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Reiseberatung hat einen inhärenten Wert - aber muss dieser separat ausgewiesen werden? Bild: AdobeStock

Kommentar Mehr Mut zum Gesamtpreis

Jean-Claude Raemy

Reisebüros können sich nicht darauf verlassen, lediglich von Gebühren zu leben. Eigentlich müssen sie alle zu Mikro-TOs mutieren. Und dabei den Mut haben, vernünftige Preise zu verlangen.

Mit dem Thema des Werts der Reiseberatung hat sich Travelnews bereits kürzlich befasst. Dabei zeigte sich, dass die Branche eigentlich gerne Richtlinien hätte über Höhe der Vergütung für die Beratungsdienstleistung. Doch gehen wir mal einen Schritt weiter: Muss man diese wirklich gesondert angeben? In einer Zeit, in der man weniger über «kosmetische Veränderungen» und mehr über das Überleben nachzudenken hat, ist es hilfreich, einen Schritt zurückzutreten und die Art und Weise, wie man das eigene Geschäft betreibt, zu überdenken und mittels neuer Ideen herauszufordern.

Nehmen wir den Reiseverkauf. Dieser besteht aus zahlreichen Elementen: Flug, Hotel, Mietwagen als klassische Bausteine, daneben aber noch Zusatzverkäufe (Versicherungen etc.) und «Soft Factors» wie eben die Beratung, eine Helpline oder dergleichen. Für Flüge gibt es kaum noch Kommissionen und bei TO-Leistungen fürchten viele den Wegfall von Kommissionen, weshalb man die Flucht nach vorne in ein «gebührenbasiertes Ertragsmodell» gestartet hat. Aber alle wissen: Wer nur von Gebühren lebt, kann damit seine Rechnungen Ende Monat nicht bezahlen. Gebühren machen immer noch einen sehr kleinen Teil des Umsatzes aus.

Was ist das Grundproblem der Reisebranche? Schwache Margen. Bei einer «basic» Reisevermittlung (Flug/Hotel) springt in der Regel nicht viel raus. Und wer nun jede einzelne Leistung noch in der Rechnung auflistet und am Ende mit einer Gebühr versieht, macht sich viel zu transparent. Der Kunde kann dann schauen, ob er Einzelleistungen nicht selber günstiger bekommt. Und hinterfragt am Ende noch die Gebühr. Zum Teil nicht zu Unrecht: Es ist eine nicht so seltene Praxis, Gebühren «versteckt» oder im Nachhinein noch zu addieren.

Eigentlich müsste man lediglich einen Gesamtpreis angeben. Die Reise kostet einen Preis von X Franken. Aufzulisten sind darin sämtliche inkludierten Leistungen, und zwar nicht nur hinsichtlich Flug oder Hotel, sondern eben auch Beratung, Versicherung etc. Der Kunde kann sich dann mit diesem Gesamtpreis einverstanden erklären oder vielleicht nachfragen, wo noch Sparpotenzial drin liegt; hinterfragen wird er die einzelnen Kostenposten jedoch nicht. Wetten, dass dies die grosse Mehrheit akzeptiert? Wir hinterfragen beim Bezug von Leistungen in anderen Branchen auch nicht die Marge bzw. wollen stets einen Nettopreis kennen. Haben Sie sich schon mal gefragt, was der Markup auf einem Burger ist? Möglicherweise, aber sie haben das nicht als Argument gebraucht, um den Burgerpreis zu senken. Und eine separate Gebühr fürs Servieren des Burgers haben Sie auch noch nie bezahlt.

Gesamtpreis statt Gebühr

Manche Reiseveranstalter verkaufen bereits ihre Angebote mit so einem nicht näher aufgegliederten Gesamtpreis. Reisebüros, welche Reisen zusammenstellen, also als Mikro-TO agieren, sollten dies auch tun. Leistungen zusammennehmen, vernünftiger Markup drauf, in welchem dann aber alles inkludiert ist, und auf eine Gebührenangabe verzichten. Klar ist, dass man damit definitiv zum TO avanciert und somit auch alle damit verbundenen Pflichten und Risiken trägt. Das ist bei vielen ohnehin schon der Fall, es geht hier einzig um die Preisausschreibung. Wäre das nicht sinnvoller als über Gebührenhöhen zu debattieren?

Sofern man sich im gesetzlichen Rahmen bewegt, wird ihnen niemand bei der Preisgestaltung oder -ausschreibung dreinreden. Auch wenn Beratungsgebühren hierzulande nur noch selten zu Diskussionen führen: Irgendwie sind sie unschön und vermitteln den Eindruck, also ob man Produkte verkauft, die per se keinen angemessenen Gewinn abwerfen. Das Produkt selber hat einen Wert, und die Vermittlung desselben hat einen Wert, ebenso Dienstleistung während/nach der Reise. Das darf man alles in einen vernünftigen Markup einbauen. Ist man dann gegenüber der Konkurrenz teurer? Klar. Aber die USPs des Reisebüros sind im Preis inkludiert (diese darf man ruhig ausführlich auflisten - ohne Preisangabe!). Ein Vorteil für den in diesem wettbewerbsintensiven Geschäft sicherlich einige zu bezahlen bereit sind.