Reiseanbieter

Der Vorstand der Rewe Group (v.l.): Sören Hartmann (Chef Touristik), Jan Kunath, Lionel Souque (Vorstandsvorsitzender) und Christian Mielsch. Bild: Rewe Group

«Der Konzern ist für alle möglichen finanziellen Herausforderungen der Krise gerüstet»

Der Mutterkonzern der DER Touristik Suisse hat seine Jahreszahlen 2020 präsentiert. Trotz der markanten Einbrüche im Touristikgeschäft gibt man sich vorsichtig zuversichtlich für die Sparte Tourismus und hält fest, dass diese eben dank dem Mutterkonzern auf soliden Füssen steht.

Dass die Zahlen der Touristiksparte der Rewe Group miserabel sind, war seit April bekannt (Travelnews berichtete). Obwohl der Mutterkonzern der DER Touristik Suisse ein Rekordjahr erzielte, musste man 2020 im Geschäftsfeld Touristik einen Umsatzeinbruch von 74 Prozent verkraften.

Aus dem nun vorgelegten Geschäftsbericht der Rewe Group lassen sich zum Touristikgeschäft dennoch einige weitere Schlüsse ziehen. So steht zum Touristik-Markt im Geschäftsbericht konkret Folgendes:

«Obwohl das Jahr gut gestartet war, verzeichnete der deutsche Reiseveranstaltermarkt 2020 mit -64,7 Prozent einen dramatischen Umsatzeinbruch auf 12,5 Mrd. Euro (Vorjahr: 35,4 Mrd. Euro) und konnte damit nicht an die guten Ergebnisse der Vorjahre anknüpfen. Nach dem positiven Start, der Rekordumsätze versprach, stoppte im März die rasche Verbreitung des Coronavirus die Entwicklung
jäh. Durch Grenzschliessungen, Reisewarnungen und Einreiseverbote kamen der Reise- und Flugverkehr von Mitte März bis Mitte Mai nahezu vollständig zum Erliegen. Im Sommer gab es wieder Anlass zur Hoffnung und einzelne Ziele waren bereisbar. Im Sommer lagen die Hoffnungen der Reiseveranstalter auf den Balearen, Kanaren und Griechenland, wobei die spanischen Ziele gegen Ende des Sommers erneut von Schließungen betroffen waren. Griechenland und die anderen Ziele waren dann ab Oktober geschlossen, sodass zum Ende des Touristikjahres kaum noch in Flugziele gereist werden konnte.

Der Umsatz der klassischen Flugreiseveranstalter ging insgesamt um 65,5 Prozent zurück. Am stärksten waren Zielgebiete im aussereuropäischen Mittelmeer (-73,4 Prozent), das europäische Mittelmeer (-64,6 Prozent), Fernreisen (-61,5 Prozent) und Europa (-41,7 Prozent) betroffen. Bei Veranstalterreisen konnten lediglich das Ziel Deutschland und Kreuzfahrten leichte Marktanteile gewinnen, in absoluten Werten zeigte sich überall eine negative Entwicklung.

Der stationäre Reisebüromarkt war von Schließungen und Kurzarbeit ebenfalls betroffen und verzeichnete 2020 einen Umsatzrückgang von insgesamt 65,9 Prozent. Auch der Online-Reisevertrieb musste ähnlich starke Umsatzrückgänge in Kauf nehmen (-64,6 Prozent zum Vorjahr). Auch die Umsätze der Produktportale (-40,9 Prozent) sowie die Online-Direktverkäufe der touristischen Leistungsträger (-44,3 Prozent) nahmen stark ab, allerdings fiel der Rückgang schwächer aus als in anderen Segmenten. Sie bleiben also auf ihrem Kurs und treten immer stärker in Konkurrenz zu ihren eigenen Vertriebskanälen über Veranstalter und Reisebüros

Die Entwicklungen in den verschiedenen europäischen Veranstaltermärkten verliefen 2020 recht ähnlich und zeigen ein ähnlich dramatisches Bild. Der österreichische Veranstaltermarkt entwickelte sich ebenso negativ wie der deutsche Veranstaltermarkt, da über 80 Prozent der angebotenen Reisen mit dem identischen Sortiment von den deutschen Veranstaltern produziert werden. Insgesamt wird bei den Veranstalterreisen von einem Rückgang von über 70 Prozent ausgegangen. Auch der Schweizer Veranstaltermarkt entwickelte sich im Jahr 2020 stark negativ.

