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Die Schweizer buchen wieder mehr Ferien. Bild: adobestock

Der Buchungsboom für das Sommergeschäft 2022 hält an

Alexandra Almeida / Jean-Claude Raemy / Isabell Ridder

Seit Jahresbeginn gibt es einen Steigerungslauf bei der Feriennachfrage der Schweizerinnen und Schweizer. Was wird gebucht, wie kommen die Reiseunternehmen mit dem Buchungsboom klar, wie entwickeln sich die Preise und gibt es überhaupt noch die erhöhten Buchungsflexibilitäten? Travelnews hat bei sieben Reiseveranstaltern nachgefragt.

Travelnews prophezeite vor wenigen Wochen im Anschluss an die Publikation einer Osterferien-Umfrage, dass sich - beflügelt durch den Abbau von Corona-Einreisebeschränkungen weltweit sowie einem grossen Reise-Nachholbedarf der Schweizer Bevölkerung, ab Mai ein «Ketchup-Effekt» einstellen werde, also eine Buchungs-Explosion. Jetzt, nur noch wenige Wochen vor den Sommerferien, sollte dieser Effekt spürbar sein. Wie läuft es bei den Grossveranstaltern und was wird überhaupt stark gebucht?

Travelnews hat sich bei sieben Veranstaltern umgehört. Nebst den Destinations-Trends wollten wir auch Einschätzungen zur Preisentwicklung und zur Zukunft der Buchungsflexibilität erörtern. Hinsichtlich der Trenddestinationen zeigt sich eine Rückkehr in alte Muster ab, d.h. auf der Kurz-/Mittelstrecke dominieren die Balearen, Kanaren, und das östliche Mittelmeer (Griechenland/Türkei), auf der Langstrecke sind die USA sowie die Ziele im Indischen Ozean hoch im Kurs. Bei der Preisentwicklung und auch bei der Frage zur Beibehaltung oder Abschaffung der Corona-bedingten speziellen Buchungsflexibilität gibt es allerdings recht unterschiedliche Aussagen. Ein lohnenswerter Long-Read.


Rebecca Murphy, Senior Public Relations Manager bei Ebookers, Teil der Expedia Group

Rebecca Murphy

«Seitdem die Reisebeschränkungen auf der ganzen Welt gelockert wurden, ist die Lust am Reisen in der Schweiz gestiegen. Wir beobachten eine Verlagerung von Inland- zu internationalen Destinationen, wobei das Interesse an Langstreckendestinationen im Allgemeinen ansteigt. In diesem Frühjahr haben wir ausserdem festgestellt, dass neben Flügen und Unterkünften auch mehr Aktivitäten gebucht werden. So ist beispielsweise Disneyland Paris besonders beliebt, aber auch extravagantere Reisen wie der Burj Khalifa in Dubai.

Mit Blick auf den Sommer stellen wir fest, dass Unterkünfte für Städtereisen in Paris und Barcelona immer beliebter werden. Das Interesse an klassischen Sommerzielen wie den Balearen ist wieder gestiegen, wobei Mallorca und Ibiza besonders im Fokus stehen. Bei den Langstreckenreisen ist es interessant zu sehen, dass Reisen an Destinationen wie New York und Las Vegas von den Schweizern ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Letztes Jahr haben wir zusammen mit ARC (Airlines Reporting Corporation) einen Bericht über die Entwicklung von Flugreisen veröffentlicht und Tipps für die Buchung gegeben. Die wichtigste Prämisse, um den besten Preis zu erhalten war, an einem Sonntag zu buchen. Eine Verlängerung der Reise, um die Hauptreisetage zu vermeiden, ist ebenfalls ein guter Weg, um Preissteigerungen zu umgehen, ebenso wie die Buchung ausserhalb der Saison.

Während der Pandemie hat sich das Verhalten der Reisenden in Richtung Flexibilität verändert und wir wissen, dass sich Pläne heute in letzter Minute ändern können. Aus diesem Grund halten viele unserer Partner an ihrer Verpflichtung fest, flexible Buchungen anzubieten. Dies ist neben dem Bedarf an Selbstbedienungstools und aktuellen Informationen auch der Grund, warum wir in Tools wie unseren COVID-19 Travel Advisor investiert haben, um Unterstützung bei der Buchung zu bieten.»

