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Kennt die weltweit schönsten Gay-Hotspots: Ray Fuhrer, Geschäftsführer von Pink Cloud Travel Service. Bild: HO

«Viele Hotels und Airlines bezeichnen sich als gay-friendly, tragen aber nichts dazu bei»

Gregor Waser / Alexandra Almeida

Mit 64 Prozent Ja-Stimmen hat sich die Schweizer Bevölkerung für die «Ehe für alle» ausgesprochen. Gibt es jetzt mehr Honeymoon-Reisen? Ray Fuhrer, Geschäftsführer von Pink Cloud Travel Service, äussert sich im Interview zu den schwul-lesbischen Reisetrends.

Herr Fuhrer, 64,1 Prozent Zustimmung für die «Ehe für alle»... Was sagen Sie zum Abstimmungsresultat?

Ray Fuhrer: Die Schweiz geht in eine gute Richtung, ich bin sehr stolz auf das Land, das Resultat ist einmalig. Damit hätte ich nie gerechnet, dass sämtliche Kantone ja stimmen. Offensichtlich ist die Schweiz bei diesem Thema weitergekommen. Bisher gehörten wir innerhalb Europas zu den Nachzüglern. Besonders freut mich, dass die Abstimmung vom Volk getragen ist. Wenn der Entscheid wie in Spanien oder Deutschland nur vom Parlament aus kommt, sagt das noch nichts über die Akzeptanz in der Bevölkerung. Aber die Schweiz hat nun die Weichen gestellt.

Werden jetzt viele homosexuelle Paare heiraten – und bei Ihnen den Honeymoon buchen?

Das hatten wir schon immer, auch schon mit der eingetragenen Partnerschaft. Wir organisieren viele Honeymoon-Reisen. Auf Mauritius, den Malediven und weiteren klassischen Destinationen haben wir entsprechende Verträge oder fragen an und besprechen mögliche Packages. Wir haben noch kaum je schlechte Erfahrungen gemacht, sogar Hotels in Marokko haben uns schon Honeymoon-Rabatte gegeben.

Mit einer Steigerung rechnen wir nicht. Jene, die bereits ein einer eingetragenen Partnerschaft leben, so wie ich, konnten bisher schon heiraten. Am 1. Juli 2022 lässt sich die eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln. Jene, die bisher geheiratet haben, taten dies etwa wegen dem Thema Wohneigentum, um sich rechtlich abzusichern. Nun kommen wohl noch etliche dazu, die sich wegen des Themas Witwenrente zu einer Ehe entschliessen. Doch das sind nicht unbedingt die Jahrgänge, die sich in den Honeymoon begeben.

«Nur weil sie das Geld dieser Community möchten, sind sie plötzlich gay-friendly ...»

Hat nun mit dem deutlichen Ja für die «Ehe für alle» etwas geändert für Sie im Reisebusiness?

Bisher hörten wir oft die Frage, erhalten Pärchen in eingetragener Partnerschaft ebenfalls den Honeymoon-Rabatt oder einen Rabatt bei einer Airline? Den müssen wir bei den Hotels und Airlines teilweise einfordern und erklären, in der Schweiz sind eingetragene Partnerschaften gleichgestellt. In praktisch allen Fällen erhalten wir die Rabatte oder haben direkte Abmachungen und Verträge. Das ist ja auch unsere Stärke als schwul-lesbischer Anbieter.

Welche Länder sind aus Ihrer Sicht besonders LGBT-freundlich?

Es gibt zahlreiche Hotels, Airlines und Länder, die sich zwar als gay-friendly bezeichnen, aber eigentlich nichts dazu beitragen. Nur weil sie das Geld dieser Community möchten, sind sie plötzlich gay-friendly ... Plötzlich habe ich einen Hotelier an der Strippe, dessen Hotel wohl derzeit nicht gut läuft, der sagt, sie seien nun gay-friendly. Doch im Hotel selber muss man dann feststellen, von der gay-friendlyness ist nicht viel zu sehen.

