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Zeigte sich beim gestrigen Branchentalk voller Tatendrang: der neue SRV-Präsident Martin Wittwer. Bild: TN

Die sieben Baustellen des Martin Wittwer

Nach 24 Tagen im Amt äussert sich der neue SRV-Präsident Martin Wittwer erstmals zu den anstehenden Baustellen und Herausforderungen – es sind nicht wenige.

Was soll ich 100 Tage warten? Im Webinar der Aktion Mayday gibt sich Martin Wittwer, der neue Präsident des Schweizer Reise-Verbands, nach 24 Tagen im Amt äusserst forsch und voller Tatendrang. Gut so, wird sich die Reisebüro-Gruppierung gestern gesagt haben. Denn die Herausforderungen, die auf die Schweizer Reisebüros und den SRV warten, sind zahlreich.

Das sind die sieben Baustellen, auf denen Martin Wittwer in den nächsten Wochen und Monaten anzutreffen ist und die er bewältigen sollte:

1. Kommunikation

Auf die Frage der Mayday-Moderatoren Annette Kreczy und Michael Mettler, welche Ziele er zunächst anpeile, erwähnt Martin Wittwer, er wolle die wirtschaftliche Leistung und das Budget des Schweizer Reise-Verbands näher anschauen und dafür sorgen, dass das Geld am richtigen Ort eingesetzt wird. Dazu wird zweifellos, wie vielerorts verlangt, eine noch bessere Kommunikation gehören. Diese stand am Anfang der Krise in der Kritik, verbesserte sich aber zusehends.

Wittwer und sein SRV-Team werden nun insbesondere die Social-Media-Aktivitäten näher anschauen müssen und die einzelnen Kanäle und die Möglichkeit geschlossener Gruppen näher prüfen. Auch informative Webinare, wie sie die Aktion Mayday durchführt, könnten ein Thema werden. Die Kommunikation erachtet er als Schlüsselthema, wie er gestern unterstrich. Die Kommunikation soll nicht auf Rechtfertigung beruhen, sondern von Offenheit, Transparenz und Dialogfähigkeit geprägt sein, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.

2. Branche vereinigen

Das Gespräch mit weiteren Verbänden und deren Präsidenten Luc Vuilleumier (STAR) und Sonja Laborde (TPA) wird Martin Wittwer in den nächsten Wochen suchen. «Ich will niemanden ausgrenzen, alle einschliessen und damit die Branche und den Verband stärken», lautet seine Devise, zunächst wolle er die Interessenslage abstecken. Es gelte alle Interessen des Outgoing-Tourismus zu vereinen. Ob es bereits an er GV 2022 in Sevilla zu einer Abstimmung über einen möglichen Dachverband kommen werde, liess Wittwer offen.

3. Neue Mitgliedschaftsformen

Falls es zu einer Annäherung, Kooperation oder einem Zusammenschluss mit Partnerverbänden kommt, wird sich Martin Wittwer auch darum kümmern müssen, welche Leistungen für zahlende Mitglieder inkludiert sind. Dies deutet in Richtung verschiedener Mitgliedschaften hin, ob Gold, Silber oder Bronze, diesen Ansatz erachte er als spannend und zielführend.

4. Ausbildung

Als Riesenthema bezeichnet Martin Wittwer die Ausbildung, «wir haben viele gute Leute verloren. Gleichzeitig müssen wir die Digitalisierung voranbringen.» In diesem Zusammenhang unterstreicht er erneut: die Reisebranche müsse ihr Geschäftsmodell anpassen. Der Markt und das Kundenverhalten werde sich massiv verändern in den nächsten Jahren. Mit einer guten Beratung werden Reisebüros aber weiterhin gute Trümpfe haben, sagt er. Jedes Unternehmen müsse aber genau schauen, wie es aufgestellt sei, ob als Spezialist oder Retailer.

5. Politischer Einfluss

Auf die Mayday-Frage, was denn nun politisch laufe, fand Martin Wittwer zunächst Lobesworte für Max E. Katz, Walter Kunz und André Lüthi. Die Verbandsspitze habe in den letzten eineinhalb Jahren Grosses geleistet und wohl so viel Unterstützung pro Betrieb wie wohl ausser der Gastronomie in keiner anderen Branche mobilisieren können. Und auch die anfangs der Krise geäusserten Vorwürfe, es fehle an einem guten Draht nach Bern, entkräftete Wittwer, schliesslich hätte es vorher keinen solchen Bedarf gegeben und es habe nun Zeit gebraucht, den Draht aufzubauen.

Wittwers Challenge wird das Vorwärtstreiben des festgefahrenen Pauschalreisegesetzes sein. Doch er scheint sich bewusst: in Bern bei den Artikeln 15 und 18 reinzuschiessen, könnte einen gegenteiligen Effekt haben. Ein plötzlich viel schärferes Konsumentengesetz wolle die Branche ja auch nicht.

6. Ökologie

Was passiert mit der CO2-Abgabe? Wie kann die Reisebranche unter dem Lead des SRV das Thema Ökologie angehen und umsetzen? Das Thema wird Martin Wittwer über seine gesamte Amtszeit, ob über drei, sechs oder noch mehr Jahre hinweg, mit Sicherheit beschäftigen. Die Branche kann beim Thema Nachhaltigkeit viel gewinnen oder viel verlieren. Eine richtige Herangehensweise und die passende Kommunikation wird viel über den Erfolg bestimmen. Ebenso der gute Draht und Kontakt Richtung Brüssel und Partnerverbänden in den Nachbarländern.

7. Aktuelle Krise

Spätestens nach den neuerlichen Reisehürden und dem letzte Woche eingeführten rigiden Testregime, das einem Buchungsstopp gleichgekommen ist, muss die SRV-Crew – jetzt mit neuer Führung – erneut alle Hebel in Bewegung setzen, dass die Reisebranche nicht schon wieder unter die Räder kommt. Der erste Schritt: dem BAG klar machen, dass es nicht angehen kann, das positiv getestete Schweizerinnen und Schweizer vor ihrer Rückreise in die Schweiz im Ferienland festgehalten werden. Denn dieser Umstand hat in den letzten Tagen die aufgekommene Reiselust gleich wieder im Keime erstickt.

(GWA)