Carmen Doré, Managing Director, FTI Touristik AG

Carmen Doré. Bild: FTI

«Die Buchungszahlen haben tatsächlich und erfreulicherweise rasant angezogen. Der gesamte April war sehr erfolgreich und der Buchungstrend ist weiterhin stark ansteigend. Wir blicken insofern äusserst optimistisch auf den aktuellen Buchungsverlauf. Besonders gefragt sind Ziele rund um das Mittelmeer, vor allem Griechenland, die Türkei und Ägypten. Aber auch die Langstrecke wird bei den Schweizern gut nachgefragt: der Indische Ozean mit den Malediven ist aktuell die Nr. 1 in der Ferne, darauf folgen die Karibik und die USA.

Das Arbeitspensum ist für uns also wieder deutlich mit angestiegen, allerdings haben wir uns dies so gewünscht und in gewissem Masse auch damit gerechnet. Ausserdem haben wir in der Hochphase der Pandemie viel dazu gelernt, sind jetzt hoch flexibel und ebenso motiviert. Wir wollen unsere Reisebüro-Partner bei der aktuell guten Nachfrage voll unterstützen und Ihnen mit entsprechendem Service und Support bestmöglich zur Seite stehen.

Dank guter Verhandlungen und einem kontinuierlich ausgebauten Portfolio sind wir immer noch in der Lage, konkurrenzfähige Preise anzubieten, auch wenn diese im Schnitt leicht gestiegen sind. Generell stellen wir in dem Zuge aber auch fest, dass Reisende schon seit einigen Monaten bereit sind, insgesamt mehr Geld für die Ferien auszugeben. Die Durchschnittspreise pro Passagier sind deutlich im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten gestiegen, es werden hochwertigere Hotels gewählt und längere Aufenthaltsdauern gebucht. Wichtigste Kriterien für die Ferienentscheidungen sind aktuell vor allem Qualität und Service.

Solange die Unsicherheit seitens Corona besteht, werden wir unsere ‹Corona Travel Protection› weiter in den Varianten Basis und Premium anbieten. Massgeblich für unsere Entscheidung dazu ist, stets die aktuelle Situation im Blick zu behalten und je nach Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Unser Ziel, gemeinsam mit den Agenturpartnern, ist, dass der Kunde seine Ferien sorglos buchen und geniessen kann.»

Bianca Gähweiler, ‪Head of Corporate Communications, Hotelplan Group

Bianca Gähweiler

«Der Nachholbedarf an Ferien im Ausland ist bei unserer Kundschaft sehr hoch. In den Monaten März und April 2022 lag der Eingang von Neubuchungen für die Monate Juni bis August bei Hotelplan Suisse verglichen zum gleichen Zeitraum 2019 um mehr als 10 Prozent höher. Und auch im Mai ist der Eingang von Neubuchungen nach wie vor höher als zum gleichen Zeitraum 2019.

Auf der Kurzstrecke besonders beliebt sind Zypern, Kreta und die Türkische Ägäis, auf der Mittelstrecke Hurghada, Teneriffa und Madeira, sowie auf der Langstrecke die USA, die Malediven und Mauritius.

Im Vergleich zu Beginn des Jahres sind die Preise für Pauschalreisen tendenziell gestiegen. Dies hängt unter anderem mit den höheren Preisen der Flugtickets zusammen. Die Hotelpreise am östlichen Mittelmeer sind aufgrund des Nachfragerückgangs aus der Ukraine, Russland und den Anrainerstaaten jedoch teilweise zurückgegangen. Bei Pauschalreisen in dieser Region sind die Preise somit insgesamt stabil. Trotz der teilweise höheren Preise für Pauschalreisen ist der Eingang an Neubuchungen auf einem sehr hohen Niveau. Wir sind extrem dankbar über den ausserordentlichen Einsatz jedes einzelnen Mitarbeitenden im Touroperating & Retailing sowie der Solidarität, welche unter den Mitarbeitenden herrscht. Wir hoffen, dass das Volumen an den Flughäfen in gewohnter kundenorientierter Effizienz bewältigt werden kann, so dass unsere Kundinnen und Kunden ihre Ferien vom ersten Moment an geniessen können.

