Reiseanbieter

Das Management von DER Touristik Suisse war in corpore für diese Restart-Medienkonferenz bereit (v.l.): Annette Kreczy (CSO), André Plöger (CMO), Verda Birinci-Reed (COO), Dieter Zümpel (CEO) und Olivier Weiss (CFO). Bild: JCR

DER Touristik Suisse begrüsst zum «touristischen Restart»

Jean-Claude Raemy

Die vielerorts beschlossenen Reiseerleichterungen führen aktuell zu einem starken Nachholeffekt bei Ferienreisen. Das Markenhaus von DER Touristik Suisse zeigt sich demnach optimistisch, bereits in diesem Jahr wieder deutliche Umsatzzuwächse zu verzeichnen und schon 2022 in die Gewinnzone zurückzukehren. Neuen Reisetrends begegnet das Touristikunternehmen mit kundenzentrierten Angeboten - und schreibt Pauschalreisen künftig je nach Flexibilitätsbedarf mit zwei Preisen aus.

Nach Hotelplan Suisse und TUI Suisse hat mit DER Touristik Suisse nun auch der dritte Schweizer Grossveranstalter, im Rahmen einer Live-Pressekonferenz im Zürcher Lakeside, deutlich signalisiert, dass es mit dem Reisegeschäft endlich wieder aufwärts geht. CEO Dieter Zümpel empfing die Medienvertreter am ersten Live-Event seit Juni 2019 mit einem «Herzlich Willkommen zum touristischen Restart». Er und weitere Topmanager des Markenhauses - zu welchem etwa Kuoni, Helvetic Tours oder diverse Spezialisten gehören - verbreiteten an der Medienkonferenz im Zürcher Lakeside viel Optimismus, ohne jedoch zu unterlassen, auf die Schwierigkeiten der letzten Monate hinzuweisen.

Rund 180'000 Schweizerinnen und Schweizer konnten demnach in den vergangenen 15 Monaten eine bei Kuoni oder deren Schwestermarken gebuchte Reise aufgrund der Corona-Pandemie nicht antreten (total rund 75'000 Dossiers). Noch mehr Kunden verschoben ihre Ferienplanung von vornherein bis zur Entspannung der epidemiologischen Lage. Die Summe der Rückerstattungen für nicht mögliche Reisen betrug gut 75 Millionen Franken. Dazu mussten im Frühjahr 2020 annähernd 500 Kunden repatriiert werden.

Doch lange hielt man sich nicht mit einer Rückschau auf. Denn jetzt, wo sich diese Entspannung immer mehr abzeichnet, verzeichnet DER Touristik Suisse aber einen regelrechten Buchungsboom: Im Badeferiengeschäft gehen derzeit, also in den vergangenen zwei Wochen, fast doppelt so viele Buchungen ein, als es im Juni 2019 der Fall war. Dabei ist die Rede von Nettobuchungen (es gibt immer noch hin und wieder Umbuchungen/Annullierungen). Während sich die Nachfrage für die diesjährigen Sommerferien noch auf Ziele in Europa konzentriert, betreffen Vorreservationen für das kommenden Winterhalbjahr und das Jahr 2022 zunehmend weltweite Destinationen. Durch die hohe Nachfrage zeichnen sich aber auch schon wieder Kapazitäts-Engpässe ab. Das ist beispielsweise auf den Balearen, auf Santorini und Mykonos, auf Sylt oder in der Schweiz der Fall. Andere Mittelmeer- und Nahziele kennen diese Problem bis auf Weiteres nicht.

Der hohen Nachfrage nach Ferien begegnen die meisten schweizweiten Kuoni-Reisebüros übrigens mit einer Ausweitung der Öffnungszeiten an Nachmittagen (neu 13-17 Uhr) und Samstagen (10-13 Uhr). Zümpel weist darauf hin, dass die Reisebüros aber nie geschlossen waren. Auch die Service-Bereiche am Hauptsitz werden nun wieder sukzessive hochgefahren.

