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Mit The Surfer Kids gibt Hermann Vivier an Südafrikas Garden Route Kindern die Chance, wichtige Lebenskompetenzen zu lernen. Bild: Hermann Vivier

«Mit unserer NGO wollen wir das bewusstere Reisen fördern»

Jean-Claude Raemy

Gisela Piercey lanciert mit MeetChangemakers eine innovative Schweizer Plattform, welche dazu beitragen soll, Fernreisen sozialverträglicher zu machen. Travelnews präsentiert das Konzept.

Gisela Piercey

Die Corona-Pandemie hat den Wertekompass in Bezug aufs Reisen bei vielen Menschen neu ausgerichtet. Besonders oft hört man, dass das Bewusstsein für nachhaltigere Reisen gesteigert wurde, also ökologische Komponenten wichtiger geworden sind. Es gibt aber auch jene, denen es wichtig geworden ist, dass ihre Ferien sozialverträglich sind, also ohne negative Konsequenzen oder, besser noch, mit positiven Konsequenzen für die Gemeinschaft im Zielland verbunden.

Während auf Seiten der Konsumenten in der Regel der Informationsmangel das grösste Problem bei der Suche nach adäquaten Ferienformen darstellt, ist es bei Reiseveranstaltern wie auch bei Anbietern im Zielland der potenziell fehlende Kontakt. Genau an diesem Punkt setzt nun eine innovative Schweizer NGO-Plattform namens «MeetChangemakers» an. Diese verbindet «Grassroots-Changemakers» - vorläufig nur in Südafrika, doch die Reihe der Zielländer soll ausgebaut werden - mit Reiseveranstaltern in der Schweiz und in anderen Ländern. Die Idee ist, dass so Fernreisen mit einer sozialen Komponente stärker in den Fokus rücken.

Hinter dem Projekt stehen die Zürcher Oberländer François Rüf und Gisela Piercey - diese ist älteren Branchenakteuren vielleicht noch als Gisela Wolfensberger bekannt, welche für die damalige «Schweizer Touristik» als Redaktorin unterwegs war. Die letzten 16 Jahre hat Piercey mit ihrer Familie in Südafrika gelebt; dort betrieb sie einerseits den Reiseveranstalter African Twist Travel und war auch weiterhin journalistisch aktiv. Der Corona-bedingte komplette Einbruch des Tourismus in Südafrika hat Piercey nun dazu bewogen, mitsamt Familie zurück in die Schweiz zu ziehen. Doch die Not vieler Menschen in Südafrika hat sie angetrieben, hier ein Projekt aufzuziehen, mit welchem sie ihrer zweiten Heimat Südafrika etwas zurückgeben kann.

So funktioniert MeetChangemakers

Gegenüber Travelnews erklärt Piercey, dass es darum gehe, Afrika-Spezialisten - ob Reiseveranstalter oder Reisebüro, spielt keine Rolle - mit an Bord zu holen. Mit einigen ist der Kontakt bereits hergestellt. Die Idee besteht darin, bei Reisebuchungen in Länder der Dritten Welt einen freiwilligen «Social Compensation»-Beitrag zu lancieren - vielleicht vergleichbar mit der CO2-Kompensation im Flugbereich, welche mittlerweile breit akzeptiert ist. Personen, die sozial bewusster reisen möchten, können diesen auf Wunsch entrichten und werden über den Verwendungszweck informiert. Für die Reisebranche ist das eine Chance, ihre Reisekunden dabei zu unterstützen, mit einem besseren Gewissen in die Ferne zu reisen und der Spezialist kann sich gleichzeitig als engagiertes und verantwortungsvolles Unternehmen positionieren.

Hierbei gibt es zwei Varianten für den sozial bewussten Endkunden: Der Beitrag wird bei einer Reisebuchung in Form einer Spende an MeetChangemakers überwiesen. Diese wiederum wird diese «soziale Entschädigung» einem Changemaker und seiner Initiative weiterreichen. Eine erste Auswahl an Changemakers ist auf der Website von MeetChangemakers zu finden. Die zweite, vielleicht noch spannendere Variante, ermöglicht es dem Reisenden, einen Changemaker vor Ort zu treffen und seine soziale Initiative persönlich kennenzulernen. «Das ist für Reisende ein prägendes, authentisches Erlebnis und schärft das Verständnis für die Vorteile sozialverträglicher Reisen», führt Piercey weiter aus. Auch der Spezialist profitiere davon, denn diese Begegnungen mit Locals seien einer der wichtigsten neuen Reisetrends.

Angepeilt werden übrigens nicht nur Privatpersonen: Soziale Entschädigungen lassen sich problemlos im Rahmen des Unternehmensbudgets, als Investitionen für Soziales, integrieren. So liesse sich sicherzustellen, dass Reisekosten eine positive soziale Wirkung haben.

Engagierte Personen zwecks Unterstützung gesucht

«Mit unserer NGO wollen wir also das bewusstere Reisen fördern und eine Lösung präsentieren, wie Fernreisen sozialverträglicher werden», erklärt Piercey weiter. Durch die Nutzung globaler Unterstützung im Bereich Reisen, Philanthropie und «Environmental Social Governance», hilft MeetChangemakers den Partnern im Zielland (also den «Grassroots-Changemakern») dabei, ihre Communities positiv zu verändern.

MeetChangemakers ist als steuerbefreiter Verein organisiert und befindet sich derzeit in der «Fundraising-Phase», um finanzielle Partner und Unternehmen für Kollaborationen zu gewinnen.

Und wer sind nun diese Changemaker? Unter den Partnern in Südafrika findet man eine Krebsüberlebende, welche zur Agrar-Pionierin wurde, um ihre Gemeinschaft zu ernähren, oder einen Graffitikünstler, der vernachlässigte Viertel verändert und Kinder durch kreative Kunst von der Strasse holt. Andere inspirierende Changemaker sind Programmierer für benachteiligte Kinder, Umweltschützer, reformierte Gangster und Menschenrechtsverteidiger - allesamt mit ganz ungewöhnlichen Geschichten.

Reisende, Reiseverkäufer, Philanthropen und andere erfahren online mehr über die Changemaker, die von Piercey's Pilotprojekt unterstützt werden, und werden dabei auch aufgerufen, selber Ideen oder Vorschläge - etwa für neue Changemakers - einzubringen. «Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich zu engagieren – von finanziellen Beiträgen über ehrenamtliches Engagement bis hin zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit», schliesst Piercey, «wir hoffen, dass sich die ‹Social Compensation› durchsetzen kann.» Das wäre schön - nicht nur, um guten Gewissens in ärmere Länder reisen zu können, sondern auch, weil sich dieses Modell dann auch auf weitere Changemakers aus aller Welt erweitern liesse.