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Verzeichnet wieder ansteigende Buchungen: Simon Schnellmann, Gründer und Geschäftsführer von Travel Worldwide. Bild: HO

«Malediven und Afrika laufen gut – Asien, Ozeanien und Südamerika noch nicht»

Gregor Waser

Die Buchungen bei Fernreise-Spezialist Travel Worldwide ziehen wieder an. Wohin die Reise geht und welche Baustellen ihn beschäftigen, sagt Firmengründer Simon Schnellmann im Travelnews-Interview.

Von 2008 bis 2019 hat sich die Travel Worldwide AG (TWW) im Zürcher Niederdorf zu einer der ersten Adressen für Langstrecken-Reisen entwickelt, zusätzlich auch für Skandinavien. Zu Spitzenzeiten vor drei Jahren arbeiteten 31 top Reiseprofis für den Wiederverkäufer.

Ab März 2020 sah die Reisewelt bekanntlich ganz anders aus, auf der Langstrecke lief nichts mehr. Wie präsentiert sich die Situation heute bei TWW? Welche Reiseziele sind aktuell gefragt? Travelnews hat Firmengründer und Geschäftsführer Simon Schnellmann befragt.

Simon Schnellmann, wie schaut die aktuelle Buchungslage bei Travel Worldwide aus?

Wir sind aktuell auf einem Niveau von etwa 70 Prozent der gesunden Vorjahre. Sehr gut laufen die Malediven und Afrika, aber auch Nordamerika und Skandinavien entwickeln sich sehr erfreulich. Weiter ist die Nachfrage gut für Kanada, Karibik, Costa Rica, Mauritius, Seychellen und in die Vereinigten Arabischen Emirate.

Bei welchen Reisezielen ist die Nachfrage noch deutlich geringer?

Richtung Südamerika läuft praktisch noch nichts. Auch Asien-Buchungen kommen nur spärlich rein. Und Australien-Neuseeland bieten wir noch nicht aktiv an.

Wieso das?

Wir trauen der Situation noch nicht. Zu rigide haben die beiden Länder während der Pandemie eingegriffen. Was passiert bei einer neuerlichen Welle? Hier warten wir noch zu.

«Bei diesen Reisebestimmungen sagen sich viele, das ist mir zu kompliziert.»

Und bei Asien?

Im Fall von Thailand hat das ganze PCR-Regime die Nachfrage geringgehalten. Test zuhause, Test vor Ort, Test nach fünf Tagen, plus Thai-Pässe: diese Kosten belaufen sich für eine vierköpfige Familie schnell mal auf 2000 Franken. Dann hatten wir Thailand-Kunden, die nach Ankunft positiv getestet wurden und zehn Tage in Quarantäne ausharren mussten, bevor sie dann ohne einen Tag Ferien wieder heimflogen... Und derzeit überbieten sich die asiatischen Länder wieder mit täglichen Änderungen der Reisebestimmungen. Da sagen sich viele, das ist mir zu kompliziert, da reise ich lieber nach Afrika.

Alles easy Richtung Afrika?

Nach Südafrika oder Tansania erfolgt die Einreise ohne Hürden, das kann man eigentlich für ganz Afrika sagen. Auch in die Karibik erfolgt die Reise problemlos.

Sie sagen, für Südamerika ist die Nachfrage auch gering.

Lassen Sie mich unsere Umsatzliste anschauen… ja, Südamerika figuriert ganz am Schluss. Warum das? Schwer zu sagen. Die Beispiele gestrandeter Schweizerinnen und Schweizer sind wohl vielen eingefahren. Und eine schnelle Rückreise aus Südamerika, wenn etwas passieren sollte, ist gefühlt meist viel komplizierter als von anderswo.

Hat sich die Art und Weise der Beratung verändert, ist sie aufwendiger geworden?

Ja, definitiv. Die sich permanent ändernden Einreisebestimmungen führen zu einem enormen Mehraufwand. Auf der anderen Seite merken wir aber auch, dass das Vertrauen in uns Reisebüros gestiegen ist. Das Verhältnis zwischen Anzahl Anfragen und Buchungen bewegt sich wieder auf dem Niveau der Vor-Covid-Zeit. Während der Pandemie war das ein Missverhältnis, viel Aufwand ohne Ertrag. Was uns heute freut: der durchschnittliche Dossierwert ist markant gestiegen, um etwa 15 Prozent.

Auf was führen Sie das zurück?

Das sind wohl mehrere Gründe, vielleicht ein angespartes, höheres Reisebudget, die Lust, sich nach einer längeren Reisepause etwas Grösseres zu gönnen. Aber auch der Umstand, dass Hotelaufenthalte, etwa auf den Malediven, teurer geworden sind.

«Da werden Flüge neu ins System gestellt und zwei Wochen später sind sie wieder weg.»

Wie erleben Sie die vielen Flugplanänderungen bei den Airlines, die jüngst bei Reisebüros und Reisenden für viel Ärger gesorgt haben?

