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Und wie budgetieren Sie das Geschäftsjahr 2022?
Gregor Waser2020 und 2021 waren für die Reisebranche zwei Jahrgänge zum Vergessen. Und schon steuern wir auf das dritte Pandemiejahr zu. Eine gewisse Reiseplanung ist zwar wieder möglich, doch noch sind die Unsicherheiten, ob und wie reibungslos das Reisen im nächsten Jahr erfolgen wird, gross.
Für viele Reiseunternehmen stellt sich derzeit die Frage, mit welchem Budget und welchen Erwartungen das neue Jahr in Angriff genommen werden soll. Am Rande der Tourdata-Kundentagung in Dübendorf, 84 Teilnehmende waren dabei, hat sich Travelnews zum aktuellen Befinden und den kommenden Erwartungen bei einzelnen Unternehmen umgehört.
«Die Nachfrage nach Kroatien- und Griechenland-Reisen ist im Sommer sprunghaft angestiegen.»
Bei Meersicht Travel & Lifestyle wurde gleich im Frühling 2020 die Reissleine gezogen und das Büro an der Zürcher Zollstrasse aufgegeben, um den Kostendruck so tief wie möglich zu halten. Auf kaum 20 Prozent belief sich der 2020er-Umsatz beim Mittelmeer-Spezialisten wie bei den meisten Schweizer Touroperators und Reisebüros. In diesem Jahr siehts nun deutlich besser aus. «In den letzten Monaten ist die Nachfrage nach Kroatien- und Griechenland-Reisen sprunghaft angestiegen», sagt Meersicht-Chef Marco Wipfli. «Rund 50 Prozent des 2019er-Umsatzes dürften wir in diesem Jahr wieder erzielen.» Und für 2022? «Ich bin optimistisch, dass wir den 2019er-Umsatz wieder erreichen oder sogar übertreffen».
Auch Stephan Stalder von Take it Travel, Rotkreuz ZG verzeichnete 2020 nur noch knapp 20 Prozent des Vorjahresumsatz. Seine Recovery-Kurve sieht weniger steil aus als jene von Meersicht. «In diesem Jahr dürften wir wohl etwa 40 Prozent des Vorvorjahres erreichen. Für das nächste Jahr budgetieren wir mit 50 bis 60 Prozent», sagt der Reisebüro-Chef.
André Wildberger, Geschäftsleiter der Twerenbold Reisen AG, spricht von einer ähnlichen Talfahrt und ist nun mit den knapp 70 Reisebussen aber wieder deutlich im Aufschwung. Bei den Gruppen-Busreisen setzt Twerenbold Reisen auf die 2G-Regel und die scheint bei vielen Gästen gut anzukommen. «Wir planen das Jahr 2022 sehr flexibel», sagt Wildberger und er schätzt den zu erwartenden Umsatz im kommenden Jahr auf 70 bis 90 Prozent. Um gleich anzumerken: «Die Krise hat uns gezeigt, wie schnell die Rahmenbedingungen ändern können.»
«Wünschenswert wären Buchungseingänge von Januar bis März.»
Die Fragezeichen zum Reisejahr 2022 umtreiben auch Marco Wipfli. Zwar rechnet der Meersicht-Chef wieder mit einer grossen Nachfrage, doch die Kurzfristigkeit könnte ihm einen Strich durch die Rechnung machen. «Die Leute wollen wieder weg, ich rechne mit vielen Buchungen. Wünschenswert wären aber Buchungseingänge von Januar bis März. Doch ich befürchte, viele Buchungen treffen erst im Mai und Juni ein, weil die Leute abwarten wollen, wie sich die Situation entwickelt.» Und dieses Szenario erschwere insbesondere die Personalplanung. «Wenn ich nun einige Leute zusätzlich ab Januar anstelle, sitzen die dann womöglich nur rum. Und im Mai und Juni hätten wir dann bei einer grossen Buchungswelle gleichwohl zu wenig Personal», schildert er das Dilemma.
Mit dieser schwierigen Planung schlägt sich derzeit die gesamte Reisebranche herum. Viele Reiseprofis mussten oder wollten gehen und haben bei den Länderspezialisten Lücken hinterlassen. Ein Blick auf die zahlreichen Jobinserate auf dem täglichen Travelnews-Newsletter verdeutlicht die Personalnot. Aber gerade für die Fernstrecken stehen viele Zeichen noch nicht auf grün. Und dass Destinationen, die derzeit öffnen, nicht doch kurzfristig wieder ihre Einreisehürden erhöhen, sorgt weiterhin für Verunsicherung bei Reisenden – und Planungssorgen bei Reiseunternehmen.
Und wie plant Ihr Reiseunternehmen das kommende Jahr? Wir freuen uns, wenn sie an unserer Umfrage teilnehmen.