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Welche Honorare soll man in welchem Fall und in welcher Höhe für die Reiseberatung und weitere Dienstleistungen verlangen? Dieser Frage gingen (v.l.) Jacqueline Ulrich (L'Esprit du Voyage), Walter Kunz (SRV) und Natalie Dové (Nussbaumer Reisen) im Rahmen eines animierten Seminars in Ras-al-Khaimah nach. Bild: JCR

«Es gibt kein richtig oder falsch - aber es braucht einen Plan»

Im Rahmen der SRV-GV war ein Seminar dem Thema «Geschäftsmodell Gebühren und Honorare» gewidmet. Dabei wurde deutlich, dass bei diesem Thema noch sehr unterschiedliche Ansichten und Praktiken vorhanden sind.

«Wie viel monetären Wert hat die Reiseberatung?», fragte Travelnews im Frühjahr 2021. Hintergrund war die Frage, welche Gebühren - oder eigentlich spricht man besser von Honoraren - ein Reisebüro für den Beratungsaufwand verlangen soll. Im Rahmen einer gleichzeitigen Umfrage wurde deutlich, dass sich über die Hälfte der Reisebüros eine Art unverbindliche Orientierung in Bezug auf die Höhe der zu verlangenden Honorare gewünscht hätte. Der Schweizer Reise-Verband (SRV) hielt klar fest, dass er keine Weisungsbefugnis hat und die Wettbewerbskommission bei solchen «Honorar-Absprachen» schnell eingreifen würde. Dennoch blieb das Thema aktuell und es wurden diverse Modelle diskutiert, Travelnews stellte im Sommer auch einmal das Modell eines Gesamtpreises in den Raum, und letztlich setzte sich also das Thema «Geschäftsmodell Gebühren und Honorare» als Seminar-Thema im Programm der Generalversammlung des SRV in Ras-al-Khaimah von letzter Woche fest.

Dort diskutierten SRV-Geschäftsführer Walter Kunz, als Moderator, sowie die SRV-Vorstandmitglieder Jacqueline Ulrich (L'Esprit du Voyage, Fribourg) und Natalie Dové (Nussbaumer Reisen, Burgdorf) über ihre eigenen «Best Practices» bei der Handhabung der Gebühren/Honorare, und luden zum offenen Gespräch unter den Seminar-Teilnehmenden ein. Dové etwa holte aus, dass sie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) inzwischen dahingehend verändert habe, dass sie Gebühren für Ticketing oder Beratung einbehalten kann und auch bei Annullierungen - aus welchem Grund auch immer - Pauschalen für ihren Aufwand verrechnen kann - ansonsten ja Gratis-Arbeit in nicht gerade kleinem Mass geleistet wird. «Die Akzeptanz von Kundenseite ist gut und so erfahren auch die Mitarbeitenden, dass ihre Arbeit geschätzt wird», kommentierte Dové.

Jacqueline Ulrich derweil erklärte, dass der Infobedarf von Reisenden infolge Corona massiv gewachsen sei und dies alleine schon viel Mehraufwand für Reisebüros verursache, welche natürlich zu entschädigen sei. Aktuell werden bei ihr Honorare verlangt (in der Regel 60 Franken), welche bei einer Buchung angerechnet, bei einer Nicht-Buchung dagegen verrechnet werden. «Das Reisebüro bietet Sicherheit und Verbindlichkeit», sagt Ulrich, «der Kunde kann auch alles selber machen, aber wenn er Hilfe will, muss er diese auch bezahlen.»

Wie viel ist zu verlangen?

Es folgte eine angeregte Diskussion, bei welcher Kunz geschickt die anwesenden Reisebüro-Vertretenden einband und so unterschiedliche Sichtweisen und Praktiken erkennbar wurden. Zunächst ging es um die Frage nach einem «Gebührenkatalog» bzw. der Höhe eines allfälligen Stundenansatzes. Dové erklärte, es gebe nicht automatisch eine «tickende Uhr», sobald der Kunde das Reisebüro betritt. Der Aufwand für den Verkauf einer Pauschalreise sei nicht gleich wie jener einer Pauschalreise, weshalb man hier durchaus unterschiedlich vorgehen könne. Zudem sei es üblich, dass man bei guten Stammkunden, welche viel Umsatz bringen, das Honorar auch mal erlässt. «Jedes Reisebüro muss seine Kundschaft und sein geschäftliches Umfeld gut kennen um zu entscheiden, wie der ‹Best Practice› im eigenen Fall am besten aussieht», erklärte Ulrich.

Kunz ging noch weiter und erklärte: «Es gibt in Sachen Honorare kein richtig oder falsch - wichtig ist aber, dass man einen Plan hat und die Honorare bzw. Gebühren den Kunden verständlich erklären kann.» Arbeit benötigt Zeit und Ausbildung und hat somit klar einen monetären Wert, so die Grundaussage - welche in der Reisebranche trotzdem seit Jahren zu Diskussionen führt.

