene Charterverträge sind im Optimalfall günstiger als von Endkunden allenfalls selber geschnürte Flug/Hotel-Pakete. Wir haben bei den Grossveranstaltern mit Charterkapazitäten nachgefragt, ob dies der Fall ist.
Breites und preislich attraktives Angebot
Markus Flick, Mediensprecher von DER Touristik Suisse, hält fest: «Besonders in der Hochsaison sind Preise von im Vorfeld eingekauften Flugleistungen im Regelfall attraktiver als jene, die Direktbuchende für den Flug bezahlen müssten – auch wenn die Gesetze von Angebot und Nachfrage auch für Charterflüge gelten.»
Constanze Andrianello, Mediensprecherin TUI Suisse, ist derselben Meinung und belegt dies wie folgt: «Beim Einkauf von Charterkapazitäten im Flugbereich kaufen wir als Tour Operator in der Regel ein grösseres Volumen an Sitzplatz-Kontingenten bei der Fluggesellschaft ein. Im Gegenzug erhalten wir zugesicherte Verfügbarkeiten sowie Preise, welche im Vergleich zu einzeln verfügbaren Flügen zumeist attraktiver sind. Für den Sommer und Herbst hat TUI Suisse in beliebten Feriendestinationen wie etwa Griechenland bereits umfangreiche Kontingente eingekauft und langfristig aufgestockt. Somit können wir unseren Kunden sowohl ein breites als auch preislich attraktives Angebot bereitstellen und derzeit unter anderem auch interessante Last-Minute-Angebote für den anstehenden Sommer 2022 offerieren.»
Tanja Pöll, Mediensprecherin von Hotelplan Suisse, legt ihrerseits Wert auf die Feststellung, dass man Verfügbarkeiten gewährleisten kann: «Trotz der teilweise steigenden Flugpreise können wir unseren Kundinnen und Kunden aufgrund der frühzeitig eingekauften Charterplätze auch zu Hochsaisondaten genügend Verfügbarkeiten zu attraktiven Preisen anbieten.»
Verändertes Chartergeschäft
Wie sieht es denn mit der Anzahl Charterplätze in diesen Sommer/Herbst im Vergleich zu 2019 aus? Noch ist man nicht zurück auf alten Volumina. «Wir haben das Niveau von 2019 noch nicht erreicht», sagt Tanja Pöll (Hotelplan), «in Zukunft wird das Volumen im Vergleich zu diesem Jahr aber tendenziell noch steigen.» Constanze Andrianello (TUI) kommentiert ihrerseits: «Je nach Feriendestination verfügen wir für den Sommer und Herbst über unterschiedliche Kapazitäten an Charterflugplätzen. In beliebten Feriendestinationen wie Griechenland haben wir die Kapazitäten für unsere Kunden erweitert sowie abgesichert und erreichen dort ein vergleichbares Niveau wie 2019. Wir gehen davon aus, dass die Relevanz von Charterflugplätzen auch in Zukunft und vor allem in der Hochsaison sehr gross sein wird.»
Es zeigt sich aber auch, dass sich das Chartergeschäft verändert hat. «Mit unserem Portfolio-Mix aus dynamischen Plätzen, Charterplätzen und Poolingplätzen sollen den Kundinnen und Kunden die jeweils attraktivst-möglichen Flugpreise zur Verfügung stehen», erklärt Markus Flick (DER Touristik Suisse) das Vorgehen bei Kuoni & Co., «Fixabnahmen haben wir im Vergleich zu 2019 signifikant reduziert und im Gegenzug Pooling-Plätze aufgestockt. Die Planung für die bevorstehenden Saisons verläuft dynamisch.»
Mehr Sicherheit mit der Pauschalreise
Ein wesentlicher Punkt, den die Befragten hervorheben, ist die Sicherheit, welche eine (Charter-)Pauschalreise bietet. Das ist ein Punkt, der wieder verstärkt in der Kommunikation aufgegriffen wird.
«Grundsätzlich haben die Menschen durch die Pandemie ein grösseres Bedürfnis nach Sicherheit und Flexibilität», analysiert Constanze Andrianello (TUI), «die Buchung einer Pauschalreise bei einem Anbieter wie TUI bietet gerade in dynamischen Zeiten eine ideale Basis, um sorglose und preislich attraktive Ferien zu verbringen. Die persönliche Beratung und der Kontakt durch unsere Reiseexpert*innen sowie die Betreuung bei etwaigen Anpassungen der Reiseplanung wird von unseren Kunden sehr geschätzt und ist ein wesentlicher Vorteil und Mehrwert der Pauschalreise gegenüber einzeln gebuchten Leistungen. Darüber hinaus bieten wir als TUI für unsere Kunden zusätzlich eine Kombination aus weiteren attraktiven Vorteilen. Mit unserem kostenlosen Serviceversprechen ‹TUI Protect› bieten wir maximale Sicherheit im Falle einer Corona-Erkrankung und mit dem optionalen TUI Flex Tarif bieten wir maximale Flexibilität bei der Umbuchung oder Stornierung der Reise. Zudem bieten wir mit unseren TUI-Ansprechpartnern im Reiseland sowie unserer meineTUI App die bestmögliche Kombination aus persönlicher und digitaler Betreuung unserer Gäste sowohl vor als auch während der gesamten Reise.»
Markus Flick (DER Touristik Suisse) schlägt ins gleiche Kerbholz: «Die Betonung der Vorzüge von Pauschalreisen gehört zu den Schwerpunkten unserer Marketingkommunikation. Während der Pandemie ist dies noch verstärkt geschehen, beispielsweise als wiederkehrende Botschaft in der proaktiven und reaktiven Medienarbeit sowie als Teil von kanalübergreifenden Marketing-Aktionen wie ‹8 Gründe für Kuoni› - mit expliziten Hinweisen auf das Thema Sicherheit einer Buchung im Reisebüro beziehungsweise beim Veranstalter.»
Auch Hotelplan geht proaktiv vor: «Wir informieren die Kundinnen und Kunden anhand von Newslettern und auch in den Verkaufsgesprächen über die Vorteile einer Pauschalreise, zudem nutzen wir die mediale Berichterstattung, um der Öffentlichkeit die Vorzüge einer Pauschalreise zu vermitteln», sp Sprecherin Tanja Pöll.
Fazit
Auf die Vorteile der Buchung einer Pauschalreise weisen die Grossveranstalter unermüdlich, dazu gesellt sich nun die Möglichkeit, mit Charterplätzen auch im derzeit volatilen Flugbereich zusätzliche Sicherheit - auch in Bezug auf die Preise - zu bieten. Natürlich ist das Chartergeschäft aber auch weiterhin riskant: Wer aufs falsche Pferd setzt, kann schnell hohe Verluste erleiden, weshalb beispielsweise Kuoni breit abgestützt vorgeht und die reinen Charterrisiken möglichst tief hält, wie COO Verda Birinci-Reed bereits letztes Jahr gegenüber Travelnews festhielt.
Wie sehr die Branche von den möglichen Vorteilen durch neue Gegebenheiten und Befindlichkeiten nach der Pandemie profitieren kann, ist vor allem eine Frage der Kommunikation bzw. des Marketings, wobei es hier natürlich wünschenswert wäre, wenn es wieder Branchen-Kampagnen wie seinerzeit mit dem SRV gäbe. Ob es hierzu kommt, ist allerdings fraglich.