Bei den Spezialisten ist die Situation derweil sehr destinationsabhängig - also entsprechend der «Wiedereröffnungs-Lage» in diesen Zielen. Profitieren können hier insbesondere Railtour/Frantour und Kuoni Sports, bei Kontiki, Dorado Latin Tours und Private Safaris gibt es immerhin vereinzelte Lichtblicke, bei Asia365 und Manta ist die Lage noch schwierig. Im Bereich Geschäftsreisen erfolgt der Restart gar erst nach den Sommerferien. Und bei MICEexperts sind immerhin die Vorausbuchungen 2022 auf sehr hohem Niveau. Generell hofft Zümpel auf ein besonders starkes Herbst- und Wintergeschäft, zumal sich bis zu jenem Zeitpunkt die Lage weiter entspannen sollte.

Rückkehr in Gewinnzone für 2022 geplant

Der erfolgte Touristik-Restart wird DER Touristik Suisse aller Voraussicht nach bereits in diesem Jahr erlauben, ihren corona-bedingt tiefen Vorjahresumsatz um rund 80% zu übertreffen. Zümpel erklärt, dass Corona einen «Unterbruch im Comeback» ausmachte und die grösste Krise seit mindestens den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts darstellte. 2019 war man in die schwarzen Zahlen gekommen, erstmals nach dem grossen Umbruch ein paar Jahre zuvor, doch 2020 war «katastrophal» und auch 2021 werde man noch in der Verlustzone sein, so Zümpel. Und doch geht es bald aufwärts: Für das Jahr 2022 budgetiert das Unternehmen mit einem Umsatzkorridor von 80 bis 100% im Vergleich zum Jahr 2019, in welchem der konsolidierte, fakturierte Umsatz 644 Millionen Franken betrug. Nachdem das Unternehmen im selben Jahr wie erwähnt erstmals ein leicht positives EBITA verzeichnete und im Jahr 2020 aufgrund weltweiter Reiserestriktionen ein massiver Verlust zu Buche stand, sei die erneute Rückkehr in die Gewinnzone bereits im Jahr 2022 «realistisch».

Zümpel erklärt: «Unsere aktuelle Planung sieht vor, im Laufe des zweiten Halbjahres 2021 Massnahmen zur Krisenbewältigung wie die Kurzarbeit oder die Einschränkung von Öffnungszeiten abteilungsübergreifend auslaufen zu lassen. Nach 15 harten Monaten dürfen wir uns mehr und mehr wieder den Ferienträumen unseren Kundinnen und Kunden widmen – das ist eine grosse Erleichterung.» Begleitet wird dieser Restart auch durch eine grosse Marketingkampagne in Sozialen Medien, für welche ein eigener Werbespot aufgenommen wurde (siehe unten). Von Euphorie kann aber noch keine Rede sein - zu gross sind die Unsicherheit aktuell noch, etwa auch in Bezug auf die Verlässlichkeit der Flugpläne. Doch für Zümpel geht es darum, «jetzt einen Weg zu finden, Optimismus zu verbreiten und Teamspirit für den Restart zu schaffen, welcher mit sehr grossen Herausforderungen verbunden sein wird.»

Trotz der massiven Konsequenzen der Pandemie für die Touristik hält das Unternehmen an allen der über zehn Reisemarken fest und reduziert die Anzahl der schweizweiten Kuoni-Reisebüros unter dem Strich lediglich um zwei Standorte. Vier Reisebüros wurden geschlossen, es wurde aber auch ein neuer Standort in Bulle eröffnet und es folgt noch einer in der Ostschweiz (noch nicht kommunizierbar). Damit verbleiben aktuell 76 Reisebüros im Kuoni-Portfolio. Darüber hinaus wurde das Filialkonzept generell überarbeitet.