Was fehlt denn?

Da liegt ein Vogue-Magazin für Frauen im Zimmer oder sie kapieren nicht, dass es womöglich zwei grosse Bademäntel braucht. Ein gay-friendly Hotel legt etwa einen Stadtplan auf, eine Gay-Map. Es sind oft die kleinen Details.

Und bei einer Airline?

Bei Airlines, die anklopfen, auf der Suche nach mehr Volumen, frage ich mich, was sie Spezielles zu bieten haben? Man könnte ja beispielsweise mal Werbung mit zwei Männern machen. Einige Firmen wie Möbel Pfister oder die Zürcher Kantonalbank haben das Thema ja schon seit Längerem auch in der Werbung aufgenommen.

«Wenn jemand die Erwartung hat, schmusend und Händchen haltend die Ferien zu verbringen, dann kann man in viele Länder nicht reisen.»

Aber eine Liste mit gay-friendly Destinationen liegt nicht auf Ihrem Pult?

Wir haben eine Liste, ich möchte hier aber kein Ranking abgeben. Klar schicken wir ein Honeymoon-Pärchen nicht nach Saudi-Arabien. Generell möchte ich sagen: wenn jemand die Erwartung hat, schmusend und Händchen haltend die Ferien zu verbringen, dann kann man in viele Länder nicht reisen. Aber das hat überhaupt nichts mit schwul oder lesbisch zu tun. Das betrifft ja auch Heterosexuelle. Auf den Malediven wird nicht oben ohne am Strand spaziert oder im Spa geschmust. Das ist anstossend und hat mit Respekt zu tun. Was man im Zimmer macht, interessiert niemanden. Wenn ich mit meinem Mann reise, habe ich noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Internationale Hotels wissen heute, wie sie sich gegenüber dieser Community verhalten sollen. Und sie wissen auch, dass diese Community oft über reichlich Geld verfügt und dieses auch ausgibt. Aber das wichtigste: Reisende müssen gegenüber den Kulturen und Ländern ihren Respekt zollen.

Wie läuft denn eine Beratung bei Ihnen ab?

Zunächst geht es um eine Bedürfnisanalyse. Sie wollen den absoluten Inselzauber? Tauchen und schnorcheln? Da muss ich dem Kunden nicht die USA präsentieren. Hawaii ist nicht das gleiche wie die Malediven. Klar haben wir auch die Hochburgen im Angebot, wie Mykonos, Gran Canaria, Ibiza oder Sitges. Irgendwann hat man diese Ziele dann auch gesehen oder ist nicht darauf angewiesen, hunderte Bars und Clubs anzutreffen. Vor allem auch als Pärchen. Gerade Frauen haben andere Punkte, die ihnen wichtig sind, etwa Kultur, Menschen, Geschichte. Da bieten sich viele Länder an.

Wie läuft es bei Pink Cloud im Moment?

Wir haben schwierige Monate hinter uns, wie alle Reisebüros. Die Hochburgen werden aber immer gebucht, Kroatien und einige andere Kurzstreckenziele sind beliebt, auch die Malediven, Mauritius und die Dominikanische Republik. Etliche Gäste haben wir zudem nach Lappland, da bieten wir jeden Winter Gruppenreisen an, mit Blockhütte, Sauna, Hundeschlitten-Touren. Vor der Pandemie hatten wir Richtung USA einen grossen Run, auch Brasilien war stark gebucht, der asiatische Raum generell und Kreuzfahrten. Da verzeichneten wir nun einen Totaleinbruch. Immerhin gingen diese Woche erstmals wieder zwei USA-Buchungen ein.

Ändert sich das Reisen für Schwule und Lesben?

Was mich oft störte: beim Reisen musste man sich ungewollt outen. Bei der Frage nach dem Zivilstand sagte ich bisher, ich lebe in einer eingetragenen Partnerschaft. Dann hätte ich gleich sagen können, ich bin schwul. Heute schreibe ich auf das Einreiseformular: married. Kleine Details, die einen freuen.