Reto Tobler (Reise-Forum Meilen) hielt derweil fest, dass Filialbetriebe durchaus Vorgaben brauchen, er jedoch als lokal verankertes Büro unbedingt flexibel sein müsse und keine fixen Vorgaben umsetzen würde. Ebenso setzte er sich auf den Standpunkt, dass man Honorare durchaus auch einmal in einen Gesamtpreis einbauen kann, ohne dass man dafür in jedem Fall total transparent sein müsse. Auf diesen Standpunkt stellen sich viele Reisebüros, welche nicht jeden einzelnen Preisbestandteil deklarieren wollen, so wie dies auch in anderen Branchen nicht immer genau deklariert sondern Teil eines Gesamtpreises ist. Auch Barbara Wohlfahrt (Reiserezept) setzte sich auf diesen Standpunkt, hielt jedoch fest, dass es nicht ok sei, für wenig Aufwand eine hohe Gebühr einzusacken. Da Filialbetriebe angesprochen waren, erinnerte Annette Kreczy (Chief Sales Officer, DER Touristik Suisse) daran, dass Richtlinien zwar verbindlich für die Filialen seien und das Beratungshonorar dort schon 2012 eingeführt wurde, jedoch den Filialen auch ein gewisser Spielraum bei der Handhabung der Honorare zugestanden wird.

Weitere Voten drehten sich um die Frage von Aufwand und Preis. Der Kunde werde sicher verstehen, dass eine Reise, bei welcher im Vorfeld alles erledigt wird, mehr kostet als jene, die er selber zusammenstellt - ähnlich wie mit IKEA, deren Möbel zwar günstiger sind, aber eben auch selber aufgebaut werden müssen. Andere sprachen von «je nach Kunde unterschiedlicher Preistransparenz», andere wiederum sehen in der direkt zu Beginn verlangten Gebühr auch den Aufbau einer künstlichen Hemmschwelle, weil viele potenzielle Kunden immer noch meinen, Beratung sei gratis und sich nach erhaltener Beratung ihre Reise selber zusammenstellen. Angeregte Diskussionen gab es auch hinsichtlich der «Honorar-Schmerzgrenze» von Kunden.

Modulare Preise?

Einen Konsens gab es: Ein Kunde muss wählen, wie viel Service er will. Sabine Schuler (Agentenbetreuerin DER Touristik Suisse) sprach von der Möglichkeit, verständliche Servicepakete oder Abstufungen wie Gold/Silber/Bronze einzuführen. In diese Richtung geht es zumindest schon im B2B-Bereich, als etwa Dreamtime Travel jüngst ein Kommissionsmodell ankündigte, bei welchem die Höhe der ausbezahlten Kommission sich am für den TO entstehenden Aufwand richtet. Warum liesse sich so etwas nicht auch auf das vom Endkunden verlangte Honorar übertragen?

Dass es auch Gefahren gibt, hielt Kunz fest: «Eine Änderung eines Pauschalpreises führt dazu, dass man als Reisebüro sofort in die TO-Verantwortung geht und somit gegenüber dem Kunden selber in der Pflicht steht.» Wobei im Rahmen der GV insgesamt klar wurde, dass sich die meisten Reisebüros inzwischen - gezwungenermassen oder auch freiwillig - als Mikro-TOs sehen. Ein Umstand, der in Deutschland noch anders ist und noch viel mehr reine Vermittler vorhanden sind, weshalb der ebenfalls anwesende DRV-Präsident Norbert Fiebig festhielt, dass Deutschland in Sachen Honoraren noch «in Kinderschuhen» stecke - und jene Reisebüroketten, welche bereits Beratungsgebühren verlangen, einem harten Wettbewerb ausgesetzt seien.

In der Schweiz ist das längst anders, doch Herausforderungen bleiben. Ulrich schloss, dass man in der Ausbildung zulegen müsse, denn ein Honorar sei nur zu rechtfertigen, wenn man auch wirklich Kompetenz an den Tag legt. Dawa Sigrist (TCTT Reisen) wiederum wünschte sich, dass die Reisebranche Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Verdienststruktur von Reisebüros leisten möge, damit Kunden erkennen, wie die Geldflüsse sind und wofür eigentlich Geld verlangt wird. In diesem Zusammenhang durfte Kunz festhalten, dass der Anteil an Beratungsgebühren beim Durchschnitts-Umsatz eines Schweizer Reisebüros zwischenzeitlich bis zu 26 Prozent ausgemacht habe, zuletzt aber wieder etwas sank - eine besorgniserregende Entwicklung, verbunden aber mit der Erkenntnis, dass eben letztlich jeder für sich und angesichts seiner eigenen Umstände zu einer vernünftigen Honorarlösung kommen muss.

(JCR)