Um sich den verändernden Kundenbedürfnissen anzupassen – neben den vielfach noch nicht möglichen Fernreisen die grösste Herausforderung – hat DER Touristik Suisse ihr Produktportfolio in den vergangenen 15 Monaten sukzessive angepasst und in neue Sparten investiert. Mit dem Aufbau der Produktlinien «Kuoni Honeymoon» und «Private Collection by Kuoni» und dem Ausbau der Produktepalette an Aktivreisen sowie Camper-, Camping-, sowie Glamping-Ferien schafft das Unternehmen neue Angebote abseits des Volumentourismus. Wünschen nach «Workation» (eine Wortkombination von «Work» und «Vacation») kommen die Reisemarken mit DER-eigenen Unterkünften etwa auf Fuerteventura oder Madeira nach und erstellen massgeschneiderte Angebote bei entsprechenden Anfragen.

Und welches sind die Herausforderungen der neuen Reiserealität? Zümpel erwähnt hier den hohen Bedarf an Sicherheit und Flexibilität, an mehr kundenzentrierten Angeboten, an Reisen mit Fokus Nachhaltigkeit, sowie der Wunsch nach weniger volumengetriebenen Zielen. Wichtig sei aber auch, die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhalten. Unter Letzteres fallen etwa Themen wie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, die flexible Wahl des Arbeitsorts, oder, wie schon lange üblich, auch weiterhin Benefits in Form von grosszügigen Vergünstigungen privater Reisen. Wichtig: Zümpel unterstreicht, dass DER Touristik Suisse der grösste touristische Ausbildungsbetrieb der Schweizer Reisebranche bleiben will. Auch das ist ein positives Signal.  

Flexible Annullationsbedingungen und Modernisierung der Reisebüros

Ab dem vierten Quartal 2021 sollen Pauschalreisen der Marken Kuoni und Helvetic Tours zu zwei verschiedenen Preisen erhältlich sein – abhängig davon, welches Mass an Flexibilität sich Kundinnen und Kunden bis zur Abreise aufrecht erhalten wollen. Die technischen Voraussetzungen werden aktuell dafür erarbeitet, im Rahmen der Einführung eines neuen Buchungssystem auf gesamteuropäischer Gruppen-Ebene. Neu vermittelt DER Touristik Suisse zudem Reiseversicherungen, die etwaige Kosten bei Reiseabsagen oder Quarantäneaufenthalte infolge einer Corona-Infektion übernehmen. Und dem steigenden Bedürfnis nach nachhaltigen Reisen begegnen die Veranstalter markenübergreifend mit der Lancierung des nachhaltigen Eigenlabels «engage – people & planet». Unter diesem werden beispielsweise nachhaltige Tourismusprojekte in aufstrebenden Regionen umgesetzt und Kundinnen sowie Kunden zugänglich gemacht. Seit 2019 verfügen mit Kuoni und Helvetic Tours zudem erstmals klassische Schweizer Pauschalreise-Anbieter über das TourCert-Label der externen Prüfstelle für Nachhaltigkeit im Tourismus.

Mit der schweizweit erfolgten Lancierung der Videoberatung führen mehrere Marken von DER Touristik Suisse die Reiseberatung – bei gleichzeitigem Erhalt des stationären Vertriebes – in eine digitale Zukunft. Die immer grössere Anzahl der «Mobile Travel Consultants» von Kuoni trifft ihre Kundinnen und Kunden, wann und wo diese es wünschen. Schliesslich erfolgt eine Modernisierung und Digitalisierung der Reisebüros: In Winterthur testet Kuoni im Rahmen eines Pilotprojektes Stehpulte für kurze Kundengespräche, die Wandprojektion von Bildern und Filmen, Screens für die visuelle Beratung sowie grosse Tische, die Platz für Familien und weitere grössere Gruppen während der Beratung bieten.

Generell werden fünf Empfehlungen für sichere Reiseplanung von DER Touristik Suisse formuliert:

  1. Tagesaktuelle Informationen im Reisebüro einholen
  2. Angebote mit flexiblen Umbuchungs-/Stornobedingungen buchen
  3. Früh buchen, besonders in Zielen mit knappen Kapazitäten
  4. Veranstalterreise buchen statt Einzelleistungen buchen
  5. Unbedingt Reiseversicherung abschliessen