Reiseanbieter

«Es gibt noch mehrere hundert Reisebüros ohne Absicherung»

Gregor Waser

Marcel Gsell wehrt sich gegen die Vorwürfe an den Fair Reisegarant.

Etliche Reisebüros sehen sich derzeit strengeren Forderungen des Garantiefonds gegenüber. „Der Fall WTA-X hat gezeigt, dass unsere Prüfung bezüglich Tätigkeit unserer Teilnehmer in der Schweiz noch verbessert werden kann“, räumt Stefan Spiess, der Geschäftsleiter des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche,  gegenüber travelnews.ch ein. Nun hat der Garantiefonds einen Wirtschaftsprüfer angestellt, der die Teilnehmer zeitnaher und umfassender durchleuchtet.

Bei der Swiss Travel Security, der von der Reisebüro-Vereinigung STAR initiierten Kundengeldabsicherungs-Lösung, sei die Schraube schon länger angezogen, sagt STAR-Präsident Luc B. Vuilleumier und verweist darauf, dass es Reisebüros gebe, die drei Jahre hintereinander ihre Einlage erhöhen mussten. Harsche Worte äussert er aber gegenüber den beiden weiteren Anbietern, Fair Reisegarant und TPA, die ebenfalls kleinere Reisebüros zu ihren Kunden zählen: „Fair Reisegarant und die TPA haben keine Daseinsberechtigung. Die beiden sind weder eine Stiftung – stehen also unter keiner Aufsicht – noch  veröffentlichen sie ihre Zahlen. Hier muss man kritisch sein. Wer bei ihnen Mitglied ist, ist nirgendwo ersichtlich.“

«Das ist gemäss der rechtlichen Einschätzung ein legitimes Konstrukt»

Marcel Gsell von Sunshine Reisen Waldstatt AR, Mitbegründer von Fair Reisegarant, sagt dazu: „Wir haben aufgrund unserer Rechtsberatung eine Genossenschaft gewählt, das ist gemäss der rechtlichen Einschätzung ein legitimes Konstrukt“. Dass TPA als Verein agiere, findet aber auch Gsell fragwürdig.

Auf Vuilleumiers Aussage, Fair Reisegarant und TPA hätten keine Daseinsberechtigung, entgegnet Marcel Gsell: „Es gibt in der Schweiz nach wie vor mehrere hundert Reisebüros ohne Kundengeld-Absicherung. Insofern müssen wir nicht um eine Daseinsberechtigung diskutieren.“ Die Aussage von Vuilleumier sei ein Affront.

Im Oktober 2015 wurde der Fair Reisegarant ins Leben gerufen. Wie steht es mit der aktuellen Mitgliederzahl? „Wir sind davon ausgegangen, dass wir nach einem halben Jahr 30 Mitglieder haben, diese Ziel haben wir noch nicht erreicht“, sagt Gsell und verweist darauf, sollte die Motion Markwalder im Parlament durchkommen (Sanktionen für Reiseveranstalter und -vermittler ohne Kundengeldabsicherung), sich dann noch viele Reisebüros um eine Lösung kümmern müssten.

«Rein mathematisch sind wir strenger als der Garantiefonds»

Als typisches Mitglied für den Fair Reisegarant nennt er Reisebüros von einer Million Jahresumsatz und weniger. Bei einer Million Umsatz liegt die Garantiesumme bei 20'000 Franken und die Jahresgebühr bei 800 Franken. „Rein mathematisch sind wir strenger als der Garantiefonds“, rechnet Marcel Gsell vor, beim Garantiefonds, wo ein Reisebüro bis fünf Millionen Umsatz 50'000 Franken zu bezahlen habe, liege die Einlage bei einem Prozent. Und er nennt ein Beispiel eines kleinen Fair-Mitglieds, dass Fahrten an Musikfestivals und Karten verkauft, auf einen Jahresumsatz von 250'000 kommt und 20'000 hinterlegt: „In diesem Beispiel sind acht Prozent des Jahresumsatzes bei uns hinterlegt“. Er räumt aber ein, dass für Reisebüros ab drei Millionen Franken sich der Garantiefonds besser rechne. Zur derzeitigen Handhabung der Risiken, sagt Gsell: „Nicht jeder ist bei uns mit 20'000 Franken dabei. Wir checken die Struktur genau, etwa wie gesund das Lohnkostensystem oder die Nebenkosten sind.“

Und auf Vuilleumiers Vorwurf, bei TPA und Fair Reisegarant seien die Mitglieder nicht veröffentlicht, entgegnet Gsell: „Das stimmt nicht. TPA hat auf dem Netz die gesamte Liste publiziert. Unsere Reisebüros geben den Kunden einen Sicherungsschein ab, darauf hat er ein Log-in und kann so abrufen, ob das entsprechende Reisebüro versichert ist“. Zudem unterstreicht Marcel Gsell die Wichtigkeit dieses Sicherungsscheins. Damit habe man ein Instrument, das Wirkung hinterlässt und dem Kunden aufzeigt, dass das Reisebüro versichert ist.

Dass sich die Risiken in diesem nicht einfachen Reisejahr erhöhen könnten, dazu will sich Gsell nicht äussern, verweist aber auf den Konkurs der Bettendatenbank Gateway von dieser Woche, um darauf hinzuweisen, dass ein Konkurs eben schnell passieren könne.

Kommentar — Darum prüfe, wer sich wo versichern will