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Sollten Personen mit Booster-Impfung einen Vorteil haben? Bild: AdobeStock

Wie sieht der Weg aus dem Test-Dilemma aus?

Jean-Claude Raemy

Die aktuellen Testbestimmungen bei der Ein-/Rückreise in die Schweiz sind der Reisebranche ein Dorn im Auge. Aber wie könnte man es anders regeln und trotzdem die gesundheitliche Lage im Land nicht gefährden? Es gibt hierfür schon Vorschläge.

Im Kampf gegen die neue Omikron-Variante des Coronavirus verabschiedete der Bund parallel zur lautstark geforderten Abschaffung der Quarantäneliste ein neues, verschärftes Testregime bei Einreisen in die Schweiz. Dieses stellte die Reisenden und damit auch die Reisebranche nicht wirklich zufrieden. Denn: Zum einen gilt die Testpflicht auch für geimpfte und genesene Personen. Damit ist der vermeintliche Vorteil einer Impfung, in Bezug aufs Reisen, dahin. Das schafft eigentlich keinen Anreiz für bislang Ungeimpfte, diesen Schritt nun doch noch zu gehen. Zum anderen braucht es einen PCR-Test vor der Einreise und einen zweiten Test (PCR oder Antigen) zwischen dem vierten und dem siebten Tag nach der Einreise. Das schafft zum einen zusätzliche Kosten und, fast noch schwerwiegender, eine gewisse Unsicherheit.

Das Problem ist die Pflicht, einen PCR-Test für die Heimreise vorweisen zu müssen. Dieser muss dann in der Regel im Ausland vorgenommen werden, damit man nicht riskiert, nicht an Bord des Flugzeugs gelassen zu werden. Mal abgesehen von allfälligen organisatorischen Problemen: Was ist, wenn der Test positiv ausfällt? Genau dieses Szenario fürchten viele. Eine Lösung wäre der Abschluss einer Corona-Zusatzversicherung, wie sie beispielsweise von Hanse Merkur angeboten wird (und auch von anderen). Aber es ist nun mal auch so, dass sich viele Schweizer in den Gesundheitssystemen im Ausland nicht wohl fühlen, also dort nicht gerne ins Spital oder schon nur in Quarantäne wollen.

Die Frage lautet nun: Gibt es allenfalls eine andere Lösung, wie man es machen könnte, ohne einfach alles zu öffnen bzw. ohne die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung aufs Spiel zu setzen - und natürlich ohne Rückkehr zur Quarantäneliste? Travelnews hat sich umgehört.

Booster-Geimpfte mit Vorteilen?

Deniz Ugur, CEO von Bentour, sieht aufgrund des neuen Testregimes sowohl im Geschäft in der Schweiz wie auch in Deutschland einen klaren Rückgang, also klare Auswirkungen auf die Nachfrage. «Wir müssen die Test-Logik ändern», ist Ugur überzeugt. Auch er prangert an, dass das Testregime auch für Geimpfte problematisch ist, anerkennt jedoch, dass man in der aktuellen Situation auch bei Geimpften vorsichtig sein sollte.

Seine Lösung? «Eigentlich sollten alle, die bereits die Booster-Impfung erhalten haben, oder alle, bei denen die Zweitimpfung noch weniger als sechs Monate weit her ist, von der Testpflicht entbunden sein», so Ugur. In diesen Fällen sollte der Impfschutz für die Person selber wie auch hinsichtlich einer Übertragung eigentlich hoch genug sein. Das wiederum würde Anreize schaffen, die jetzt geforderte Booster-Impfung vorzunehmen, oder allenfalls auch die Erstimpfung. Vor allem aber müssten die Regelungen innerhalb eines Staates und möglichst auch international einheitlich sein, so Ugur. Ihm ist bewusst, dass Staaten aktuell «andere Probleme als das Reisen» beschäftigen, hält jedoch fest, dass ein Testregime in der aktuellen Version, welches für ganz 2022 Gültigkeit hätte, zahlreiche Reisefirmen ins Grab befördern würde.

Pre-Departure-Tests abschaffen und mit Antigentests ersetzen?

Roland Zeller, Business Angel und VR-Präsident beim Testdienstleister Viselio, erklärt auf Anfrage von Travelnews, dass auch bei ihm die Freude über die Abschaffung der Quarantäneliste bei genauerem Hinsehen zur Testpflicht schnell in Missmut umschlug: «So ein strenges, undifferenziertes Einreise-Regime wie die Schweiz hat sonst kein europäisches Land! Noch letztes Jahr bewies unsere Regierung mit der Regelung ‹eigene Inzidenz +60› eine sehr schlaue und differenzierte Haltung in Bezug auf Einreise-Restriktionen. Grundsatz war dabei immer, dass wir uns nicht vor Einreisenden aus Ländern schützen müssen, wenn deren Corona-Inzidenz tiefer oder +/- gleich ist wie in der Schweiz. Jetzt aber wurde, als Panik-Reaktion auf Omikron, ein undifferenziertes Testregime aufgezogen, welches so schlicht keinen Sinn macht. Plötzlich muss man bei jeder Einreise aus irgendeinem Land einen PCR-Test vorweisen können, dazu kommt noch ein Nachtest in der Schweiz. Dieser Ansatz macht Null Sinn, denn einerseits haben wir europaweit eine der höchsten Inzidenzen, andererseits öffnen wir mit Ausnahmen für Grenzregionen oder Kinder unter 16 Jahren wieder Tür und Tor für die Einschleppung des Virus. So sind Einreisen aus Hochinzidenz-Gebiet Bayern (7-Tage Inzidenz 493) nicht testpflichtig, jedoch eine Einreise aus Hamburg (211) schon.»

Ein weiteres Problem sei, dass an Weihnachten im Ausland PCR-Tests auftreiben zu können schwierig werden könnte; viele für die Auswertung der PCR-Tests nötigen Labore seien über Weihnachten geschlossen. Während man den Flugverkehr via Check-in einigermassen kontrollieren kann, würden - wie bereits angedeutet - zudem viele Auto-/Zugfahrer keinen Kontrollen unterliegen und ganz ohne Tests/Nachtests einreisen. Die zu zahlenden Bussen von 200 Franken bei einer Verfehlung sind zudem nicht viel teurer als die Tests selber, und verfehlen somit ihre abschreckende Wirkung.

Und wie sähe denn Zeller zufolge eine gangbare Alternative aus? Wie folgt: «Viel sinnvoller wäre, die Pre-Departure-Tests innerhalb Europas ganz aufzuheben und/oder durch Antigen-Tests zu ersetzen. Ein Nachtest in der Schweiz (Tag 0-3) mit PCR macht Sinn. Hier sind die entsprechenden Tests verfügbar und mit einem vertretbaren Aufwand durchführbar. Oder dann wäre wieder ein nach Ländern differenziertes Testregime einzuführen. Als Ausgangspunkt könnte man die Länder der Quarantäne-Liste von letzter Woche nehmen und nur denen dieses Test-Regime aufbrummen. Die jetzige Regelung schert aber alles über einen Kamm. Der Schaden für den Tourismus ist enorm - auch im Incoming.»