Die Einreisebestimmungen fallen in immer mehr Ländern und die Nachfrage nach unseren MaxiFlex-Angeboten hat in den letzten Wochen deutlich abgenommen, da sich die Lage weltweit immer mehr normalisiert. Bei Hotelplan Suisse gelten daher seit Anfang Mai wieder die regulären Annullationsbedingungen. Sämtliche Buchungen die unter MaxiFlex getätigt wurden, behalten selbstverständlich ihre Gültigkeit.»

Constanze Andrianello, Mediensprecherin TUI Suisse

Constanze Andrianello

«Die Buchungen für die Sommerferien sind seit Jahresbeginn stark angestiegen und seit einiger Zeit auf einem relativ konstanten Niveau. Wir erwarten eine Fortsetzung dieser Entwicklung. Badeferien sind weiterhin sehr beliebt. Top-Destinationen rund ums Mittelmeer sind derzeit die griechischen Inseln - allen voran Kreta und  Rhodos - sowie die Balearen, primär Mallorca, sowie die Südtürkei rund um Antalya. Auf der Fernstrecke sind vor allem die Karibik sowie die Emirate und die Malediven besonders beliebt für Badeferien. Zudem kehrt die Vielfalt des Reisens zurück und auch die Buchungen von Städtereisen und Rundreisen sowie Mietwagen und Camper sind deutlich angestiegen. Insbesondere Nordamerika, also die USA und Kanada sind sehr gefragte Reiseziele für den anstehenden Sommer.

Eine generelle und pauschale Preissteigerung über alle Destinationen oder Zeiträume gibt es nicht. Die Preise gestalten sich grundsätzlich wie bereits vor Corona dynamisch und tagesaktuell. Aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Reisen insbesondere in den Ferienzeiten sind die Preise für ausgewählte Zeiträume und Regionen allerdings bereits gestiegen. Zudem beobachten wir einen Trend zu längeren und höherwertigen Reisen. Dies führt folglich zu einem erhöhten Durchschnittspreis von gebuchten Reisen.

Nach zwei Jahren Pandemie freuen sich unsere Reise-Experten darüber, wieder mehr glückliche Kundinnen und Kunden zu sehen. Mit den gesteigerten Buchungen für die Sommerferien ist auch das Arbeitsvolumen in der Organisation seit Jahresbeginn spürbar angestiegen. Unsere Reise-Experten machen dabei einen grossartigen Job, um die Wünsche unserer Kunden zu erfüllen. Zudem haben wir die Zeit der Pandemie genutzt und Prozesse optimiert, die es uns ermöglichen, auch in Hochbuchungsphasen effizienter zu arbeiten. Zusätzlich haben wir Ende letzten Jahres den Aufbau von zusätzlichen Stellen im Unternehmen gestartet und bereits einige neue Kolleginnen und Kollegen an diversen Standorten eingestellt. Diesen Weg werden wir auch in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzen.

Vor allem nach zwei Jahren Pandemie ist der Wunsch nach Reisen, Ferien und Erholung bei vielen Menschen sehr gross. Grundsätzlich haben die Menschen durch die Pandemie jedoch ein grösseres Bedürfnis nach Sicherheit und Flexibilität. Sorglose Ferien durch Sicherheit und Flexibilität bleiben bei TUI Suisse daher auch im nächsten Winter Priorität. Mit unserem kostenlosen Serviceversprechen ‹TUI Protect› bieten wir unseren Kunden auch im Winter 22/23 maximale Sicherheit im Falle einer Corona-Erkrankung und mit dem optionalen ‹TUI Flex Tarif› bieten wir maximale Flexibilität bei der Umbuchung oder Stornierung der Reise. Zudem bieten wir mit unseren TUI Reise-Experten in der Schweiz und unseren TUI-Ansprechpartnern im Reiseland sowie unserer meineTUI-App die bestmögliche Kombination aus persönlicher und digitaler Betreuung unserer Gäste sowohl vor als auch während der Reise.»

Martin Fehrlin, Geschäftsführer, Vögele Reisen

Martin Fehrlin

«Seit Ostern haben die Buchungen zugenommen - unter anderem aber auch bedingt durch einen Katalogversand unsererseits. Ein zahlenmässiger Vergleich zu Vor-Corona ist aber schwierig, da uns zum Beispiel noch praktisch das ganze Asien-Geschäft fehlt. Die Top 3 gebuchten Reisen in diesem Jahr sind bei uns: Auf der Kurzstrecke Golf von Neapel, Liparische Inseln und Madeira, auf der Langstrecke Namibia, Marokko und Costa Rica.

