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Inwiefern sich der Ukraine-Krieg auf das diesjährige, gut angelaufene Feriengeschäft auswirken wird, zeichnet sich erst langsam ab. Bild: TN

Deutlicher Aufschwung in den Reisebüros in Frage gestellt

Gregor Waser

Seit Januar hagelte es Buchungen in den Schweizer Reisebüros – noch bis Ende letzter Woche. Der Ukraine-Krieg sorgt seit gestern aber für erste Absagen.

Es ist eine Berg- und Talfahrt, auf der sich die Schweizer Reisebüros seit zwei Jahren befinden. Im Herbst 2021 verzeichneten viele Reisebüro ein Buchungslevel, das sie letztmals 2019 sahen. Ende November mit dem Eintreffen von Omikron und dem auferlegten Testzwang vor der Rückreise wurde das Comeback aber wieder gestoppt – bis am 19. Januar 2022, als der Testzwang abgeschafft wurde. Darauf hin konnten nun die Schweizer Reisebüros wieder deutlich zulegen, wie eine Travelnews-Umfrage verdeutlicht.

Zunahme von Kundenanfragen

«Seit rund zwei Wochen stellen wir in unseren Reisebüros in Kriens und Emmenbrücke eine Steigerung der Buchungen fest. Für kurzfristige Abreisen sind die Favoriten Ägypten, die Expo in Dubai, DomRep und Costa Rica», sagt Marcel Heggli von Heggli Reisen mit Büros in Kriens LU und Emmenbrücke LU. «Längerfristig sind Griechenland, Spanien, Zypern, Italien, Namibia, Tansania sowie USA mit Camper oder Mietwagen und Ferienwohnungen sehr gut nachgefragt.» Was Heggli besonders freut: «Wir stellen eine Zunahme an Neukunden fest, die bisher eher selbst online gebucht haben und jetzt den Weg zu uns ins Reisebüro finden.»

Daniela Seiler von Bernhard Reisen in Goldach SG sagt: «Die Nachfrage hat angezogen, ist aber noch nicht auf Vor-Pandemieniveau. Wir liegen hier im Vergleich bei etwa 50 Prozent, während der Aufwand jedoch bei 100 Prozent liegt. Wir haben derzeit viele Anfragen für die USA, Kanada und Australien.» Ausserdem seien alle spanischen Destinationen – ob Balearen, Kanarische Inseln oder das Festland – sehr beliebt. «Alle geöffneten und bereisbaren Länder laufen wieder gut. Es wäre schön, wenn es weniger Einreisebeschränkungen geben würde.»

Permanent am Draht ist in diesen Tagen auch Andy Hertig von Hertig Reisen in Pfäffikon SZ. «Wir stellen seit längerem fest, jedoch in den letzten zwei Wochen intensiver als vorher, dass die Buchungen deutlich zunehmen. Gefragt ist eigentlich alles, was bereist werden kann. Die Favoriten bei uns sind Badeferien in Europa, der Karibik mit Mexico, Kuba, Punta Cana und natürlich USA/Kanada.»

«Seit einigen Wochen verzeichnen wir eine Zunahme von Kundenanfragen und Buchungen. Nach wie vor gibt es kurzfristige Buchungen, neu ist auch ein Trend zu längerfristigen Buchungen spürbar. Auffällig ist die Zunahme an Neukunden, die uns die Planung ihrer Reise anvertrauen», sagt Monika Vollrath von Magellan Reisen in Emmenbrücke LU. Für den kommenden Sommer seien die Kurzstrecken-Reiseziele sehr stark nachgefragt: «Die Kunden wünschen sich Sonne, Meer und Erholung. Das Budget ist in der Regel höher als vor Corona. Man leistet sich mehr Komfort auf dem Flug, private Transfers, ein teureres Hotel.» Und was sie ebenso feststellt: «Wo wir vor Monaten noch viel Zeit in die Beantwortung von Fragen rund um Covid investieren mussten, nimmt dieser Beratungsaufwand erfreulicherweise spürbar ab.»

Grosse Fragezeichen um Ukraine-Krieg

Wenige Tage später hat Travelnews die vier Reisebüros nochmals kontaktiert, denn die Welt ist mittlerweile eine andere. Der russische Angriff auf die Ukraine hat sich intensiviert und am Sonntag hat der Kreml seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Wie spürbar ist an der Reisebürofront der Schock über die angespannte Weltlage?

«Wir merken seit Montagmorgen die Auswirkungen deutlich», sagt Daniela Seiler, «es gingen schon vier Absagen auf Offerten ein.» Welche Destinationen es betrifft, sei ganz unterscheidlich: «Eine Absage ging ein für eine Hurtigruten-Reise, ein andere betrifft ein Kanaren-Arrangement und bei einer Griechenland-Offerte sagen die Kunden nun, dass sie lieber noch zuwarten möchten, wie sich die Situation entwickle. Neubuchungen stocken nun jedenfalls.»

Auch bei Hertig Reisen haben sich die Vorzeichen geändert. «Wir mussten eben eine Annullation eines grossen Malediven-Dossiers entgegennehmen», sagt Andy Hertig. Aber es komme nun drauf an, wie lange der Konflikt noch andauert. «In den letzten Wochen gingen super Buchungen ein, jetzt ist wohl wieder Zurückhaltung angesagt», befürchtet Hertig.

Für Monika Vollrath ist es noch zu früh, um konkret etwas zu sagen: «Hier in der Innerschweiz sind wir seit letztem Donnerstag im Fasnachts-Modus und haben Skiferien. In dieser Zeit ist es immer sehr ruhig. Doch ich bin schon sehr gespannt, was in den nächsten Tagen passiert, ich rechne mit Rückfragen von Kunden, wie es nun weitergehen wird.»

Sowohl besorgte Rückfragen wie auch neue Anfragen registrierte Marcel Heggli am Montag, es sei aber noch zu früh, die Auswirkungen abzuschätzen: «Wenn der Konflikt länger andauern wird, wird dieser sicherlich noch verstärkter zum Thema.»

Dass der Konflikt in den Reisebüro-Beratungsgesprächen ein Thema ist, bestätigt auch Kuoni-Sprecher Markus Flick: «Wir haben aber bisher nicht registriert, dass das Gesamtbuchungsvolumen abnehmen würde.» Die beliebtesten Reiseziele der Schweizerinnen und Schweizer lägen sehr weit weg von der Konfliktzone. «Eine stabile geopolitische Situation ist aber im grossen Interesse der Tourismusbranche. Da hoffen wir nun darauf, dass die Situation befriedet und unter Kontrolle gebracht werden kann, in erster Linie für die Menschen vor Ort, aber auch im Interesse der weltweiten Touristik-Mitarbeitenden. Im Moment befinden wir uns im intensiven Beobachtungsmodus.»