Was sagt der Konzernvorstand hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung? Die Prognose fällt eigentlich recht düster aus, beinhaltet aber auch Lichtblicke. Erkennbar sei, dass die Touristik aufgrund der Entwicklung der Coronakrise weiterhin wesentliche Ergebniseinbussen hinnehmen muss. «Die Prognosen, die die für das Geschäftsfeld Touristik relevanten Entwicklungen betreffen, sind aufgrund der aktuellen Entwicklung nicht mehr haltbar», schreibt der Konzern. Je länger die Krise andauert, desto stärker werden die negativen Auswirkungen auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung sein.

Der Rewe-Vorstand erwartet, dass die Buchungszahlen im Laufe des Jahres zwar steigen und über dem Niveau von 2020 liegen werden, aber noch nicht das Buchungsniveau von 2019 erreichen. Ebenso wird aber erwartet, dass sich Umsatz und internes EBITA im Jahresvergleich zu 2020 positiv entwickeln. Der Liquiditätsbeitrag des Geschäftsfelds Touristik zur Liquidität des Konzerns im Geschäftsjahr 2021wird aufgrund des pandemiebedingten Rückgangs von Reisebuchungen geringer ausfallen als vor der Coronakrise.

Im operativen Geschäft wurden deshalb entsprechende Gegenmassnahmen ergriffen, um auf die geänderte Nachfragesituation zu reagieren und voraussichtliche Effekte auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung zu reduzieren. Auch bei einer länger andauernden Schliessung wesentlicher Zielgebiete sind die Liquiditätsreserven des Konzerns auch ohne die Inanspruchnahme staatlicher Kreditprogramme ausreichend, um allen Verpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Zur Gewährleistung der finanziellen Flexibilität und Unabhängigkeit hat der Konzern eine im April 2020 zusätzlich aufgenommene Kreditlinie in Höhe von 1,0 Mrd. Euro im Januar 2021 auf ein Volumen von 500,0 Mio. Euro reduziert und im März 2021 mit einem Volumen in Höhe von 750,0 Mio. Euro und einer Laufzeit von 18 Monaten (und einer Verlängerungsoption um weitere 12 Monate) refinanziert. Diese Linie ergänzt als nicht in Anspruch genommene Reservelinie den bestehenden syndizierten Kredit von 2,0 Mrd. Euro. «Dank dieser Massnahme ist der Konzern weiterhin für alle möglichen finanziellen Herausforderungen, die sich aus der Krise noch ergeben können, gerüstet», steht im Geschäftsbericht.

Zur Erinnerung: Das Geschäftsfeld Touristik gliedert sich in die Sparten Touristik Zentraleuropa, Touristik Nordeuropa, Touristik Osteuropa, Touristik Zielgebiete und Touristik Zentrale. Es umfasst unter der Dachmarke DER Touristik eine Vielzahl von Reiseveranstaltern, Reisevertrieben (Reisebüro-Ketten, Franchise-Vertriebe und Online-Portale) sowie Zielgebietsagenturen und Hotels. Die Touristik ist in den Quellmärkten Deutschland, Österreich, der Schweiz, in Osteuropa und mit den Kuoni-Einheiten auch in Skandinavien, Finnland, Frankreich, Grossbritannien sowie den Benelux-Ländern aktiv. Die Touristik tritt vor allem unter den Marken Apollo, Calimera, DER.COM, DER Reisebüro, DERPART, DERTOUR, EXIM Tours, FISCHER Group, Helvetic Tours, ITS/ITS Coop Reisen, Jahn Reisen, Kuoni, Meier’s Weltreisen und Sentido auf. Insgesamt verfügt die Touristik über 809 Reisebüros. Zudem werden 583 Vertriebsstellen durch Franchisenehmer betrieben.

(JCR)