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Das Einreisebestimmungs-Chaos sorgt für Unsicherheit bei Kunden - und damit auch mehr (Erklärungs-)Aufwand bei Reisebüros. Bild: AdobeStock

Welche Sorgen umtreiben die Reisebüro-Kunden?

Travelnews hat nachgefragt, wie sehr in Reisebüros die Kundschaft aktuell beruhigt werden muss und wo bei dieser der Schuh drückt. Gleichzeitig wollten wir wissen, was derzeit überhaupt gebucht wird. Die Antworten sind ziemlich einhellig.

Auf die kurze Tauphase mit gelockerten Grenzbestimmungen für viele Schweizer scheint nun wieder mancherorts eine Verschärfung der Bestimmungen stattzufinden. Dazu jagt eine überhöhte Schreckensnachricht zur Delta-Variante die nächste. Das mag schlimmer klingen, als es in der Realität ist, hat jedoch zur Folge, dass viele Reisewillige verunsichert sind und der Informationsbedarf weiterhin sehr hoch ist.

Travelnews wollte es genauer wissen und hat bei einigen Reisebüros danach gefragt, wo bei deren Kundschaft aktuell «der Schuh drückt» und wie sich die Buchungslage präsentiert.  


Daniel Kiefer, Reisebüro DanTours, Schönenwerd

«Bei uns kommen vor allem Fragen im Stile von ‹Was mache ich, falls ich vor Ort positiv getestet werde?› und wie sich dann die Rückreise in die Schweiz gestaltet. Ebenso gibt es viele Fragen zur Lage im betreffenden Land oder auf der jeweiligen Insel. Die Medien - ich meine damit natürlich nicht die Branchenmedien- machen hier viel kaputt oder verunsichern die Kunden. Aber wenn ich so Berichte lese wie jüngst in der Facebook-Gruppe ‹Schweizer Reisebranche - Treffpunkt für Insider› über den Vorfall im Robinson Club Nobilis kann ich nur hoffen, dass dies kein Blick- oder 20-Minuten-Journalist aufschnappt!

Der Aufwand, um Sorgen zu zerstreuen, ist gross. Wir leisten viel telefonische Beratung/Auskunft oder dies auch schriftlich. Dabei müssen wir selber immer wieder erneut Abklärungen treffen, da ja alles immer sehr schnell wieder ändert.

Trotzdem hat die Nachfrage für den Sommer und für die Herbstferien jüngst angezogen, primär für Europa und noch immer unter dem Normalen. Es ist wie immer oder wohl bei allen: Griechische Inseln, Mallorca und etwas Malta, Portugal, Spanien oder die Türkei und Ägypten. Kroatien/Montenegro ist leider sehr «ruhig» und wird nicht angefragt. Ganz wenige Anfragen haben wir auch für Schweden oder Island, aber das hat sich jetzt mit dem Wetter in der Schweiz auch wieder gelegt und der Süden oder Sonne wird verlangt!»

Evelyne Salewski, Frossard Reisen, Basel

«Wir bedienen hier hauptsächlich Stammkundschaft. Die meisten unserer Kunden sind reisegewohnt, gut informiert und geimpft und lassen sich nicht so einfach verunsichern und auch nicht von ein paar PCR-Tests oder Formularzwängen abschrecken. Ich denke, ich mache mir mehr Sorgen um meine Kunden als diese für sich - ein paar gute Ratschläge sind nie verkehrt. Es fällt aber auf, dass die ‹Laufkundschaft› viel mehr mit Sorgen an uns herantritt und dann meistens auch auf eine Buchung verzichtet - und in der Regel auch mehr auf den Preis fixiert ist.

In diesem Sommer wird fast nur Europa gebucht, primär Spanien und die Balearen, auch etwas Frankreich und andere Mittelmeerziele. Wir verzeichnen auch vereinzelt etwas Geschäftskundschaft. Für 2022 haben wir einige sehr schöne Longhaul- und Kreuzfahrtdossiers, welche teils aber schon lange bestehen und mehrmals verschoben werden mussten. Es kommen auch hie und da noch Buchungen fürs nächste Jahr herein. Die Bude wird uns aber nicht gerade eingerannt...»

