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Die Kanaren, im Bild die Costa Teguise auf Lanzarote, liegen weit weg von der Ukraine - und könnten davon nun profitieren. Bild: AdobeStock

Schlägt das Ferienpendel jetzt nach Westen aus?

Jean-Claude Raemy

Dass der Ukraine-Krieg für den Tourismus in Zentral- und Osteuropa schlecht ist, liegt auf der Hand. Aber sind auch Ziele für die Türkei und Griechenland betroffen? Und wer profitiert allenfalls von veränderten Nachfragemustern? Travelnews hat nachgefragt.

Der Krieg in der Ukraine ist in der Reisewelt längst spürbar. Russland und die Ukraine haben sich als Ferienziele erledigt, einige Flugzeiten sind länger geworden und die Treibstoffpreise sind sehr hoch. Die Frage ist, wie sich der Konflikt aber darüber hinaus auswirken wird.

Aus anderen Ländern hört man, dass sich das Buchungsverhalten bereits dahingehend ändert, dass «je weiter entfernt von der Ukraine, desto eher wird gebucht» gilt. Dabei seien nicht nur klassische «osteuropäische» Ziele betroffen, sondern auch grosse Ferienziele wie Griechenland oder die Türkei. Wussten Sie eigentlich, dass Kiew näher an Zürich liegt als Athen? Dazu sorgt die vermeintliche (politische) Nähe der Türkei zu Russland, die nun aber hart auf die Probe gestellt wird, hier und dort für Verunsicherung. Die Türkei ist ein NATO-Land und hat sich klar gegen den Krieg in der Ukraine gestellt, doch war Präsident Recep Tayyp Erdogan zuvor eher auf Kuschelkurs mit Moskau - weshalb die aktuelle weitere Entwicklung schwierig vorhersehbar ist.

Travelnews wollte wissen, ob es in der Schweiz auch bereits eine «Pendelbewegung» gibt bei der Sommernachfrage, also ob das westliche Mittelmeer aufgrund der grösseren Distanz zu den Problemen in Osteuropa jetzt mehr Nachfrage erhält und die Ziele im östlichen Mittelmeer nachlassen. Dass die Nachfrage allgemein bereits tangiert wird, hatte Travelnews bereits letzte Woche festgestellt.

Weniger Buchungen, aber noch keine Pendelbewegung

Eine Umfrage bei den drei Grossveranstaltern Kuoni (DER Touristik Suisse), Hotelplan Suisse und TUI Suisse führt zutage, dass bislang noch keine Änderung der geografischen Präferenzen bei den Sommerbuchungen feststellbar sei.

TUI-Sprecherin Milica Vujcic erklärt etwa: «TUI Suisse erwartet eine gute Sommersaison 2022 und sieht zur Zeit keine grundsätzliche Veränderung im Buchungsverhalten. Weiterhin werden Frühlings- und Sommerferien gebucht. Insbesondere die Klassiker rund ums Mittelmeer sind gefragt. Der Trend hält weiter an mit den griechischen Inseln, Balearen und der Südtürkei auf dem Platz Nummer 3.» Das östliche Mittelmeer wird also bei TUI Suisse immer noch gut gebucht. Doch Vujcic fügt an: «Durch die anhaltende Dynamik in dieser Situation können wir zurzeit noch keine klare Auswirkung feststellen und hoffen, dass sich die Situation zeitnah löst. Unsere Reise-Experten berichten ebenfalls, dass die Kundinnen und Kunden weiterhin buchen möchten, die Situation jedoch präsent ist und Fragen auftauchen, was die Situation für Auswirkungen haben könnte. Lediglich einzelne Kunden wollten aufgrund der aktuellen Situation ihre Ferien auf einen späteren Zeitpunkt umbuchen.»

Bianca Gähweiler, Sprecherin von Hotelplan Suisse, erklärt derweil: «Die Nachfrage nach Neubuchungen ist in den letzten Tagen leicht zurückgegangen. Einen wie von Ihnen beschriebenen deutlichen Nachfrage-Umschwung stellen wir aktuell nicht fest.» Dazu fügt Markus Flick (Sprecher DER Touristik Suisse) an: «Die aktuelle Buchungsentwicklung erlaubt noch keine eindeutigen Rückschlüsse auf die schreckliche Situation in der Ukraine, die uns zur Einstellung unserer Russland-Programme veranlasst hat.»

Man kann also festhalten, dass die Nachfrage zwar verlangsamt wird, aber Griechenland und die Türkei bei Schweizern weiterhin problemlos als Sommerferienziele in Frage kommen. Es ist also noch nicht so wie etwa 2010, als infolge einiger Attentate in der Türkei plötzlich halb Europa nach Mallorca reiste und dort die Preise in der Folge massiv anstiegen. Mallorca erwartet aber in diesem Sommer ein sehr starkes Geschäft. Die grosse Frage wird also nicht sein, wo Ferien verbracht werden, sondern ob. Vujcic hält fest: «In dieser Zeit an so etwas Unbeschwertes wie Ferien zu denken, fällt ohne Zweifel schwer. Unsere Gedanken sind in diesen dunklen Tagen bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die Leid tragen. Und wir denken an die vielen Familien auf der Flucht und werden daher auch die TUI Care Foundation im Rahmen der Aktion ‹Helping Hands for the Ukraine› mit Unicef unterstützen.» Unterstützen kann man sonst, wie von Travelnews berichtet, auch mit Fake-Ferienbuchungen in der Ukraine...