Das erhöhte Buchungsniveau ist für uns im Betrieb kein Problem, aber es gibt aktuell immer wieder einmal Spezialfälle, die viel Aufwand kosten und vor allem ist die allgemeine Buchungsnachfrage viel weniger planbar als früher. Plötzlich läuft eine Reise und man möchte Zusatzdaten aufschalten, findet aber aufgrund der Kurzfristigkeit kein Hotel mehr etc. Mit unseren neuen Mietwagenreisen haben wir aber ein perfektes Ergänzungsprodukt zu den Gruppenreisen geschaffen, welches sich auch kurzfristig zum Wunschtermin buchen lässt.

Einen ‹Trend› zu höheren Preisen können wir bestätigen. Mehrere Agenturen haben uns bereits Preiserhöhungen bekanntgegeben und wir überlegen uns aktuell bei Neubuchungen einen ‹Treibstoff- und Gebühren-Zuschlag› zu verlangen.

Hinsichtlich der Buchungs-Flexibilität: Bei Vögele Reisen beurteilen wir weiterhin 30 Tage vor Abreise, ob wir eine Reise durchführen können oder nicht. Falls wir die Reise annullieren müssen, erhalten unsere Kunden den bereits einbezahlten Betrag innert weniger Tage zurück. Falls ein Kunde eine bereits gebuchte Reise annullieren möchten, kommen bei uns seit geraumer Zeit wieder die ganz normalen AGBs zur Geltung.»

Markus Flick, Mediensprecher Kuoni Marken 

Markus Flick

«Tatsächlich verzeichnen Kuoni und ihre Schwestermarken markenübergreifend auch in den Wochen nach Ostern tendenziell steigende Buchungseingänge, wobei diese schon vorher von kontinuierlichen Zuwächsen geprägt waren. Deswegen würden wir statt eines ‹Ketchup-Effektes› eher von einem bereits seit Anfang Jahr anhaltenden, nachhaltigen Buchungsplus sprechen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun alles, um auch in buchungsstarken Zeiten und trotz des corona-bedingt weiterhin erhöhten Abklärungsbedarfs pro Dossier die Wartezeiten unserer Kundinnen und Kunden so kurz wie möglich zu halten.

Unser Top-Destinationen zwischen Juni und August 2022 sind nach aktuellem Stand und in dieser Reihenfolge: Griechische Inseln, Spanien (Balearen und Kanaren), USA, Italien, Kanada, Türkei, Malediven, Portugal, Tansania & Zanzibar, Deutschland.

Der Tourismus bleibt von den Auswirkungen der Entwicklung von Rohstoffpreisen nicht verschont. Nichtsdestotrotz gilt weiterhin, dass die Berechnung von Reisepreisen immer abhängig von zahlreichen Faktoren ist, und dass Kundinnen und Kunden – insbesondere bei möglichst frühzeitigen Buchungen – weiterhin von Angeboten mit attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis profitieren.

Unsere bestehenden Flextarife erfreuen sich grosser Beliebtheit, und es bestehen keine Pläne, diese auslaufen zu lassen – eher im Gegenteil.»

Sandra Studer, Medienverantwortliche, Globetrotter Travel Service

Sandra Studer

«Wir verzeichnen weiterhin ein sehr hohes Buchungsaufkommen. Zahlenmässig festhalten lässt sich dies im Moment. Wir versuchen unser Möglichstes, die Situation im Griff zu haben. Trotzdem kann es zu Verzögerungen in der Bearbeitung kommen.

Die aktuell am besten nachgefragten Ziele auf der Kurzstrecke sind Skandinavien/Island, Spanien und Griechenland, auf der Langstrecke die USA und Kanada. Auch viele asiatische Länder werden wieder vermehrt nachgefragt.

Gestiegene Preise für Flüge und Landleistungen wie Hotels, Mietwagen, Camper und weitere Leistungen können wir bestätigen. Geschuldet ist dies der eingeschränkten Auswahl der Angebote; diese schlägt sich auf den Preis nieder. Die Dossiers werden also insgesamt teurer.

Was die Buchungs-Flexibilität angeht: Wir gehen davon aus, dass die Flexibilität nicht Bestand haben wird.»