Michael Lanz, No Worries, Langenthal

«Bei uns wird hauptsächlich nach Einreisebestimmungen gefragt, die sich bekanntlich täglich ändern. Der Aufwand mit solchen Anfragen ist für uns im Allgemeinen gering, da wir auf verlässliche Quellen Zugriff haben. Nachgefragt werden aktuell Städtereisen sowie kurzfristig gebuchte Badeferien. Auch für Überseeziele gibt es für den Winter bereits eine Nachfrage, allerdings ist diese sehr gering.»

Iwan Berger, Rilex, Altdorf

«Im Juni war das Buchen - fast - wie in alten Zeiten. Zwar praktisch nur Mittelmeer, vor allem Griechenland und Spanien, zwei, drei Fragen und gebucht. Seit nun fast überall die Corona-Zahlen steigen, ist einiges mehr an Beratung bzw. Beruhigung nötig, praktisch doppelt so viel Zeit. Bei uns gilt die Devise, Kunden nicht zu überreden, aber die Fakten zu liefern. Entscheiden müssen die Kunden aber selbst.

Gefragt wird querbeet rund um Corona: Was benötige ich für die Einreise? Wie sehen die Rückreisebestimmungen aus? Was sind die genauen Corona-Regeln vor Ort? Was ist, wenn ich kurzfristig annulliere? Was passiert, wenn wir gezwungen sind, frühzeitig nach Hause zu reisen?»

Beat Künzler, Arotur GmbH, Arosa

«Die Kunden haben ein grosses Informationsbedürfnis. So stehen Fragen zu den Reisebestimmungen für die Ein- und Rückreise im Vordergrund. Welche Regelungen gelten für geimpft, genesen, getestet? Wohin kann man reisen und was passiert, wenn man vor Ort positiv getestet wird? Wir stellen fest, dass oft beispielsweise ein Elternteil schon geimpft ist, das andere jedoch nicht. Ab welchem Alter der Kinder muss für welche Destination ein Covid-Test vorgenommen werden und welche Tests sind überhaupt akzeptiert? Alle diese Fragen stellen sich bei vielen verunsicherten Reisewilligen.

Der Beratungsaufwand von der Interessenbekundung bis zum Buchungsabschluss hat sich im Vergleich zu früher verzigfacht. Schätzungsweise sitzen wir heute, für die leider noch immer wenigen Buchungen, fünf Mal so lange in der Beratung als noch vor zwei Jahren. Grösse und Art des Hotels, Covid-Schutzkonzepte, sind vor Ort Restaurants und Läden geöffnet und die zuvor genannte Problematik betreffend Impfung und Testung, sind alles Informationen, welche Reisewillige bei uns erfragen. Die Kunden hören und lesen so viel, dass die Verunsicherung verständlich ist. Wir bei Arotur bemühen uns sehr, diese Fragen zu lösen und stehen unseren Kunden auch während deren Ferien jederzeit zur Verfügung.

Gebucht werden zu 90 Prozent Ferien in Europa, von der Türkei bis Spanien. Der Norden läuft schlecht. Übersee sind es vor allem die Emirate, Costa Rica, Dominikanische Republik und die Malediven. Wir haben einige Kunden, welche sehnlichst auf die Öffnung von beispielsweise den USA und einer auch für Nicht-Geimpfte vereinfachte Einreise nach Island warten. Interesse ist für viele Destinationen da, letztlich gebucht werden aber vor allem Destinationen im Kurzstreckenbereich im Süden.»

Martin Reber, Schär Reisen, Bern

«Erfreulicherweise ist die Nachfrage für Mittelmeerdestinationen wieder gestiegen, wenn auch mit vielen Vorbehalten. Von Euphorie - wie in Presseberichten, TO- und Airline-Kommunikationen etc suggeriert - kann aber keine Rede sein. Das ist reiner Zweckoptimismus. Für uns fehlen klar die Ferndestinationen. Ich bin aber optimistisch, dass es wieder kommt, etwa das Kanada-Geschft, aber leider viel langsamer, als uns lieb ist. Ich hoffe einfach, dass die Impfquote bei uns und im Ausland steigt, nur die Durchimpfung wird das Problem längerfristig lösen.

