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Irritation über die Quarantäne-Regelung
Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig. Der Reiseverkehr hat wieder angezogen, die Nachfrage nach einzelnen Feriendestinationen ist gross. Und nun, mit dem Auftauchen der neuen Corona-Variante Omikron, setzt die Schweiz wieder zahlreiche Länder auf die Quarantäne-Liste, darunter einige beliebte Reiseziele. Wer aus Ägypten, Grossbritannien, Südafrika und zahlreichen weiteren Ländern in die Schweiz einreist, muss erstmal zehn Tage in Quarantäne. Seite heute besteht die Liste aus 23 Ländern. Neu dazugekommen sind seit gestern Japan, Kanada, Nigeria und Portugal.
Das sorgt nun für eine Annullationswelle bei Schweizer Reisebüros, was diese gelisteten Länder betrifft. Die Reiseveranstalter sind gefordert. DER Touristik Suisse verzeichnet in diesen Tagen «eine tiefe dreistellige Zahl» an Annullationen, so Sprecher Markus Flick. Und es gilt die Annullationsbedingungen anzupassen. Bei DER Touristik Suisse hat Afrika-Spezialist Privat Safaris Annullationen bis am 9. Januar für das südliche Afrika vorgesehen, Kuoni und Helvetic Tours für Ägypten bis Ende Woche. In einem Kundenschreiben informiert Ägypten-Spezialist ETI, dass jene Kunden, die für Abreisen bis zum 7. Dezember gebucht sind, die gebuchte Reise auf einen späteren termin kostenlos umbuchen können – oder die Reise für 100 Franken annullieren können.
Hotelplan Suisse hat seit Wiedereinführung der BAG-Quarantäneliste vor allem Kunden im südlichen Afrika, Ägypten, Marokko, Kanada und Portugal, die sich aktuell vor Ort befinden oder in den nächsten Tagen eine Reise in diese Destinationen geplant haben. «Kunden von Hotelplan Suisse, die bis und mit 10. Dezember 2021 in ein sogenanntes Risikoland reisen, werden von uns proaktiv über die Situation informiert», teilt Sprecherin Tanja Pöll mit. «Wünscht der Kunde die Reise zu annullieren, werden wir ihm die Reisekosten vollumfänglich rückerstattet, sofern es sich um eine Pauschalreise handelt. Ebenso ist es möglich, die Pauschalreise kostenlos umzubuchen. Bei Einzelleistungen wird den Kunden die Rückerstattung des Leistungsträgers vergütet.» Hotelplan-Kunden, die sich aktuell in einem Land aufhalten, bei dem nach der Rückreise in die Schweiz eine Quarantänepflicht besteht, werden proaktiv informiert. Diese können die Reise wie geplant fortsetzen.
«Ausgerechnet kurz vor der Wintersaison...»
Auch die Schweizer Hotellerie und die Wintesportorte verzeichnen seit gestern viele Annullationen. Die bis letzte Woche noch guten Aussichten sind weggewischt. Viele Schweizer Hotels von Arosa bis Zermatt freuten sich über die volle Auslastung in den nächsten Wochen. Doch jetzt hagelt es Annullationen aus Grossbritannien und den Niederlanden. Auch aus Deutschland treffen für geplante Weihnachtsferien viele Annullationen ein, wie Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig zu «SRF» sagt. Er mache sich grosse Sorgen, hofft aber weiterhin auf Schweizer Gäste. Verbandspräsident Züllig fordert die Politik auf, Massnahmen zur Eindämmung der Situation zu ergreifen, damit ein Lockdown verhindert werden kann. Dabei müssen bewährte Unterstützungsinstrumente für die bereits seit mehr als eineinhalb Jahren von der Pandemie gebeutelte Branche weiterhin zur Verfügung stehen.
Der Verband zeigt ein gewisses Verständnis für die Quarantänemassnahmen, da noch zu wenig über die neue Virusvariante bekannt ist und somit Zeit gewonnen werden kann. Dennoch sei diese Regelung ein massiver staatlicher Eingriff in die Reisefreiheit, sollte entsprechend zu Entschädigungen führen und schnellstmöglich aufgehoben werden. Es brauche Planungssicherheit bei der Ferienbuchung in den kommenden Wintermonaten.
«Die neue Mutation und die resultierenden Gegenmassnahmen kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt für den Schweizer Tourismus», sagt Markus Berger von Schweiz Tourismus zu «20 Minuten». Die aktuelle Ungewissheit über die weitere Entwicklung führe zu einer generellen Verunsicherung bei Gästen weltweit. «Sie legen ihre Reiseplanung und -buchung deshalb vorläufig auf Eis – ausgerechnet kurz vor der Wintersaison.» Berger kritisiert die Quarantäneregelung scharf: «Sie ist von der Realität eingeholt worden, da die Omikron-Variante bereits in sehr vielen Ländern gefunden wurde.» Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen machten deshalb keinen Sinn und sollten raschmöglichst durch ein striktes Testregime ersetzt werden. Geschlossene Grenzen hält Mitte-Ständerat Erich Ettlin für wenig realistisch: «So würgt man den Tourismus komplett ab. Es bleibt uns wohl nur, die Quarantäne aufzugeben und sämtliche Einreisende zu testen.»
BAG-Direktorin Anne Lévy verteidigte die harten Quarantäne-Regeln an einer Pressekonferenz am Dienstag: «Wir sind uns bewusst, dass sich Omikron auch mit den Quarantänemassnahmen nicht ewig aus der Schweiz raushalten lässt. Wir können die Verbreitung aber verlangsamen, das ist momentan zentral.»
«Das BAG empfiehlt, die Erkenntnisse der kommenden Tage abzuwarten, bevor umgebucht oder annulliert wird – dies ist auch meine Sicht der Dinge», sagt Globetrotter-Group-Chef André Lüthi. Und mehr denn je gilt: es lohnt sich, Pauschalarrangements zu buchen, weil diese kostenlos storniert werden können, wenn die Reise wegen Quarantänebedingungen nicht stattfinden kann.»
Notmassnahmen geplant
Heute Nachmittag trifft sich nun der Bundesrat wegen Omikron zu einer Krisensitzung. Gemäss «Tages-Anzeiger» stehen diverse Massnahmen zur Diskussion. Unter anderem will der Bundesrat die maximale Anzahl Personen bei privaten Treffen stark reduzieren, was in der bevorstehenden Weihnachtszeit von ziemlicher Relevanz ist. Neu sollen es nur noch zehn sein. Auch Mannschaftssport im Amateurbereich könnte wieder verboten werden.
Weiter geht die Zeitung davon aus, das die Gültigkeit von Testergebnissen verkürzt wird. Das würde heissen: nicht geimpfte Menschen dürfen weiterhin Veranstaltungen und Restaurants und andere öffentliche Lokale besuchen dürfen, sofern sie einen aktuellen negativen Covid-Test gemacht haben. Allerdings soll dies 24 Stunden weniger lang möglich sein. Bei PCR-Tests wären es nicht mehr drei, sondern nur noch zwei volle Tage; und bei Antigentests noch einen Tag statt bisher zwei.
Ob am Quarantäne-Regime gerüttelt wird, das nun täglich auf immer mehr Länder ausgeweitet wird, steht offensichtlich aber noch nicht zur Debatte. Am späteren Nachmittag dürften wir mehr dazu wissen.