Ein leidiges Thema. Wir hatten etliche Fälle, ob mit Edelweiss oder Oman Air. Da werden Flüge neu ins System gestellt und zwei Wochen später sind sie wieder weg. Damit verärgern wir unsere Kunden sehr – und die differenzieren nicht gross und sehen dann den Fehler bei uns. Angesichts der anfallenden Mehrarbeit ist es umso frustrierender, nicht auf die Kulanz der Airlines zählen zu können. Das geht mir nicht in den Kopf, dass die Partnerschaft mit Reisebüros nicht stärker gewichtet wird, gerade bei der LH-Gruppe. Es fehlt das Bewusstsein, gemeinsam mehr erreichen zu können. Eine bessere Partnerschaft wäre für beide Seiten doch sehr wertvoll. Die könnte man ja auch finanzieren, doch bei diesen Preisen....

... wie meinen Sie das?

Bei der LH Gruppe herrscht ein deutsches Preisverständnis, man geht von ‚Geiz ist geil’ aus und kämpft mit jedem Rappen oder Cent. In der Schweiz könnte man locker die Preise höher gestalten. Es ist den Schweizer Kunden doch ziemlich egal, ob das Malediven-Ticket 1000 oder 1200 Franken kosten. Wir könnten gut mit höheren Preisen leben. Dafür wünschten wir uns eine bessere Partnerschaft und mehr Support.

Seit sechs Wochen erschüttert der Ukraine-Krieg die Welt. Wie stark schätzen Sie die Auswirkungen auf das Reiseverhalten ein?

In den Tagen nach dem 24. Februar merkten wir, dass nicht gebucht wird. Auf unsere verschickten Offerten wurde nicht reagiert, Abwarten hiess zunächst die Devise. Aber heute? Schwierig zu sagen. Jemand, der in diesen Zeiten nicht in die Ferien will, fragt schon gar nicht an. Insofern ist es nicht möglich zu sagen, wie viele Buchungen wegen dem Krieg nun nicht eingehen.

«Das Personalkarussell ist nicht nur in der Reisebranche zum Erliegen kommen.»

Welches ist derzeit die grösste Baustelle für Sie oder generell Schweizer Reisebüros?

Das grösste Problem ist definitiv das abgewanderte Personal, welches offenbar wenig Lust verspürt, in die angeschlagene Branche zurückzukehren. Vor der Pandemie bestand unser Team aus 31 Leuten, aktuell sind es 25. Ich bin sehr froh, dass wir das Team mehr oder weniger zusammenhalten konnten, denn die Suche nach geeignetem Personal entpuppt sich als echte Knacknuss. Selbst für uns mit einem hohen Lohnniveau, sechs Wochen Ferien, flachen Hierarchien, der Möglichkeit zu Homeoffice und einem guten Teamspirit wird die Personal-Akquisition zu einem nicht zu unterschätzenden Problem. Ich denke, das Personalkarussell ist nicht nur in der Reisebranche zum Erliegen kommen. Die generelle Fluktuation im Personalmarkt ist gering. Das lähmt die Personalsuche. Irgendwo geht einer, dann rückt der andere nach, dieser Effekt fehlt derzeit.

Wie gut hat Travel Worldwide die zwei Pandemiejahre überstanden?

Es war natürlich wie bei allen anderen ein harter Kampf, welchen wir ohne die Hilfe des Staates – dank Kurzarbeit und Härtefallgeldern – zweifellos verloren hätten. Jetzt glaube ich aber sagen zu können, dass wir über den Berg sind und wir schauen verhalten zuversichtlich in die Zukunft.

Die Schweizer Reisebüros standen am Anfang der Pandemie im Regen. Wie haben Sie die Unterstützung von Staat, Kanton und Verbänden in diesen zwei Jahren erlebt?

Die ganze Pandemie traf alle völlig unerwartet und es brauchte seine Zeit, bis sich alles eingespielt hatte. Mittlerweile harmonieren die verschiedenen Zahnräder gut miteinander und drehen in die richtige Richtung. Am Anfang war sicherlich der Einsatz von Mayday sehr wichtig, aber auch die Verbände sind an ihren Aufgaben gewachsen und haben schlussendlich einen sehr guten Job gemacht, ohne welchen wir jetzt nicht da wären, wo wir sind. Auf den Staat und die Kantone war am Schluss Verlass und wir konnten und können auf deren Unterstützung zählen.

Und wohin geht Ihre nächste Reise?

Im Juni steht eine Reise nach Grönland an, auf welche ich mich sehr freue! Das war die Idee meiner Frau. Ich selber hatte Grönland Nullkommanull auf dem Radar, war aber gleich Feuer und Flamme für diesen Plan. Denn im 2019 waren wir auf Spitzbergen, was etwas vom Gewaltigsten war, das ich erlebt habe. Obwohl ich eigentlich ein Sommer- und Sonnenmensch bin, hat mich die Eislandschaft total in ihren Bann gezogen, was auch damit zu tun hat, dass ich leidenschaftlich fotografiere.

Vor drei Jahren erlebte Simon Schnellmann die faszinierende Eislandschaft von Spitzbergen. Bild: Simon Schnellmann