Ich habe in unseren Filialen nach den Sorgen gefragt, das gestaltet sich dort wie folgt:

Bern: Die Anfragen betreffen vor allem das Mittelmeer und drehen sich um die Einreiseformalitäten, besonders was Kinder betrifft. Oft wird auch gefragt, ob eine Annullation unter bestimmten Umständen möglich ist - z.B. wenn die Bestimmungen verschärft werden, wenn Kinder neu eine Impfung benötigen oder wenn die Zahlen in der Feriendestination in die Höhe schnellen. Oft gefragt wird auch nach der Maskenpflicht an der Destination, also ob diese am Strand oder in der Hotelanlage gilt. Dann wird auch viel nachgefragt wie es aussieht mit der Öffnung der USA oder wie sich die Lage in Thailand präsentiert. Der Aufwand ist im Moment ziemlich gross, bei jeder geplanten Reise müssen noch die neusten Einreiseformalitäten geprüft werden und gecheckt werden, ob der Kunde geimpft ist oder nicht. Der Aufwand ist sicher viel grösser geworden, etwa um 40-60 Prozent.

Ittigen: Die meisten Fragen drehen sich um die ständig wechselnden Einreisebestimmungen, sowie um die Reiseorganisation und Möglichkeiten vor Ort für nicht Geimpfte. Auch die Online-Registrierung ist für viele ein Problem. Wir buchen wann immer möglich Pauschalarrangements. Griechenland, Spanien oder Türkei, Letzteres jetzt mit den Waldbränden zwar auch nicht mehr. Der Aufwand, um Sorgen zu zerstreuen, macht mit Beratung und Nachbearbeitung mindestens 50 Prozent der Arbeit aus.

Worb: Das grösste Sorgenkind sind Fragen nach der Quarantäne. Die Unsicherheit  betreffend Einreisebestimmungen am Tag X der Einreise ist riesig. Viel nachgefragt wird auch, ob die Infrastrukturen vor Ort offen oder geschlossen sind.

Heimberg: Im Moment ist es eher wieder ruhig, wohl auch wegen den Schulferien. Wir haben aber ein paar Anfragen für Herbstferien, primär für Zypern und Griechenland. Zurzeit aber null Anfragen für Langstreckenziele. Die Kunden sind unsicher, weil die Zahlen steigen und sie fragen sich, ob es wieder mehr Restriktionen gibt. Es ist für uns viel Aufwand, um die nötigen Papiere und Testvorschriften abzuklären. Viele Kunden benötigen auch Hilfe beim Ausfüllen der Einreiseformulare.»

Fazit

Man merkt: Die Antworten sind in weiten Teilen gleich. Der Beratungsaufwand pro Dossier hat in sehr vielen Fällen merklich zugenommen. Reisebüros sind zu einer wichtigen Anlaufstelle für verbindliche Antworten in Bezug auf Reisemöglichkeiten geworden - die eigene Suche im Internet ist aufwändig und nicht immer wird den eigenen Suchergebnissen vertraut. Trotz der Aufklärung wird aber zurückhaltend gebucht; primär werden nahe gelegene Ziele, in denen weitgehend «Reisefreiheit» herrscht, gebucht. Corona-Schreckensmeldungen zu Spanien oder Griechenland scheinen nicht abzuschrecken; wenn, dann sind lediglich komplizierte/strenge Grenzbestimmungen ein Dämpfer. Das Fernreisegeschäft darbt weiterhin extrem - und solange keine vernünftigen Lösungen präsentiert werden, wird sich das auch nicht so schnell ändern.

Bemerkenswert ist, mit welchem Elan und Fokus auf die Kundenwünsche in den Reisebüros weiterhin gearbeitet wird. Klar, was soll man auch anderes tun? Aber viele werfen die Flinte nicht ins Korn und versuchen, aus der vermurksten Situation das Beste zu machen. Das darf man den Reisebüros zugute halten.

(JCR/NWI/AAA)